Banken-Stabilisierung & Eigenkapitalvorschriften


Finanzmarkt-Compliance: Banken protestieren gegen schärfere Kreditmeldepflichten
Die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken sehen unter anderem vor, dass das "harte Kernkapital" der Finanzinstitute um das Dreieinhalbfache erhöht wird

(17.12.12) - Wissenschaftler haben die bisherigen Versuche der Banken-Stabilisierung durch schärfere Eigenkapitalvorschriften, wie sie zum Beispiel vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht im Dezember 2010 vorgeschlagen worden waren ("Basel III"), als in die falsche Richtung gehend kritisiert. Man müsse mehr an die Kosten der Steuerzahler und weniger an die Kosten der Banken denken, verlangte Professor Martin Hellwig vom Beratenden Wissenschaftlichen Ausschuss des "European Systemic Risk Board" in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Die vom Staat gerettete "Hypo Real Estate" (HRE) hätte wegen ihrer Griechenland-Papiere in die Insolvenz gehen können. Die vorgeschriebene Risikogewichtung dieser Griechenland-Papiere habe jedoch null betragen. Angesichts der wachsenden Kosten, die der deutsche Steuerzahler für die Banken aufzubringen habe, müsse geprüft werden, was gebraucht werde, um das System sicherer zu machen.

Den Aspekt der Sicherheit sprach auch Professor Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung an, der von einer "Illusion der Sicherheit" sprach. Er befürwortete einfache Regeln, mit denen Sicherheit in einer unsicheren Welt geschaffen werden könne.
Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und deren Beaufsichtigung sowie die EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute (17/10974). Die darin enthaltenen neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken sehen unter anderem vor, dass das "harte Kernkapital" der Finanzinstitute um das Dreieinhalbfache erhöht wird. Außerdem sollen Banken in wirtschaftlich besseren Zeiten verpflichtet werden können, zusätzliches Kapital aufzubauen, um für Konjunkturschwankungen besser vorzubeugen. Der gesamte Prozess wird als "CRD IV" bezeichnet.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wies vor dem Hintergrund der Krise auf die "stabilisierende Wirkung" der Sparkassen für die Volkswirtschaft hin. Die geplanten europäischen Standards der Bankenaufsicht seien jedoch für regional ausgerichtete Institute wie die Sparkassen nicht angemessen. Auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband argumentierte, die Krise sei nicht bei den Sparkassen entstanden. Dennoch werde in der EU alles "über einen Kamm geschoren". Ähnlich äußerte sich der Vertreter des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken.

Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, verlangte in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf zudem Änderungen an Detailvorschriften. So sei die Absenkung von Meldegrenzen für sogenannte Millionenkredite nicht hinnehmbar. Da eine Änderung des Millionenkredit-Meldewesens zum 1. Januar weder zwingend sei noch durch europäische oder andere Regelungen vorgeschrieben werde, sollte im Hinblick auf andere Belastungen der Institute der erste Meldetermin nicht vor dem 31. März 2014 liegen.

Auch die Gruppe Deutsche Börse sah "erhebliche Ermittlungsaufwände bei geringem Erkenntniswert". Der Sparkassenverband argumentierte, dem aus der Absenkung der Betragsgrenze entstehenden erheblichen Mehrwert stehe kein erkennbarer Nutzen gegenüber.

Dagegen begrüßte Sabine Lautenschläger, die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, die Meldepflichten, "da die erweiterte und aussagekräftige Datenbasis, der Aufsicht insbesondere die dringend benötigten eingehenderen Analysen der Kreditportfolios der meldepflichtigen Institute als Kreditgeber ermöglicht". Auch begrüßte Lautenschläger die im Gesetzentwurf vorgesehene Anforderung an die Bildung von Kapitalpuffern. Sie würden gewährleisten, "dass Institute über das vorhandene Mindesteigenkapital hinaus über einen Puffer verfügen, der in schwierigen Zeiten möglicherweise auftretende Verluste auffangen kann". Dagegen warnte die Aareal Bank in ihrer Stellungnahme vor zu hohen Liquiditätsanforderungen: "Die geforderte Liquidität ist europaweit kaum zu beschaffen und stellt bei der restriktiven Anerkennung in Verbindung mit dem derzeitigen Zinsniveau eine enorme Belastung dar."

Die dem Sachverständigenrat angehörende Professorin Claudia Buch (Tübingen) nannte in ihrer Stellungnahme verschärfte Eigenkapitalanforderungen ein geeignetes Mittel, um systemische Risiken zu reduzieren: "Je höher das Eigenkapital ist, das die Banken insgesamt in ihren Bilanzen halten, desto geringer sind die negativen Auswirkungen, die von systemweiten Ansteckungseffekten ausgelöst werden." Die geplanten Maßnahmen seien aber nicht weitgehend genug, Insbesondere müsse es Einschränkungen bei den bisher von verschiedenen Regelungen begünstigten Investitionen von Banken in Staatsanleihen geben: "Um eine größere Stabilität des Bankensystems zu erreichen, ist es allerdings erforderlich, die enge Verbindung zwischen Banken und Staaten zu lockern."

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen bei den Transparenzregelungen im Bereich der Pfandbriefe, deren Emittenten in Zukunft mehr Informationen veröffentlichen müssen. Es sollten noch mehr Informationen gegeben werden, verlangte der Verband, der darauf hinwies, dass knapp ein Viertel der Geldanlagen der Erstversicherer in Höhe von insgesamt 1,1 Billionen Euro in Pfandbriefen angelegt sei. (deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen