Vorratsdatenspeicherung: Kritik an EU-Richtlinie


Bekämpfung von Kriminalität: Vorratsdatenspeicherung nicht compliant mit den Grundrechten
BMJ-Staatssekretär Max Stadler: Vorratsdatenspeicherung ist grundrechtswidrig


(25.10.12) - Im Bundesjustizministerium (BMJ) hält man die Vorratsdatenspeicherung für grundrechtswidrig. Das bestätigte der Parlamentarische Staatssekretär Max Stadler (FDP) während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses. "Genauso wie die Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bin auch ich persönlich der Meinung, dass eine Vorratsdatenspeicherung grundrechtswidrig ist", sagte Stadler und wies daraufhin, dass das BMJ ein "grundrechtsschonenderes Verfahren" vorgeschlagen habe. Stadler räumte zugleich ein, dass der Abstimmungsprozess innerhalb der Bundesregierung in dieser Frage nicht abgeschlossen sei. Solange dies nicht der Fall ist, werde es auch keine Gesetzesvorlage geben, machte der Staatssekretär vor dem Ausschuss deutlich.

Anlass der Diskussion war eine öffentliche Petition des Petenten Kai-Uwe Steffens aus Winsen in Niedersachsen aus dem Jahr 2011, die insgesamt 65.656 Unterstützer gefunden hatte und damit die am stärksten mitgezeichnete Eingabe im vergangenen Jahr war. In seiner Eingabe hatte sich der Petent gegen die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und zugleich die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine Aufhebung der entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Vor den Abgeordneten sagte Steffens, man sollte bei dem Gesetzgebungsverfahren innehalten bis eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vorliegt, ob die Vorratsdatenspeicherung mit den europäischen Grundrechten vereinbar sei. Sollte es eine Bestätigung der Richtlinie geben, so der Petent weiter, sollte Deutschland mit Verweis auf seine nationalen Besonderheiten eine Umsetzung ablehnen. Zur Begründung verwies er darauf, dass es sich um einen, wie vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, erheblichen Eingriff in die Grundrechte handle. Zudem sei der Nutzwert der Speicherung bei der Bekämpfung der Kriminalität nicht nachgewiesen. Dazu bedürfe es einer vollständigen Speicherung aller Daten auf Dauer. "Diesen Endausbau will aber hoffentlich niemand", sagte Steffens und kam zu dem Fazit: "Der Weg der Vorratsdatenspeicherung führt in eine Sackgasse."

Auch Max Stadler verwies auf Studien, wonach ohne Vorratsdatenspeicherung "keine Schutzlücken erkennbar sind". Gleichzeitig räumte er ein, dass das Datenmaterial für die Studien schmal gewesen sei. "In Einzelfällen", so Stadler, sei die Vorratsdatenspeicherung bei der Aufklärung nützlich gewesen. Es sei aber fraglich, ob dies eine Rechtfertigung für den erheblichen Eingriff in die Grundrechte sei.

Aus Sicht des Bundesinnenministeriums (BMI) handelt es sich keineswegs nur um Einzelfälle, wie ein BMI-Vertreter betonte. Es gebe eine ganze Reihe von Belegen im Bereich der Internetkriminalität und der Kinderpornografie, wo die Ermittlungen ins Leere gingen, weil die Provider die Internetadressen nicht mehr speichern würden. Das Bundeskriminalamt habe zudem "sehr eindrucksvoll ausgeführt", welche weiteren Ermittlungsansätze im NSU-Komplex bestanden hätten, würden die Verbindungsdaten aus der Zeit vor dem Bekanntwerden des NSU-Vorgangs noch zur Verfügung stehen, sagte der Ministeriumsvertreter. Was die Vorgänge innerhalb der Bundesregierung angeht, so bestätigte er die Sicht Stadlers. Es gebe unterschiedliche Ansichten, also werde "weiter diskutiert". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen