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Bundeskartellamt-Tätigkeitsbericht 2005/2006


Die Intensivierung der Kartellbekämpfung hat in den beiden letzten Jahren weiter Gestalt angenommen: Im Zeitraum 2005/2006 hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von insgesamt 168,4 Mio. Euro verhängt
Für das Bundeskartellamt hat neben der Kartellbekämpfung die Bedeutung der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 zugenommen


Dr. Bernhard Heitzer:
Dr. Bernhard Heitzer: erfolgreich im Kampf gegen Gasversorger, Bild: Bundeskartellamt

(12.07.07) - Der Präsident des Bundeskartellamtes, Dr. Bernhard Heitzer, hat in Bonn den Tätigkeitsbericht des Amtes für die Jahre 2005/2006 vorgestellt. Der Berichtszeitraum war wesentlich durch das Inkrafttreten der 7.GWB-Novelle am 1. Juli 2005 geprägt. Ein Schwerpunkt der 7. GWB-Novelle war die Angleichung des deutschen an das europäische Recht, welche nach der Änderung des europäischen Rechts zum 1. Mai 2004 erforderlich geworden war. Mit der Kartellverfahrensverordnung 1/2003 hatten die nationalen europäischen Wettbewerbsbehörden erweiterte Kompetenzen bei der Anwendung des europäischen Rechts (Art. 81 und Art. 82 EG) erhalten. Ein erklärtes Ziel dieser Verordnung war die Dezentralisierung der Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts in Fällen mit grenzüberschreitender Bedeutung.

Die Intensivierung der Kartellbekämpfung hat in den beiden letzten Jahren weiter Gestalt angenommen. Zunächst wurde im Juni 2005 die 11. Beschlussabteilung in eine reine Kartellabteilung umgewandelt; sie konzentriert sich ganz darauf, Kartellabsprachen nachzugehen. Ziel dieser Umstrukturierung war insbesondere, die Durchführung von Kartellverfahren weiter zu beschleunigen. Weitere Eckpunkte der Kartellbekämpfung sind die überarbeitete Bonusregelung, die im März 2006 veröffentlicht wurde, und die im September 2006 erlassenen Bußgeldleitlinien.

Die Bonusregelung ermöglicht es einem Kartellmitglied, durch frühzeitige Information des Bundeskartellamtes über das Kartell unter bestimmten Umständen einen vollständigen Erlass oder eine Minderung bis zu 50 Prozent der Geldbuße zu erwirken. Die Bonusregelung hat sich als sehr wirksames Instrument bei der Kartellbekämpfung erwiesen. Der Berichtszeitraum war von einem deutlichen Anstieg der Bonusanträge geprägt: Insgesamt gingen beim Bundeskartellamt im Berichtszeitraum 76 Anträge ein, die 19 verschiedene Verfahren betrafen.

Nachdem mit der 7. GWB Novelle der Bußgeldrahmen auf bis zu 10 Prozent des Gesamtumsatzes eines Unternehmens erhöht wurde, hat das Bundeskartellamt in den neuen Bußgeldleitlinien die Anwendung der Bußgeldvorschriften konkretisiert. Dabei orientiert sich das Amt an den im Juni 2006 veröffentlichten Bußgeldleitlinien der Europäischen Kommission.

Im Zeitraum 2005/2006 hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von insgesamt 168,4 Mio. Euro verhängt. Betroffen waren z.B. die Versicherungswirtschaft, die Transportbetonbranche, der Pharmagroßhandel und die Speditionsbranche.

Für das Bundeskartellamt hat neben der Kartellbekämpfung die Bedeutung der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 zugenommen. 121 neue Verfahren wurden eingeleitet.

Ein deutlicher Schwerpunkt der Arbeit des Amtes lag hier erneut im Bereich der leitungsgebundenen Energien. Kartellamtspräsident Dr. Bernhard Heitzer sagte: "Als besonderen Erfolg werte ich die Verfahren im Energiebereich wegen langfristiger Gaslieferverträge und die Missbrauchsverfahren gegen Gasversorger wegen überhöhter Gaspreise, auch im CO 2 -Verfahren hoffen wir in Kürze zu einer Entscheidung zu kommen."

Die in der Preismissbrauchsnovelle vorgesehenen Änderungen zur Missbrauchsaufsicht im Energiebereich werden es dem Kartellamt zukünftig erleichtern, missbräuchliche Verhaltensweisen zu verfolgen.

Die deutlich gestiegene Anzahl an angemeldeten Fusionsverfahren wird vom Bundeskartellamt insofern als positiv angesehen, als sie ein Abbild der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung darstellen. Die Zahl der angemeldeten Zusammenschlussvorhaben hat sich mit insgesamt 3.516 gegenüber dem vorigen Berichtszeitraum um 738 erhöht. Davon hat das Bundeskartellamt in 64 Verfahren das Hauptprüfverfahren eingeleitet. Im letzten Berichtszeitraum waren es 59 Fälle. Die Zahl der Untersagungen ist mit 11 im Vergleich zu 14 im letzten Berichtszeitraum leicht zurückgegangen.

Ein besonderer Schwerpunkt der Fusionskontrolle lag im Bereich der Krankenhäuser, hier wurden erstmals drei der 40 angemeldeten Zusammenschlüsse untersagt. Bei weiteren drei Vorhaben erfolgte die Freigabe nach Beseitigung wettbewerblicher Bedenken seitens des Bundeskartellamtes durch die Beteiligten. Auch im Bereich der Medien hat das Amt wichtige Entscheidungen getroffen. Dazu zählen die Untersagungen des Vorhabens Axel Springer/Pro7Sat1 und die Freigaben der Zusammenschlussvorhaben Iesy/Ish und Ish/BC Partners im Breitbandkabelbereich. Im Energiebereich wurde das Bundeskartellamt vom Oberlandesgericht Düsseldorf in einer richtungsweisenden Entscheidung im Fusionsverfahren E.ON/Eschwege hinsichtlich des marktbeherrschenden Duopols von RWE und E.ON auf den bundesweiten Strommärkten bestätigt.

Die Entwicklung im Bereich des Vergaberechts hat sich aus Sicht des Bundeskartellamtes wieder etwas abgeschwächt. Nach dem Höchststand von 225 Verfahren im Jahr 2004 hat sich die Zahl der Anträge pro Jahr in diesem Berichtszeitraum bei knapp 170 eingependelt. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit des Amtes lag auf der internationalen Zusammenarbeit sowohl im Rahmen des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden im European Competition Network (ECN) sowie auch dem International Competition Network (ICN), der OECD und der UNCTAD. Insbesondere die wichtigen Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen des ECN werden vom Bundeskartellamt intensiv genutzt. Ein Beispiel für die effiziente Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden im ECN ist die gemeinsame Verabschiedung eines Modell-Bonusprogramms, das alle Mitgliedstaaten als Maßstab für ihre Bonusregelung anerkennen. Diese europäische Harmonisierung steht für ein klares gemeinsames europäisches Vorgehen gegen Hard-Core-Kartelle.

Um auch zukünftig erfolgreich den Wettbewerb schützen zu können, hat das Bundeskartellamt eine interne Umstrukturierung vorgenommen. Ziel war, die Arbeit des Amtes effizienter zu gestalten und die Arbeitslast der Beschlussabteilungen zu optimieren. Hierzu ist geplant eine zweite Kartellabteilung einzurichten. Darüber hinaus wurde im Juli 2007 ein ökonomisches Grundsatzreferat eingerichtet. (Bundeskartellamt: ra)


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