Märkte für mobile Zahlungsanwendungen
Fusionskontrolle: Europäische Kommission prüft geplantes Gemeinschaftsunternehmen der britischen Mobilfunkanbieter Telefónica, Vodafone und Everything Everywhere im Bereich Mobile Commerce
Eine erste Prüfung der Kommission ergab Kartellbildungsmöglichkeiten des neuen Gemeinschaftsunternehmens
(23.04.12) - Die Europäische Kommission hat nach der EU-Fusionskontrollverordnung eine eingehende Prüfung des Gemeinschaftsunternehmens eingeleitet, das Vodafone, Telefónica und Everything Everywhere im Vereinigten Königreich im Bereich des Mobile Commerce (elektronischer Handel über mobile Endgeräte) gründen wollen. Die vorläufige Untersuchung der Kommission hatte gezeigt, dass dieser Zusammenschluss auf den sich entwickelnden Märkten für mobile Zahlungsanwendungen (sogenannte "mobile wallets" oder "mobile Geldbörsen"), mobile Werbung und diesbezügliche Datenanalysen Wettbewerbsprobleme aufwerfen könnte, da das Gemeinschaftsunternehmen auf diesen Märkten sehr hohe Marktanteile erwerben könnte. Die Einleitung einer eingehenden Prüfung lässt keine Schlüsse auf deren Ergebnis zu. Die Kommission muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen (d. h. bis zum 27. August 2012) abschließend entscheiden, ob der geplante Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erheblich beeinträchtigen würde.
"Die Kommission begrüßt jeden Vorstoß, der den vielversprechenden Handel über Mobilfunkgeräte in Europa voranbringt und den Verbrauchern durch innovative Zahlungssysteme und interaktive Werbung neue Möglichkeiten eröffnet. Wir müssen aber auch sicherstellen, dass sich im Wettbewerb bestehende Anbieter in diesem Markt weiterentwickeln können , damit weiterhin genügend Innovationsanreize geschaffen werden und Kunden die besten Mobile-Commerce-Dienste so kostengünstig wie möglich erhalten", so Joaquín Almunia, Vizepräsident der Europäischen Kommission und EU-Kommissar für Wettbewerbspolitik.
Eine erste Prüfung der Kommission ergab, dass das Gemeinschaftsunternehmen und seine drei Muttergesellschaften technisch und wirtschaftlich in der Lage wären und Interesse daran haben könnten, künftige Wettbewerber daran zu hindern, selbst Mobile-Wallet-Dienste für britische Kunden anzubieten bzw. die Qualität der mobilen Geldbörsen von Konkurrenzunternehmen zu verringern, sodass sie weniger attraktiv sind.
Die Kommission wird die geplante Übernahme nun einer eingehenden Prüfung unterziehen, um festzustellen, ob sich ihre ersten Bedenken bestätigen. Das Vorhaben wurde am 6. März 2012 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet.
Hintergrundinformationen zu den Unternehmen und Produkten
Telefónica UK, Vodafone UK und Everything Everywhere (ein Joint Venture, das aus dem Zusammenschluss von T-Mobile UK und Orange UK hervorging und von der Kommission im März 2010 genehmigt wurde) sind drei der vier im Vereinigten Königreich etablierten Mobilnetzbetreiber.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen würde Unternehmen verschiedene Mobile-Commerce-Dienste anbieten, z. B. für mobile Bezahlvorgänge, für Mobile Marketing und für diesbezügliche Datenanalysen umfassen.
Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.
Der weitaus größte Teil der Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Routineprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie den Zusammenschluss genehmigt (Phase I) oder ein eingehendes Prüfverfahren einleitet (Phase II).
Zurzeit laufen noch fünf weitere eingehende Prüfverfahren: Das erste betrifft die geplante Übernahme von Synthes durch Johnson and Johnson. Beide Unternehmen sind in den USA ansässig und im Bereich orthopädische Medizinprodukte tätig. Die zweite eingehende Prüfung wurde im November 2011 eingeleitet und betrifft den geplanten Erwerb einer Kontrollbeteiligung am Zuckerhändler ED&F MAN durch den deutschen Zucker- und Melassehersteller. Im dritten Verfahren wird die geplante Übernahme der gemeinsamen Kontrolle über einen Teil der italienischen staatlichen Reedereigruppe Tirrenia durch die Compagnia Italiana di Navigazione untersucht.
In diesem Verfahren wurde die Frist vom 13. Februar 2012 nach Artikel 11 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung ausgesetzt, damit die beteiligten Unternehmen die für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung erforderlichen Informationen übermitteln können. Das vierte Verfahren wurde im März eingeleitet, um die geplante Übernahme des Musikgeschäfts der EMI-Gruppe durch Universal eingehend zu prüfen. Die Frist für diese Untersuchung endet am 8. August 2012. Die fünfte eingehende Prüfung, die ebenfalls im März 2011 eingeleitet wurde, betrifft den geplanten Erwerb der Kontrolle über den Flugzeugtechnik-Anbieter Goodrich durch United Technology. (Europäische Kommission: ra)
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