Mehr Tempo beim Netzausbau begrüßt


Modernisierung des Telekommunikationsrechts: Intensivierung des ohnehin schon hohen Regulierungsniveaus aus
Einige der datenschutzrechtlich zu kritisierenden Neuregelungen wurden wieder gestrichen



Die von der Bundesregierung beabsichtigte Beschleunigung des Telekommunikations-Netzausbaus ist ungeachtet zahlreicher kritischer Anmerkungen von Experten prinzipiell begrüßt worden. Das zeigte sich schon im ersten Teil einer auf zwei Mal zwei Stunden angesetzten Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter Leitung von Klaus Ernst (Die Linke). Es ging um den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (Telekommunikationsmodernisierungsgesetz - TKG, 19/26108, 19/26964) zusammen mit einem Antrag der FDP-Fraktion (19/26117) und drei Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/26531, 19/26532, 19/26533). Mit der TKG-Novelle soll insbesondere die EU-Richtlinie 2018 / 1972 vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation in nationales Recht umgesetzt werden.

Jürgen Grützner (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten) sah in der vorgeschlagenen Novellierung die absehbar letzte Chance, einen Regulierungsrahmen zu schaffen, der Anreize für Investitionen in Glasfasernetze setze. Er beklagte, dass es zu deutlich mehr Bürokratie kommen werde. Die Branche sei an der Kapazitätsgrenze: "Man kann Bagger nicht durch Gesetze ersetzen." Es sei ein Konzept erforderlich, das den Übergang von der Kupfer- in die Glasfaserwelt beinhalte und der Bundesnetzagentur einen Rahmen anbiete, der höchstmögliche Investitionen in Gigabitnetze sicherstelle. Sollte das abgeschriebene Kupfernetz der Telekom weiter "vergoldet" werden, wie er sich ausdrückte, würden dem Markt die Investitionsmittel entzogen, die für einen flächendeckenden Ausbau mit hochleistungsfähigen Netzen erforderlich seien. Auch die Telekom gehe nicht davon aus, dass sie den Glasfasernetzausbau allein stemmen könne.

Wolfgang Kopf (Deutsche Telekom) bescheinigte dem Regierungsentwurf zwar gute Ansätze. Aber es würden längst nicht alle Chancen ergriffen, Investitionen in Glasfaser und 5G konsequent zu fördern. Statt Investitionen zu erleichtern und zu schützen, seien zusätzliche Eigentumseingriffe sowie neue Ausbauhürden vorgesehen. Insgesamt sei zu befürchten, dass es zu mehr statt weniger Regulierungen komme. Und die Vorschriften, die Erleichterungen bringen sollten, reichten bei weitem nicht aus.

Torsten J. Gerpott (Universität Duisburg-Essen) sah keine Notwendigkeit, die vorgesehenen Regelungen für die Aufrüstung auf Glasfaserfähigkeit innerhalb von Bestandsgebäuden zu ändern. Die Kosten könnten ohnehin als Modernisierungsumlage bei der Miete geltend gemacht werden. Der Wettbewerb im Bereich Glasfasernetze finde außerhalb des Anschlusspunktes im Keller statt.

Christoph Heil (ver.di) machte im Entwurf eine Intensivierung des ohnehin schon hohen Regulierungsniveaus aus. Insbesondere den Netzbetreibern würden weitere aufwendige Pflichten auferlegt, ohne die Mehrbelastung an anderen Stellen, zum Beispiel durch weitere Investitionsanreize, zu kompensieren. Ebenfalls nicht erkennbar sei die Ausrichtung auf gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Er kritisierte eine Gleichbehandlung von Unternehmen, die auch für Firmen gelte, die Gesetze zu Mitbestimmung oder Betriebsverfassung missachteten oder verletzten.

Thomas Fetzer (Universität Mannheim) befand, der Gesetzentwurf nutze bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht gerade in umstrittenen Bereichen wie dem Recht auf schnelles Internet und der Frequenzordnung unionsrechtlich vorgesehene Umsetzungsspielräume Pläne sehr weitgehend. Er versicherte, verfassungsrechtliche Bedenken bestünden grundsätzlich nicht.

Justus Haucap (Universität Düsseldorf) versprach sich von der Umlagefähigkeit bei Nebenkosten Investitionsanreize. Es sei deutlich einfacher, wenn der Zuschlag für ein ganzes Objekt erfolge. Sammelbestellungen böten große Vorteile. Er könne verstehen, dass die Mobilfunkbetreiber die Frequenzen gerne geschenkt bekommen würden. Doch solle auf jeden Fall an Versteigerungen festgehalten werden. Es sei nicht einzusehen, warum der Steuerzahler auf diese Gelder verzichten solle.

Peer Heinlein (Heinlein Support) erklärte, schon die bisherigen Regelungen zu Überwachungs- und Auskunftsverfahren seien ein erheblicher wirtschaftlicher wie auch politischer Nachteil und unterliefen das Ziel der digitalen Souveränität. Die Vorgaben sollten gelockert werden statt neue aufzuerlegen.

Lina Ehrig (Verbraucherzentrale Bundesverband) begrüßte den Gesetzentwurf, sah aber in einzelnen Punkten noch Verbesserungsbedarf. So müssten Versorgungsausfälle des Telefon- und Internetanschlusses innerhalb eines Kalendertages behoben werden. Sonst seien die Verbraucher zu entschädigen. Telekommunikationsverträge sollten nach Ablauf von sechs Monaten nach Vertragsabschluss erstmals unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündbar sein, forderte sie.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber erkannte an, dass im Laufe des Abstimmungsprozesses innerhalb der Regierung einige der datenschutzrechtlich zu kritisierenden Neuregelungen wieder gestrichen worden seien. Der finale Gesetzentwurf begegne dennoch einigen datenschutzrechtlichen Bedenken. So seien die Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung nicht nennenswert geändert worden. Sie sollten aber vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs neu gefasst werden, verlangte er.

Der Vizepräsident der Bundesnetzagentur, Wilhelm Eschweiler, strich heraus, dass im Kundenschutzteil des Gesetzentwurfs erhebliche Neuerungen geplant seien, etwa bei der Höchstlaufzeit von Verträgen. Die Umsetzung werde für die künftige Arbeit der Bundesnetzagentur einen hohen Stellenwert besitzen. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 09.03.21
Newsletterlauf: 21.04.21


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