Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Konkurrierende Generikahersteller


Kartellrecht: Europäische Kommission teilt Servier und anderen Unternehmen die Beschwerdepunkte wegen Behinderung des Markteintritts von generischen Herz-Kreislaufmedikamenten mit
In ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte vertritt die Kommission vorläufig den Standpunkt, dass Servier die wenigen alternativen Technologien zur Herstellung von Perindopril erworben hat, um den Markteintritt von Generika zu erschweren oder zu verzögern


(10.08.12) - Die Europäische Kommission hat dem französischen Pharmaunternehmen Servier sowie mit ihm im Wettbewerb stehenden Generikaherstellern ihre Beschwerdepunkte in Bezug auf Praktiken mitgeteilt, die den Markteintritt von Generika für das Herz-Kreislauf-Medikament Perindopril verzögern könnten. Derzeit geht die Kommission davon aus, dass die Vereinbarungen zur Streitbeilegung in Patentfragen, die Servier mit den Unternehmen Niche/Unichem, Matrix (jetzt Mylan Laboratories Limited), Teva, Krka und Lupin geschlossen hat, sowie der Erwerb von alternativen Schlüsseltechnologien durch Servier Bestandteile einer umfassenden Strategie sind, die auf die Verzögerung oder Verhinderung des Markteintritts billiger Generika für Perindopril abzielt und damit gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt. Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem endgültigen Ergebnis der Ermittlungen nicht vor.

Servier hat offenbar eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Perindopril. In ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte vertritt die Kommission vorläufig den Standpunkt, dass Servier die wenigen alternativen Technologien zur Herstellung von Perindopril erworben hat, um den Markteintritt von Generika zu erschweren oder zu verzögern. Die Kommission vertritt zum gegenwärtigen Standpunkt die Auffassung, dass Servier die Marktexklusivität seines Produkts in unzulässiger Weise schützte, indem es konkurrierende Generikahersteller zum Abschluss von Vereinbarungen zur Patentstreitbeilegung veranlasste, um den Wettbewerb einzuschränken. Diese Praktiken könnten zum Ziel gehabt haben, die Marktstellung von Servier über den bevorstehenden Patentablauf von Perindopril hinaus, der grundsätzlich den Weg für den Markteintritt von Generika geebnet hätte, zu schützen.

Sollten sich die Vermutungen der Kommission bestätigen, liegt ein Verstoß gegen die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor, denen zufolge wettbewerbsbeschränkende Absprachen bzw. der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten sind.

Diese Mitteilung der Beschwerdepunkte ist an folgende Unternehmen gerichtet: Servier SAS, Les Laboratoires Servier, Servier Laboratories Limited, Adir, Biogaran (alle diese Unternehmen gehören dem Servier-Konzern an), Teva Pharmaceuticals Industries Limited, Teva Pharmaceuticals Europe BV und Teva UK Limited (diese Unternehmen gehören dem Teva-Konzern an), Unichem Laboratories Limited und seine Tochtergesellschaft, Niche Generics Limited, Mylan Incorporated und seine Tochtergesellschaft Mylan Laboratories Limited (früher Matrix), Krka, d.d. Novo mesto und Lupin Limited.

Hintergrund
Die Kommission hat am 8. Juli 2009 ein Kartellverfahren gegen Servier und andere Pharmaunternehmen eingeleitet.

Die Kommission stellte im Rahmen der Untersuchung des Wettbewerbs im Pharmasektor einige strukturelle Probleme und fragwürdige Unternehmenspraktiken fest, die zu Beeinträchtigungen des Wettbewerbs und Verzögerungen des EU-Markteintritts neuer, innovativer und auch billigerer Generika führen könnten. In ihrem Abschlussbericht hat die Kommission eine Reihe von Empfehlungen zur Bewältigung dieser allgemeinen Probleme vorgelegt. Sie betont darin insbesondere die Bedeutung einer konsequenteren Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften in Bezug auf die Streitbeilegung in Patentfragen.

Die Übermittlung von Mitteilungen der Beschwerdepunkte in den Fällen Servier und Lundbeck stellt einen ersten wichtigen Schritt zur Lösung der im Abschlussbericht über die Sektoruntersuchung hervorgehobenen Probleme dar.

Eine Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein formeller Schritt im Rahmen von Ermittlungen der Kommission zu einem mutmaßlichen Verstoß gegen das EU-Kartellrecht. Die Kommission teilt den beteiligten Unternehmen schriftlich mit, welche Beschwerden gegen sie erhoben werden. Die Unternehmen können ihrerseits die Unterlagen in der Kommissionsakte einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, in deren Rahmen sie vor Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihre Sicht des Falles darlegen können.

Die Dauer kartellrechtlicher Ermittlungen ist abhängig von der Sachlage des jeweiligen Falls, der Anzahl der betroffenen Märkte und der beteiligten Unternehmen und deren Kooperationsbereitschaft.

Sollte die Kommission, nachdem die beteiligten Unternehmen ihre Verteidigungsrechte wahrgenommen haben, zu dem Schluss kommen, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie einen Beschluss erlassen, mit dem sie die wettbewerbswidrige Verhaltensweise untersagt und eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des jeweiligen Unternehmens verhängt. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Was sind die Kernelemente der überarbeiteten EPBD?

    Mit der überarbeiteten Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) wird Europa auf den richtigen Weg gebracht, bis 2050 einen vollständig dekarbonisierten Gebäudebestand zu erreichen, indem Renovierungen in jedem Mitgliedstaat vorangetrieben werden, insbesondere bei Gebäuden mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz. Der (2018 vereinbarte) bestehende Rechtsrahmen wird aktualisiert, um ehrgeizigeren Klimaschutzzielen in Verbindung mit sozialen Maßnahmen Rechnung zu tragen, und gibt den Mitgliedstaaten die nötige Flexibilität, um den Unterschieden im Gebäudebestand in Europa Rechnung zu tragen.

  • Ein verstärkter industrieller Ansatz

    Die EU-Kommission hat eine Mitteilung angenommen, in der sie zu einer Reihe von Energiewende-Dialogen über die Umwandlung Europas in eine saubere, ressourceneffiziente, gerechte und wettbewerbsfähige Wirtschaft Bilanz zieht. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in ihrer Rede zur Lage der Union 2023 die Aufnahme von Energiewende-Dialogen angekündigt. In diesem Rahmen soll zusammen mit der europäischen Industrie und den Sozialpartnern erörtert werden, wie die Umsetzung des europäischen Grünen Deals gestärkt und gefördert werden kann, was wiederum zu einem verstärkten industriellen Ansatz beiträgt.

  • Grünen Wandel beschleunigen

    Die Europäische Kommission hat eine mit 2,2 Mrd. EUR ausgestattete deutsche Beihilferegelung genehmigt, mit der Investitionen in die Dekarbonisierung industrieller Produktionsprozesse gefördert werden sollen, um den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Einklang mit dem Industrieplan zum Grünen Deal zu unterstützen. Die Regelung wurde auf der Grundlage des von der Kommission am 9. März 2023 angenommenen und am 20. November 2023 geänderten Befristeten Rahmens zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels genehmigt, um Maßnahmen in Bereichen zu fördern, die für die Beschleunigung des grünen Wandels und die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen von entscheidender Bedeutung sind.

  • Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs

    Die Europäische Kommission hat eine mit 350 Mio. EUR ausgestattete deutsche Regelung zur Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff über das Instrument "Auctions-as-a-Service" (" Auktionen als Dienstleistung") der Europäischen Wasserstoffbank nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Erfüllung von Umweltschutzauflagen

    Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, den Verwaltungsaufwand für Landwirtinnen und Landwirte in der EU zu verringern, hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, einige Bestimmungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu überarbeiten, um Vereinfachungen zu bewirken und gleichzeitig eine starke, nachhaltige und wettbewerbsfähige Politik für Landwirtschaft und Lebensmittel in der EU aufrechtzuerhalten.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen