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Lizenzvereinbarungen mit Pierre Cardin


Kartellrecht: EU-Kommission richtet Mitteilung der Beschwerdepunkte an Pierre Cardin und dessen Lizenznehmer Ahlers wegen Vertriebs- und Lizenzvergabepraktiken bei Bekleidung
Die Kommission stellte vorläufig fest, dass das Ziel einer solchen Koordinierung zwischen Pierre Cardin und Ahlers letztlich darin bestand, den absoluten Gebietsschutz von Ahlers in den EWR-Ländern zu gewährleisten, für die Lizenzvereinbarungen mit Pierre Cardin bestehen



Die Europäische Kommission hat Pierre Cardin und dessen Lizenznehmer Ahlers von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass die Unternehmen möglicherweise gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben, indem sie den grenzüberschreitenden Verkauf von Bekleidungsartikeln mit Pierre-Cardin-Lizenz sowie den Verkauf solcher Artikel an bestimmte Kunden beschränkt haben.

Pierre Cardin ist ein französisches Modehaus, das für die Herstellung und den Vertrieb von Kleidung seiner Marke Lizenzen vergibt. Der deutsche Bekleidungshersteller Ahlers ist der größte Lizenznehmer von Pierre Cardin im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Die Kommission hat Bedenken, dass Pierre Cardin und Ahlers seit mehr als zehn Jahren wettbewerbswidrige Vereinbarungen und Absprachen getroffen haben könnten, um die Möglichkeiten anderer Pierre-Cardin-Lizenznehmer und deren Kunden, Kleidung mit Pierre-Cardin-Lizenz offline oder online zu verkaufen bzw. zu kaufen, zu beschränken. Dies betrifft Verkäufe in die Lizenzgebiete von Ahlers im EWR und Verkäufe an Einzelhändler (z. B. Discounter), die ihre Waren dort zu niedrigeren Preisen anbieten.

Die Kommission stellte vorläufig fest, dass das Ziel einer solchen Koordinierung zwischen Pierre Cardin und Ahlers letztlich darin bestand, den absoluten Gebietsschutz von Ahlers in den EWR-Ländern zu gewährleisten, für die Lizenzvereinbarungen mit Pierre Cardin bestehen.

Sollte sich die vorläufige Auffassung der Kommission bestätigen, würde das Verhalten der Unternehmen gegen EU-Vorschriften verstoßen, die wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen verbieten (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens).

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.

Hintergrund
Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten wettbewerbswidrige Vereinbarungen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verhindern, einschränken oder verfälschen.

Im Rahmen ihrer Untersuchung mutmaßlicher wettbewerbswidriger Praktiken in der EU führte die Kommission am 22. Juni 2021 unangekündigte Nachprüfungen bei Bekleidungsherstellern und -händlern durch. Im Januar 2022 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von Pierre Cardin und Ahlers ein.

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften, In einer solchen Mitteilung setzt die Kommission die Parteien schriftlich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe in Kenntnis. Die Unternehmen können dann die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, sich schriftlich dazu äußern und eine mündliche Anhörung beantragen, in der sie gegenüber Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden zu der Sache Stellung nehmen. Eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und die Einleitung eines förmlichen Kartellverfahrens greifen dem Untersuchungsergebnis nicht vor.

Wenn die Kommission, nachdem die Parteien ihre Verteidigungsrechte ausgeübt haben, zu dem Schluss kommt, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie per Beschluss die Verhaltensweise untersagen und Geldbußen von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes der betreffenden Unternehmen verhängen.

Es gibt keine verbindliche Frist für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung. Ihre Dauer hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von der Komplexität der Sache, dem Umfang, in dem die betreffenden Unternehmen mit der Kommission kooperieren, und der Ausübung der Verteidigungsrechte. (EU-Kommission: ra)

eingetragen: 05.08.23
Newsletterlauf: 13.10.23


Meldungen: Europäische Kommission

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    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

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    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

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    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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