BGH: Postulat der neutralen Beratung
Schwere Zeiten für Kreditinstitute: Bundesgerichtshof präzisiert seine Ansicht zu Kick-back-Zahlungen - Ungefragte Offenlegung der Höhe der Rückverfügung sei erforderlich
BGH nimmt Kreditwirtschaft in die Pflicht, auf Interessenkonflikte hinzuweisen, wenn als "Belohnung" für den herbeigeführten Anlageentschluss umsatzabhängige Provisionen fließen und unterstreiche das Postulat der Neutralität der Beratung
(25.03.11) - Die Kanzlei Jens Graf Rechtsanwälte wirkt nach eigenen Angaben erneut an einem vor einem erfolgreichen Abschluss stehenden Prozess gegen ein deutsches Bankinstitut mit. Mit Beschluss vom 09.03.2011 habe der für die Bankrechtsprechung zuständige XI. Zivilsenat die einstimmige Zurückweisung einer Revision der betreffenden Bank u. a. wegen Aussichtslosigkeit in Aussicht gestellt und dabei die Gelegenheit genutzt, wichtige Klarstellungen seiner Rückvergütungsrechtsprechung vorzunehmen.
Die Entscheidung habe über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne einer weiteren, ganz erheblichen Stärkung der Position geschädigter Kapitalanleger, die auf den Rat von Kreditinstituten hin Fondsanlagen, wie insbesondere geschlossene Fonds, getätigt haben.
Der BGH unterstreiche laut Darstellung von Graf Rechtsanwälte, dass eine Bank in Konstellationen, wie der Beteiligung an Fondsanlagen, regelmäßig als Anlageberaterin auftrete. Der BGH nehme die Gelegenheit wahr, von einigen Instanzgerichten und Teilen der Literatur als missverständlich angesehene frühere Ausführungen zum Thema Rückvergütungen klarzustellen.
So habe der XI. Zivilsenat die Definition dieses Begriffs ausdrücklich auf umsatzabhängige Provisionen jeder Art erweitert, die aus offen ausgewiesenen Provisionen, wie Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen, gezahlt werden.
Erneut hebe der BGH zur Begründung des Pflichtvorwurfs gegen die Kreditwirtschaft darauf ab, dass die nicht ausreichende Aufklärung über umsatzabhängige Zuwendungen zu Fehlvorstellungen des Anlegers über das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage führe.
Deutlich mache der Bundesgerichtshof weiter, dass die sich aus der Thematik ergebenden Pflichten von Banken und Sparkassen sich nicht darin erschöpften, den Anleger damit zu konfrontieren, dass die Bank Rückvergütungen erhalte, sondern zusätzlich die ungefragte Offenlegung der Höhe erforderlich sei. Ausdrücklich halte der BGH fest an der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens und postuliere eine Beweislastumkehr zu Lasten der Kreditinstitute. Sie müssten danach konkrete Umstände des Einzelfalls vortragen, die zu dem ausnahmsweisen Schluss führen könnten, der ausreichend aufgeklärte Anleger habe trotz der Rückvergütungen die Beteiligung zeichnen wollen.
Der Bundesgerichtshof mache laut Graf u. a. deutlich, dass eine formale Betrachtung seiner bisherigen Rechtsprechung nicht seine Billigung finden werde und erinnere an die eigentliche Grundlage der Kick-back-Rechtsprechung. Er sehe die Kreditwirtschaft ohne wenn und aber als verpflichtet an, auf Interessenkonflikte hinzuweisen, wenn als "Belohnung" für den herbeigeführten Anlageentschluss umsatzabhängige Provisionen fließen und unterstreiche das Postulat der Neutralität der Beratung.
Seine Rechtsprechung ist über den entschiedenen Fall hinaus für alle VIP Prozesse von erheblicher Bedeutung. Sie wird, wenn u. a. die Commerzbank sich einsichtig zeigt, dazu führen, dass alle Anleger, die einen noch nicht beendeten Rechtsstreit führen, angemessene Schadensersatzleistungen erhalten haben werden, weit bevor die mit großem medialen Rummel propagierten "Generalvergleiche" zu Zahlungen führen können.
Der Beschluss ist laut Graf Rechtsanwälte ein deutliches Signal für alle anderen Anleger, die nach einer Beratung durch ein Kreditinstitut finanzielle Verluste insbesondere bei Fondsanlagen, aber auch Zertifikaten und ähnlichen "Produkten", erlitten hätten. Sie sollten sich nicht länger mit Vertröstungen und leeren Versprechungen abspeisen lassen, sondern sobald wie möglich die Hilfe eines mit der Thematik tatsächlich vertrauten Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Für Schäden u. a. aus Fehlberatungen, die im Jahre 2001 oder früher erfolgten, droht laut Graf mit Ablauf des 31.12.2011 die absolute Verjährung. Wenn es nicht zu einem einschneidenden Umschwung im Bewusstsein geschädigter Anleger komme, gängen Vermögenswerte in Milliardenhöhe für alle Zeiten verloren. (Jens Graf Rechtsanwälte: ra)
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