Immobilienkredite und Weiterverkauf


Weiterverkauf von Forderungen aus Immobilienkrediten durch die Banken: Fallstricke des deutschen Vertragsrechts traten deutlich zu Tage
Experten sind für mehr Transparenz bei der Übertragung von Kreditforderungen - Die Weitergabe von Daten des Kreditnehmers ohne dessen Zustimmung sei ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis


(21.09.07) - Der Weiterverkauf von Forderungen aus Immobilienkrediten durch die Banken hat in der Vergangenheit zu Fällen geführt, in denen die Käufer das Ziel verfolgten, die Forderungen unmittelbar zu verwerten. Dies hatte gerade für private Häuslebauer häufig die Zwangsvollstreckung und den Verlust des Wohneigentums zur Folge. Zu diesem Problemkreis befragte der Finanzausschuss am 19. September 2007 Sachverständige in einer nicht öffentlichen Anhörung, bei der die Fallstricke des deutschen Vertragsrechts deutlich zu Tage traten.

Für den Zentralen Kreditausschuss der deutschen Banken sagte Karl-Peter Schackmann-Fallis, ein außerordentliches Kündigungsrecht des Kreditnehmers im Falle einer Kreditabtretung würde den Handel mit Kreditforderungen unattraktiv machen. Er sprach sich auch dagegen aus, eine "Zwangsverpflichtung zu einem Sanierungsversuch" bei notleidenden Krediten einzuführen. Auch halten die Banken eine Verpflichtung, die Übertragung des Kredites dem Kunden anzeigen zu müssen, nicht für erforderlich, wenn der Kunde weiterhin von der übertragenden Bank betreut wird, das "Servicing" also dort verbleibt. Anders sei es, wenn mit der Forderung auch das "Servicing" auf den Erwerber übergeht. In diesem Fall wäre es sachgerecht, so Schackmann-Fallis, den Kreditnehmer darüber zu informieren, wer der Käufer der Forderung ist.

Dagegen nannte es Reinhard Kudiß vom Bundesverband der Deutschen Industrie unabdingbar, dass der Kreditnehmer rechtzeitig vor einem Verkauf der Kreditforderung seine Zustimmung geben sollte. "Der Kreditnehmer sollte erfahren, was mit seinem Kredit passiert", sagte Kudiß.

Alexander Dibelius von der Investmentbank Goldman, Sachs & Co. sieht in der Abtretung von Forderungen eine Chance für die Banken, ihr Geschäft weiterzuentwickeln. Da die Kredite mit Eigenkapital unterlegt werden müssten, stehe dieses Kapital für andere Geschäftsaktivitäten nicht zur Verfügung. Bei ordentlich bedienten Krediten sei nach dem Kreditwesengesetz sei eine Übertragung ohnehin nur an Gesellschaften zulässig, die eine Banklizenz haben.

Professor Udo Reifner vom Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen plädierte dafür, dass das "Servicing" bei der ursprünglichen Bank verbleibt. Die Bank sollte sich bemühen müssen, eine Kündigung zu verhindern.

Rechtsanwalt Ingo Schulz-Hennig aus München widersprach der Darstellung von Karsten von Köller vom Lone Star Funds, einem US-Finanzinvestor, der vor allem als Aufkäufer von Immobilienkrediten in Erscheinung getreten ist. Von Köller sagte, die Lone-Star-Mitarbeiter bemühten sich um die erworbenen Kredite und wollten nicht mit unlauteren Mitteln Geld eintreiben.

Die Schuldner würden sofort informiert, und es werde das Gespräch zur "Lösung ihres Problems" gesucht. Nicht notleidende Kredite könnten gar nicht gekündigt werden. Dem hielt Schulz-Hennig entgegen, für den Käufer gehe es darum, den Fall abzuwickeln. Der Kreditnehmer könne nur einer Verwertung seiner Immobilie zustimmen oder die sofortige Zwangsvollstreckung riskieren. Das sei nicht hinnehmbar.

Der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Gerd Nobbe sagte, notleidende Kredite, die fristlos gekündigt worden sind oder fristlos gekündigt werden könnten, befänden sich im Abwicklungsstadium. Der Schuldner habe das Recht zu erfahren, was er noch zu zahlen habe. Die Weitergabe von Daten des Kreditnehmers ohne dessen Zustimmung sei ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis, es sei denn, der Kredit ist notleidend. In diesem Fall könne die Bank vom Kreditnehmer verlangen, von der Verschwiegenheitspflicht befreit zu werden.

Sie sei dann auch berechtigt, die Forderung an ein seriöses Inkassounternehmen abzutreten oder zu verkaufen. Nobbe regte an, den Schutz der vertragstreuen Kreditnehmer dadurch zu verbessern, dass die Bank oder Sparkasse verpflichtet wird, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und den Kreditnehmer zu informieren, wenn sie eine Übertragung der Kreditforderung plant. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen