Duopol der beiden Sendergruppen wird verstärkt
Wettbewerbliche Bedenken gegenüber Online-Video-Plattform von RTL und Pro7Sat1
Kartellverstoß befürchtet: Koordinierung geschäftlicher Interessen über das Gemeinschaftsunternehmen würde Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen darstellen
(01.03.11) - Das Bundeskartellamt bestätigte, dass es das Vorhaben von RTL und Pro7Sat.1, ein Gemeinschaftsunternehmen für den Aufbau und den Betrieb einer Online-Video-Plattform zu gründen, abgemahnt hat. Nachdem die Behörde nun ihre kartellrechtlichen Bedenken gegen das Vorhaben dargelegt hat, haben die beteiligten Unternehmen die Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen. Die Frist für eine abschließende Entscheidung läuft bis zum 21. März 2011.
Nach dem vorläufigen Ergebnis der Überprüfung ist das Bundeskartellamt der Auffassung, dass die Gründung der gemeinsamen Plattform in der konkret geplanten Form das nach wie vor bestehende marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken würde.
Die nach dem derzeitigen Sachstand zu erwartende Koordinierung geschäftlicher Interessen über das Gemeinschaftsunternehmen würde darüber hinaus einen Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen darstellen.
Das Bundeskartellamt hat sich bei der Bewertung des Vorhabens umfassend mit den möglichen positiven Auswirkungen einer neuen Video-On-Demand-Plattform befasst. Die Behörde ist zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, dass nur bei einer offenen, rein technischen Plattform die Vorteile durch die erhöhte Reichweite für Video-on Demand-Angebote und die einfachere Navigation durch die Inhalte die auch dann noch bestehenden Nachteile für den Wettbewerb aufwögen. Die beteiligten Unternehmen waren jedoch nicht bereit, die geplante Plattform soweit zu öffnen.
Solange die Planungen aber eine Beschränkung des Zugangs auf Fernsehsender und einschränkende Vorgaben zu Verfügbarkeitsdauer, -zeitpunkt und Qualität der Angebote vorsehen, überwiegen nach der derzeitigen Auffassung des Bundeskartellamtes eindeutig die wettbewerbsbeschränkenden Effekte des Vorhabens. Eine so ausgerichtete Plattform hätte nach Auffassung des Bundeskartellamtes den Effekt, die bestehenden Verhältnisse auf dem Fernsehwerbemarkt zu konservieren und auf das Segment der Video-Werbung in Online-Video-Inhalten zu übertragen. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
Kartellrecht und Kartellvergehen
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Alternative Carrier sind dünn gesät
Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."
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Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt
Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.
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Zusammenschluss musste freigeben werden
Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.
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Kein Verfahren gegen die DFL
Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.
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Austauschbarkeit der Produkte
Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.