Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesarbeitsgericht

Freistellung des Arbeitnehmers von Arbeitspflicht


Schenkungsanfechtung bei Entgeltzahlung an die freigestellte Ehefrau
Durch die Freistellung wurde der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert - Die Eheleute waren sich darüber einig, dass die Beklagte für das Arbeitsentgelt keine Gegenleistung erbringen musste

(25.02.16) - Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO geben dem Insolvenzverwalter eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Zahlungen des Schuldners rückgängig zu machen. Nach § 134 Abs. 1 InsO können unentgeltliche Leistungen des Schuldners, die in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden. Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Empfänger einer solchen Leistung nicht schutzwürdig ist. Unentgeltlich sind Zahlungen, denen nach der ihnen zugrundeliegenden Vereinbarung keine Gegenleistung gegenübersteht.

Zahlungen, die in einem Arbeitsverhältnis als Gegenleistung für die geleistete Arbeit erfolgen, sind demnach grundsätzlich entgeltlich. Dies gilt auch, soweit gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen den Grundsatz "kein Entgelt ohne Arbeit" durchbrechen und z.B. an Feiertagen, für die Zeit des Urlaubs, der Arbeitsunfähigkeit oder der Freistellung von der Arbeitspflicht wegen Arbeitsmangels eine Entgeltzahlungspflicht ohne Arbeitsleistung vorsehen. Mit derartigen Zahlungen erfüllt der Arbeitgeber gesetzliche oder tarifliche Verbindlichkeiten als Teil seiner Hauptleistungspflicht. Wird dagegen eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht vereinbart, obwohl Arbeit vorhanden ist, sind die auf dieser Vereinbarung beruhenden Entgeltzahlungen in der Regel unentgeltlich und nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar.

Die Beklagte war von September 2003 bis Oktober 2009 im Betrieb ihres Ehemanns angestellt. Nachdem sich die Eheleute getrennt hatten, wurde die Beklagte spätestens seit Anfang Januar 2005 von der Arbeitsleistung freigestellt. Sie erhielt fortan das vereinbarte Entgelt von 1.100,00 Euro brutto monatlich ohne Gegenleistung. Über das Vermögen des Ehemanns wurde auf Antrag vom 9. Oktober 2009 im Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter begehrt die Rückzahlung des zwischen Oktober 2005 und August 2009 gezahlten Nettoentgelts von 29.696,01 Euro.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Durch die Freistellung wurde der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert. Die Eheleute waren sich darüber einig, dass die Beklagte für das Arbeitsentgelt keine Gegenleistung erbringen musste. Die Zahlungen nach der Freistellung erfolgten deshalb unentgeltlich.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2015 - 6 AZR 186/14 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 8. Januar 2014 - 5 Sa 764/13 -
(Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 2015: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundesarbeitsgericht

  • "Abrufkraft Helferin Einlage"

    Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart.

  • Kündigungsschutz & Schwerbehinderung

    Ist eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG geplant und schließen der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist.

  • Berechtigte Vertraulichkeitserwartung?

    Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen eine dies zum Anlass nehmende außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen.

  • Offene Videoüberwachung - Verwertungsverbot

    In einem Kündigungsschutzprozess besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht.

  • Interessenkonflikte drohen

    Der Vorsitz im Betriebsrat steht einer Wahrnehmung der Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz typischerweise entgegen und berechtigt den Arbeitgeber in aller Regel, die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten nach Maßgabe des BDSG in der bis zum 24. Mai 2018 gültigen Fassung (aF) zu widerrufen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen