Compliance im Außenhandel
Exportkontrolle und Präferenzkalkulation: Rechtssicherheit im Außenhandel
Neuer Zollkodex macht außerdem die Nutzung des ATLAS-Einfuhr-Verfahrens für alle importierenden Unternehmen verbindlich
Von Regina Konrad (*)
(14.05.12) - Im Außenhandel spielen heute über die reine Einfuhr- und Ausfuhranmeldung hinaus zahlreiche steuerliche und rechtliche Aspekte eine Rolle. Sanktionsverordnungen und Präferenzkalkulation sind hierfür nur zwei Beispiele. Hinzu kommt, dass Einfuhren, Ausfuhren und alle weiteren zollrechtlich relevanten Vorgänge zukünftig ausschließlich elektronisch über das ATLAS-Verfahren abgewickelt werden sollen. Zoll und Außenhandel sind heute derart komplex, dass Unternehmen sie – ähnlich wie Steuerangelegenheiten – nur noch mit Hilfe erfahrener Experten und einer leistungsstarken Software effizient und konform mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen abwickeln können.
"ATLAS" ist ein elektronisches Verfahren, das die Zollabwicklung vereinfacht und beschleunigt, denn es macht papiergebundene Dokumente und das persönliche Erscheinen auf dem Zollamt überflüssig. Seit 1. Juli 2009 ist die Teilnahme am ATLAS-Ausfuhr-Verfahren in Deutschland bereits verpflichtend. Die bisher geltende 1.000-Euro-Untergrenze, ab der Waren über ATLAS-Ausfuhr beim Zoll angemeldet werden müssen, soll aufgehoben werden. So sieht es der neue Zollkodex vor, der voraussichtlich bis 2015 rechtsgültig wird. Ab diesem Zeitpunkt müssen ausnahmslos alle ausgeführten Waren über ATLAS-Ausfuhr angemeldet werden. Der neue Zollkodex macht außerdem die Nutzung des ATLAS-Einfuhr-Verfahrens für alle importierenden Unternehmen verbindlich.
Experten schätzen, dass bis dahin bundesweit noch mehrere zehntausend Unternehmen auf das elektronische Verfahren umstellen müssen. Die Wahl der Software, über die ein Unternehmen am ATLAS-Verfahren teilnimmt, ist diesem freigestellt. Einzige Voraussetzung: Die Software muss vom Zoll zertifiziert sein. Aktuell gibt es eine ganze Reihe von Anbietern, die ATLAS-Teilnehmer-Software mit unterschiedlichem Funktionsumfang und Nutzerkomfort zur Verfügung stellen. Dabei ist vor allem der Einsatz von webbasierten Lösungen mit gesicherten Datenleitungen eine attraktive Option. Der Anwender hat hier den Vorteil, dass das System vom Anbieter kontinuierlich aktuell gehalten wird – er sich also weder um die Installation neuer ATLAS-Releases noch um die Aktualisierung von Zolltarifen, Formularen o. Ä. kümmern muss.
Präferenzkalkulation
Ein umfassender und insbesondere für Industrieunternehmen wichtiger Themenkomplex im Bereich Außenhandel ist die Präferenzkalkulation. Sie ermöglicht es, ein Produkt zollfrei oder zollvergünstigt in das jeweilige Bestimmungsland auszuführen, sofern zwischen dem Ursprungs- und dem Bestimmungsland ein Präferenzabkommen besteht. Möchte ein Hersteller die Präferenzbehandlung nutzen, muss er für jede exportierte Ware eine lückenlose Präferenzkalkulation erstellen. Der damit verbundene Aufwand lohnt sich in vielen Fällen: Der Empfänger der Ware kann diese zu ermäßigten Zöllen oder gar zollfrei einführen, sofern bestimmte Ursprungskriterien und Schwellenwerte eingehalten werden. Im Wettbewerb mit Waren aus Nicht-EU-Ländern kann die Präferenzkalkulation für den Hersteller deshalb letztendlich den ausschlaggebenden Preisvorteil bedeuten, der zum Kauf seines Produkts führt. Dieses Potenzial sollte unbedingt ausgeschöpft werden.
Um zu ermitteln, ab welchem Ab-Werk-Preis eine Lieferung zollfrei oder zollbegünstigt durchgeführt werden kann, bietet sich der Einsatz einer Präferenzkalkulations-Software an. Mit einer solchen Software können Unternehmen bereits in der Konstruktionsphase oder bei der Stücklistenerstellung verschiedene Szenarien simulieren. Durch den Austausch von Material mit bzw. ohne Ursprungsnachweis in den Szenarien wird überprüft, unter welchen Voraussetzungen das fertige Produkt die Präferenzberechtigung erhält.
Ein weiterer Vorteil einer Präferenzkalkulations-Software: Sie garantiert, dass die Präferenz korrekt berechnet wird und dass für alle berücksichtigten Teile eine gültige Lieferantenerklärung vorliegt. Diese Dokumente sind immer nur befristet gültig – teilweise sogar nur für eine einzige Sendung – und müssen vom Exporteur bei Ablauf ggf. beim Lieferanten neu angefordert werden. Eine gute Software versendet die entsprechenden Anforderungsmails bei Bedarf vollautomatisiert. Auch die Präferenzkalkulation an sich läuft bei komfortablen Softwareprodukten größtenteils automatisiert ab: Die erforderlichen Daten wie z. B. Stücklisten, Materialstammsätze oder Preise übernimmt die Software über standardisierte Schnittstellen vollautomatisch aus dem Warenwirtschaftssystem.
Compliance herstellen: Exportkontrolle mit integrierter Sanktionsprüfung
Die Exportkontrolle stellt außenwirtschaftsrechtlich eine Pflicht für jedes exportierende Unternehmen dar und die Sanktionsprüfung nimmt dabei einen wesentlichen Teil ein. Bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen drohen empfindliche Strafen. Deshalb ist es ratsam, eine Lösung zur Durchführung der Sanktionsprüfung einzusetzen. Eine manuelle Überprüfung ist aufgrund der Vielzahl der Personen- und Firmennamen auf den Sanktionslisten nicht mehr praktikabel. Es finden sich hier derzeit rund 18.000 Einzelpersonen und Organisationen, zu denen Unternehmen weder in direkten noch indirekten Kontakt treten dürfen.
Die derzeit rechtsgültigen Sanktionslisten basieren auf den EU-Antiterror-Verordnungen (2580/2001 und 881/2002). Unabhängig vom EU-Recht haben die USA eigene Sanktionslisten, d. h. sobald ein Unternehmen in Kontakt mit den USA steht, müssen auch diese (SDN-Listen) geprüft werden. Des Weiteren sind im Rahmen der Exportkontrolle die Länderembargos zu beachten und zu prüfen. Die Anzahl der betroffenen Länder ist zwar überschaubar, jedoch sind Inhalt und Umfang der Embargos sehr unterschiedlich und können zahlreiche Verbote und Beschränkungen enthalten. Darüber hinaus sind die Güterlisten – derzeit die Ausfuhrliste Abschnitt A (Liste für Waffen, Munition und Rüstungsgüter) und Abschnitt C (Anhänge der Dual-Use-Güter-Verordnung) – zu berücksichtigen. Nur so kann sicher entschieden werden, ob die Ware genehmigungspflichtig ist oder nicht. Damit ist eine konsequente Kontrolle nur noch IT-gestützt möglich – auch weil Unternehmen die Prüfungen regelmäßig dokumentieren sollten.
Fazit
Wichtige Themenkomplexe in für den Außenhandel fertigenden Unternehmen – wie Präferenzkalkulation und Sanktionsprüfung – haben derart an Komplexität gewonnen, dass sie kaum noch ohne eine leistungsfähige, kontinuierlich aktualisierte Software abzuwickeln sind. Es handelt sich hier außerdem um Vorgänge, die fast alle Unternehmensbereiche berühren, von der IT über die Geschäftsführung und den Vertrieb bis hin zum Einkauf. Unternehmen, die in eine umfassende, komfortable Software investieren, profitieren hier jedoch nicht nur von einer hohen Rechtssicherheit. Die mit der Zollabwicklung beauftragten Mitarbeiter werden spürbar entlastet, da nicht wertschöpfende Tätigkeiten wie die Dokumentation aller Vorgänge, deren Archivierung, Prüfungen und Kalkulationen vom System vollautomatisch durchgeführt werden. Beim Einsatz einer Präferenzkalkulations-Software können die vom System errechneten günstigeren Zolltarife darüber hinaus einen echten Verkaufsvorteil im internationalen Wettbewerb bedeuten.
Die Autorin:
Regina Konrad, stellvertretende Geschäftsführerin der BEO-Consult GmbH, Tochterunternehmen der BEO GmbH mit Beratungsschwerpunkten in Außenhandel, Versand und Logistik
(Beo: ra)
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