Warnung vor Überforderung von Firmen


EU-Verordnungen bringen einen Zuwachs an Dokumentations-, Melde- und Anzeigepflichten
Mit einer Novelle sollen zugleich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf Grundlage eigener Risikobewertung ermächtigt werden




Gesundheits- und Wirtschaftsexperten sind mit der geplanten Anpassung des Medizinprodukterechts an EU-Vorgaben im Grundsatz einverstanden, warnen jedoch vor ausufernder Bürokratie und einer Überforderung hiesiger Firmen. Die Sachverständigen äußerten sich in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags sowie in schriftlichen Stellungnahmen. Das sogenannte Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (19/15620) dient der technischen Anpassung an EU-Verordnungen. Ziel der Reform ist nach Angaben der Bundesregierung die Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarktes für Medizinprodukte sowie hohe Standards für die Qualität und Sicherheit von Medizinprodukten.

Mit der Novelle sollen zugleich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf Grundlage eigener Risikobewertung ermächtigt werden. Die Institute können alle erforderlichen Initiativen ergreifen, um Risiken, die durch ein Medizinprodukt entstehen könnten, auszuschließen. Sie können ein Produkt auf dem deutschen Markt untersagen, das Produkt zurückrufen oder vom Markt nehmen. Bislang fällt das in die Verantwortung der Länderbehörden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte, die EU-Verordnungen brächten einen Zuwachs an Dokumentations-, Melde- und Anzeigepflichten. Die Umsetzung in nationales Recht sollte so gestaltet werden, dass die zusätzlichen Bürokratielasten, aber auch zusätzliche ärztliche Haftungsrisiken im Umgang mit Medizinprodukten begrenzt blieben.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) äußerte sich besorgt darüber, dass die Kapazitäten der Benannten Stellen zur Zulassung von Medizinprodukten den Erfordernissen der erweiterten Prüfungen nach dem Inkrafttreten der EU-Medizinprodukteverordnung nicht entsprechen könnten.

Sehr positiv ist nach Einschätzung des AOK-Bundesverbandes die neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Kompetenz des BfArM werde deutlich erweitert.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) warnten vor einer möglichen Überforderung der Firmen in dieser Branche. Der ZDH forderte eine mittelstandsfreundliche Umsetzung des Medizinprodukterechts angesichts möglicher Herausforderungen wie Mehrkosten, Personalaufwand oder Schulungsbedarf.

Der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jörg Heynemann erwähnte in der Anhörung die vielen Haftungsfälle, die auf fehlerhafte Medizinprodukte zurückzuführen seien. An der kritischen Lage habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Als Grund führte er gravierende Mängel bei der Zulassung und Überwachung von Medizinprodukten an. Zudem gebe es Lücken bei der Meldepflicht. Es bleibe abzuwarten, ob sich die Lage mit der Gesetzesreform bessere. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 19.02.20
Newsletterlauf: 06.04.20


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