Umweltvereinigungen erhalten ein Klagerecht


Geteiltes Expertenecho über Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes
Expertenmeinung: Die vom Europäischen Gerichtshof auferlegten Hausaufgaben wurden gemacht wurden - Ansonsten sei der Gesetzentwurf aber übers Ziel hinausgeschossen


(07.11.12) - Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (17/10957) ist bei den geladenen Sachverständigen bei einer Anhörung des Umweltausschusses auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Gesetzentwurf setzt das so genannte Trianel-Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Mai 2011 um, in dem kritisiert worden war, dass das derzeitige Umweltrechtbehelfgesetz gegen eine Reihe von Vorgaben des Europarechts verstoße. Daneben werden mit dem Gesetzentwurf auch weitere umweltrechtliche Vorschriften geregelt, die von einigen Sachverständigen kritisiert wurden. Umstritten war dabei unter anderem die Frage, ob der § 4a, der Maßgaben zur Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung regelt, mit europäischem Recht vereinbar ist.

Rechtsanwalt Frank Fellenberg sieht die durch das Trianel-Urteil beanstandeten Defizite für behoben an, da der Regierungsentwurf - wie gefordert - Umweltvereinigungen ein Klagerecht einräumt, das sich auf das gesamte Umweltrecht bezieht. Auch die flankierenden Maßnahmen zur Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung sind seiner Meinung nach weder verfassungs- noch europarechtswidrig. Es sei richtig, "dass man die Reichweite der Klagerechte richtig justiert habe", sagte er.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) begrüßte die Gesetzesinitiative. Man müsse einen Rahmen setzen, der eine rechtssichere Investitionsplanung ermögliche, sagte der Vertreter des Verbandes, Rechtsanwalt Andreas Gentzsch. Er äußerte auch keine Bedenken hinsichtlich der Frage, ob der §4a europarechtskonform sei: "Wir brauchen die einschränkenden Regelungen des §4a, das erweiterte Klagerechte in Bahnen lenkt", sagte er.

Zu einem ähnlichen Fazit kam auch die Sachverständige Rechtsanwältin Professor Andrea Versteyl. Auch sie erklärte, dass der Gesetzentwurf den Verpflichtungen des Trianel-Urteils "im notwendigen Umfang" nachkomme. Auch die verfahrensrechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit der gerichtlichen Kontrolle, erklärte Rechtsanwältin Versteyl seien – unabhängig von der Erweiterung der Klagerechte – sinnvoll und notwendig und europarechtlich nicht zu beanstanden.

Professor Sabine Schlacke von der Universität Bremen sagte, dass "die vom Europäischen Gerichtshof auferlegten Hausaufgaben gemacht wurden". Ansonsten sei der Gesetzentwurf aber "übers Ziel hinausgeschossen", erklärte sie. Zur Begründung sagte Schlacke, dass neue Hürden für Verbandsklagen aufgebaut worden seien und der neue §4a eine Verschärfung prozessualer Verfahren darstelle und daher gestrichen werden müsse.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) sieht in dem Gesetzentwurf ein Ungleichgewicht zwischen "Umweltnutzern und Umweltverteidigern". "Diejenigen, die die Umwelt schützen, sind hier im Nachteil", betonte Peter Rottner. Eine Moderne Demokratie benötige Partizipation und eine solche Partizipation bedeute ein gerechtes Verfahren, erklärte Rottner. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch, dass der Zugang zu Verfahren dadurch erschwert werde und dass entsprechende Informationen über die Verfahren und die Genehmigungsverfahren fehlten. "Das ist eine wesentliche Behinderung unserer Arbeit", sagte er.

Rechtsanwalt Peter Kremer kritisierte ebenfalls, dass die Umsetzung der Aarhus-Konvention, die den Zugang der Öffentlichkeit zu Gerichten und bei Entscheidungen in Umweltangelegenheiten regelt, durch den Gesetzentwurf nicht umgesetzt sei. "Der Gesetzentwurf führt dazu, dass Unklarheiten in Hauptverfahren bestehen bleiben", bemängelte er. Gleichzeitig widersprach er dem Vorwurf, dass Verbände Umweltverfahren strategisch nutzten würden. (Deutscher Bundestag: ra)


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