Europäische Bürgerinitiativen ab April 2012
Erfolgreiche Konferenz im Dienste der Europäischen Bürgerinitiative
Kostenlose, frei verfügbare Software, mit der Bürger im Internet Unterschriften sammeln können
(09.02.12) - Mehr als 400 Personen nahmen an einer Konferenz teil, die eine entscheidende Phase in den abschließenden Vorbereitungen für die Europäische Bürgerinitiative darstellt. Zu den Rednern gehörten der für die Bürgerinitiative zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission Maroš Šefčovič, der dänische Europaminister Nicolai Wammen, an der Bürgerinitiative beteiligte Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie führende Vertreter von Facebook, Google, Twitter und Dailymotion. Europäische Bürgerinitiativen können gemäß Verordnung ab dem 1. April 2012 eingeleitet werden.
Die in Brüssel stattfindende Konferenz stand unter dem Motto "Warming up for the European Citizens Initiative". Ziel der Konferenz war zum einen, die maßgeblich an der Nutzung der Europäischen Bürgerinitiative und ihrem Funktionieren beteiligten Akteure zusammenzubringen. Zum anderen sollte die Website der Kommission zur Registrierung der Bürgerinitiativen offiziell eröffnet sowie die kostenlose, frei verfügbare Software präsentiert werden, mit der Bürger im Internet Unterschriften sammeln können.
Die Teilnehmer wurden zudem mehr über die Verfahrenspraxis, die Einführung des Instruments in den Mitgliedstaaten und die potenzielle Schlüsselrolle der sozialen Medien in Verbindung mit Europäischen Bürgerinitiativen erfahren. Sie erörterten, wie weiter vorzugehen ist, sobald die erforderlichen eine Million Unterschriften aus mindestens sieben Mitgliedstaaten vorliegen.
Vizepräsident Šefčovič erklärte:
"Mit diesem neuen Recht wird ein neues Kapitel im demokratischen Leben der EU aufgeschlagen. Es verschafft Bürgern nicht nur unmittelbar Gehör in Brüssel, sondern regt auch echte grenzüberschreitende Diskussionen über EU-Fragen an.
Außerdem bin ich davon überzeugt, dass soziale Medien EU-weit maßgeblich zur Unterstützung von Initiativen beitragen können. Deshalb freut es mich, dass sie heute so zahlreich vertreten sind.
Das überwältigende Interesse an der Konferenz spricht deutlich für den Erfolg dieses neuen Instruments. Ich wünsche all denjenigen viel Glück, die sich dafür rüsten, ab Anfang April eine Initiative vorzuschlagen."
An der Veranstaltung nahmen neben hochrangigen Beamten der Mitgliedstaaten und der Kommission auch der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses Staffan Nilsson sowie die Präsidentin des Ausschusses der Regionen Mercedes Bresso teil.
Hintergrund
Die Europäische Bürgerinitiative wurde durch den Vertrag von Lissabon eingeführt. Unterzeichnen mindestens eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten eine entsprechende Initiative, so können sie die Europäische Kommission ersuchen, in ihren Zuständigkeitsbereichen Rechtsetzungsvorschläge zu unterbreiten.
Die Organisatoren einer Europäischen Bürgerinitiative schließen sich zu einem Bürgerausschuss zusammen, dem mindestens sieben EU-Bürger aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten angehören müssen. Sie haben ein Jahr Zeit, um die erforderlichen Unterstützungsbekundungen zu sammeln. Die Anzahl der Unterstützungsbekundungen muss von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bescheinigt werden. Die Kommission hat dann drei Monate Zeit, um die Initiative zu prüfen und über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Die Verordnung über die Bürgerinitiative wurde am 16. Februar 2011 angenommen. Aufgrund eines Antrags von Mitgliedstaaten, die mehr Zeit für die Einführung der Bescheinigungsverfahren für Unterstützungsbekundungen benötigten, sind Bürgerinitiativen allerdings erst ab dem 1. April 2012 möglich.
Link zu der kürzlich eingerichteten Website der Bürgerinitiative:
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/welcome?lg=de
Link zu der Verordnung über die Bürgerinitiative:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:065:0001:0022:DE:PDF
Wie läuft eine Europäische Bürgerinitiative ab?
Organisatoren
Die Initiativen müssen von einem Bürgerausschuss vorgelegt werden. Dieser muss sich aus mindestens sieben EU-Bürgerinnen und -Bürgern zusammensetzen, die Einwohner von mindestens sieben verschiedenen EU-Ländern sind. Mitglieder des Europäischen Parlaments werden im Hinblick auf die Erreichung der Mindestzahl von sieben Personen nicht mitgerechnet.
Mindestzahl an Unterzeichnern
Eine Initiative benötigt den Rückhalt (in Form von "Unterstützungsbekundungen") von mindestens einer Million EU-Bürgerinnen und -Bürgern aus sieben oder mehr EU-Ländern (laut Verordnung müssen die Unterzeichner aus mindestens einem Viertel aller EU-Mitgliedstaaten stammen – derzeit gibt es insgesamt 27 EU-Länder).
Mindestzahl der Unterzeichner je Mitgliedstaat
In sieben von den Ländern, in denen Unterstützungsbekundungen gesammelt wurden, muss eine Mindestzahl an Bekundungen erreicht werden (entsprechend der Anzahl der im jeweiligen Mitgliedstaat gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments, multipliziert mit 750). Die Mindestzahlen für die einzelnen Mitgliedstaaten finden Sie in Anhang I der Verordnung.
Mindestalter
Das Mindestalter für Organisatoren und Unterzeichner einer Bürgerinitiative ist das Alter, das zum aktiven Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament berechtigt (derzeit in allen Ländern 18 Jahre, außer in Österreich 16 Jahre).
Registrierung einer vorgeschlagenen Initiative
Die Organisatoren müssen die Registrierung ihrer Initiative in einer der EU-Amtssprachen in einem von der Kommission zur Verfügung gestellten Online-Register beantragen. Die Kommission muss binnen zwei Monaten darauf antworten.
Die Kommission kann es ablehnen, die geplante Initiative zu registrieren, wenn
>> der Bürgerausschuss nicht ordnungsgemäß eingesetzt wurde oder
>> die geplante Initiative offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, oder
>> die geplante Initiative offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös ist oder
>>offenkundig gegen die Werte der Union verstößt.
Nach der Registrierung können die Organisatoren die geplante Bürgerinitiative zur Aufnahme in das Register in anderen Amtssprachen der Union bereitstellen.
Sammlung von Unterstützungsbekundungen
Die Unterstützungsbekundungen können in Papierform oder online gesammelt werden. Sie müssen den Mustern für Unterstützungsbekundungen entsprechen (s. Anhang III der Verordnung). Die anzugebenden Daten sind je nach Land, das die Unterstützungsbekundungen zu prüfen hat, unterschiedlich.
Ab dem Datum, an dem die vorgeschlagene Initiative registriert wird, haben die Organisatoren ein Jahr Zeit für die Sammlung der Unterstützungsbekundungen.
Online-Sammlung
Vor Beginn der Online-Sammlung von Unterstützungsbekundungen müssen die Organisatoren die zuständige nationale Behörde des EU-Lands, in dem die Daten gespeichert werden, auffordern, ihr Online-Sammelsystem zu zertifizieren. Die Behörde muss innerhalb eines Monats antworten.
Die Kommission wird den Organisatoren eine Open-Source-Software für die Online-Sammlung von Unterstützungsbekundungen zur Verfügung stellen. Sie hat darüber hinaus technische Spezifikationen festgelegt, um die Organisatoren bei der Entwicklung ihres Sammelsystems zu unterstützen.
Überprüfung und Zertifizierung von Unterstützungsbekundungen
Sobald die Organisatoren die erforderliche Anzahl an Unterstützungsbekundungen gesammelt haben, leiten sie diese zur Überprüfung und Zertifizierung an die zuständigen nationalen Behörden im jeweiligen Mitgliedsland weiter.
Innerhalb von drei Monaten müssen die nationalen Behörden eine Bescheinigung über die Zahl der gültigen Unterstützungsbekundungen ausstellen. Die Behörden prüfen in geeigneten Kontrollen die Gültigkeit der Unterstützungsbekundungen, beispielsweise stichprobenartig.
Vorlage und Prüfung der Bürgerinitiative
Nach Erhalt der Bescheinigungen von den nationalen Behörden reichen die Organisatoren ihre Initiative bei der Kommission ein.
Die Kommission hat drei Monate Zeit für die Prüfung der Initiative und die Festlegung des weiteren Vorgehens. In dieser Zeit empfängt sie die Organisatoren auf geeigneter Ebene, damit diese die in der Initiative angesprochenen Aspekte erläutern können.
Die Organisatoren haben auch die Möglichkeit, ihre Initiative bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorzustellen.
Die Kommission legt in einer Mitteilung ihre Schlussfolgerungen zu der Initiative dar, geht auf ihr weiteres Vorgehen bzw. den Verzicht auf ein weiteres Vorgehen ein und nennt ihre Gründe hierfür.
Transparenz hinsichtlich der Unterstützung/Finanzierung
Die Organisatoren müssen regelmäßig aktuelle Informationen über die Quellen zur Unterstützung und Finanzierung ihrer Initiative vorlegen.
Regelmäßige Überprüfungen
Bis zum 1. April 2015 und anschließend alle drei Jahre legt die Kommission einen Bericht über die Durchführung der Verordnung vor.
(Europäische Kommission: ra)
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