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Wettbewerbsschutz in schwierigen Zeiten


Andreas Mundt: "Unternehmen dürfen die Krise nicht dazu nutzen, ihre Gewinne durch Kartellrechtsverstöße zu erhöhen"
Bundeskartellamt legt Jahresbericht 2021/22 vor




Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat die Broschüre "Jahresbericht 2021/22" der Behörde vorgestellt. Andreas Mundt sagte: "Der schreckliche Krieg Russlands gegen die Ukraine und seine furchtbaren Folgen gehen mit Unwägbarkeiten auf den Märkten, mit Knappheiten und mit Preissteigerungen in vielen Branchen einher. Die Inflation führt seit Frühjahr 2022 zu großen Belastungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Unternehmen dürfen die Krise nicht dazu nutzen, ihre Gewinne durch Kartellrechtsverstöße zu erhöhen. Wir schauen deshalb genauestens hin: Gegen illegale Absprachen oder Marktmachtmissbrauch werden wir konsequent vorgehen. Auf der anderen Seite zeigt sich das Kartellrecht auch als flexibel genug, um die veränderten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und besondere Bedarfe der Unternehmen, beispielsweise nach krisenbedingten Kooperationen untereinander übergangsweise zu tolerieren."

Kraftstoffpreise unter dem Brennglas des Bundeskartellamtes
Das Bundeskartellamt hat seine fortlaufende Beobachtung der Kraftstoffpreise an den rund 15.000 Tankstellen in Deutschland durch die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe seit dem März dieses Jahres intensiviert und darüber hinaus eine Untersuchung der Raffinerie- und Großhandelsebene eingeleitet.

Andreas Mundt: "Wir werden weiter ganz genau hinsehen und darüber informieren, wie sich die Preise entwickeln und was passiert, wenn die Steuerermäßigung zum 1. September wegfällt. Mit unserer Untersuchung der Raffinerie- und Großhandelsebene wollen wir außerdem Faktoren und Mechanismen der Preissetzung durchleuchten. Bislang weiß man wenig darüber, was zwischen Rohöleinkauf und dem Verkauf an der Tankstelle eigentlich passiert. Hier wollen wir im Herbst erste Zwischenergebnisse vorlegen."

Schwerpunkt Digitalwirtschaft
Für das Bundeskartellamt ist die digitale Ökonomie nach wie vor ein zentraler Arbeitsbereich.

Andreas Mundt: "Seit Einführung des neuen gesetzlichen Instruments zur besseren Kontrolle von großen Digitalkonzernen Anfang 2021 haben wir mehrere Verfahren gegen Alphabet, Amazon, Apple und Meta eingeleitet und zum Teil auch schon abgeschlossen. Wir erweitern fortlaufend unser Knowhow im nationalen und internationalen Austausch mit anderen Expertinnen und Experten sowie in Verfahren und Untersuchungen, wie beispielsweise unserer aktuellen Untersuchung zur Online-Werbung. In enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden auf der ganzen Welt arbeiten wir mit Nachdruck an Lösungen, um den Wettbewerb in der Digitalwirtschaft zu schützen bzw. wiederherzustellen."

Das Bundeskartellamt hat eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" nach dem neuen § 19a Abs. 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) für Alphabet/Google, Amazon und Meta/Facebook bereits festgestellt. Ein entsprechendes Verfahren gegen Apple läuft derzeit noch.

Darüber hinaus geht das Bundeskartellamt in weiteren Verfahren gegen alle vier genannten Digitalkonzerne der Frage nach, ob bestimmte Verhaltensweisen der Unternehmen untersagt werden müssen, da sie den Wettbewerb beeinträchtigen bzw. ihre Machtposition absichern

Kartellverfolgung nimmt Fahrt auf
2021 hat das Bundeskartellamt rund 105 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt elf Unternehmen bzw. Verbände und acht natürliche Personen verhängt. Betroffen waren Branchen wie die Edelstahlherstellung und Stahlschmieden sowie vertikale Preisabsprachen bei Musikinstrumenten, Schulranzen und Unterhaltungselektronik. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2022 folgten Bußgelder in Höhe von rund 20 Mio. Euro gegen Hersteller von Brückendehnfugen sowie gegen Unternehmen wegen Absprachen bei der Auftragsvergabe von Industriebauten.

Andreas Mundt: "Die besonderen Umstände während der Pandemie haben eine effektive Kartellverfolgung in den vergangenen Jahren erschwert. Aber das liegt jetzt hinter uns. Wir haben eine Reihe von neuen Verfahren eröffnet und auch wieder zahlreiche Durchsuchungen durchgeführt. Mehrere dieser neuen Verfahren wurden durch Hinweise ausgelöst, die wir über unser anonymes Hinweisgebersystem erhalten haben."

Insgesamt hat das Bundeskartellamt im Jahr 2022 bereits 13 Durchsuchungsaktionen durchgeführt; davon acht im Rahmen eigener Verfahren und fünf für Verfahren anderer Wettbewerbsbehörden im Netzwerk der Europäischen Wettbewerbsbehörden.

Fusionskontrolle
Das Bundeskartellamt hat 2021 rund 1.000 angemeldete Vorhaben geprüft. Davon wurden zehn Zusammenschlüsse in der sogenannten zweiten Phase vertieft geprüft. Davon wurden drei Vorhaben ohne Auflagen freigegeben. Eine Freigabe erfolgte unter Auflagen, so durfte EDEKA nur einen Teil der Real-Standorte übernehmen. Fünf Anmeldungen wurden von den beteiligten Unternehmen während der laufenden Prüfung zurückgenommen. Das Vorhaben der Funke Mediengruppe, die Ostthüringer Zeitung zu übernehmen, wurde untersagt.

Im laufenden Jahr hat das Bundeskartellamt bislang ein Fusionsvorhaben untersagt (Aco/Birco im Bereich Entwässerungsanlagen). Die EG Group durfte OMV Tankstellen nur unter einer Veräußerungsauflage erwerben und in drei Verfahren haben die Unternehmen ihre Anmeldung während der zweiten Prüfungsphase zurückgenommen.

Andreas Mundt: "Die aktuelle wirtschaftliche Lage verdeutlicht die überaus wichtige Funktion der Fusionskontrolle. In konzentrierten Märkten ist Preissetzungsmacht durch einzelne Unternehmen leichter durchzusetzen. Die präventiv wirkende Fusionskontrolle ist auch aus diesem Grund ein wichtiges Instrument der Wettbewerbsbehörden. Verschiedene Studien belegen, dass die Konzentration in Europa und Deutschland über die vergangenen Jahre nicht zugenommen hat. Das ist auch das Ergebnis einer konsequenten Fusionskontrolle in Europa."

Das Wettbewerbsregister ist in Betrieb
Erfolgreich an den Start gebracht hat das Bundeskartellamt das Wettbewerbsregister des Bundes, das einen Beitrag zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Kartellverstößen leisten soll. Im Frühjahr 2021 hat das Bundeskartellamt den Betrieb des Wettbewerbsregisters aufgenommen und mit der Registrierung der abfrageberechtigten Auftraggeber und mitteilungspflichtigen Behörden begonnen. Mit einer einzigen elektronischen Abfrage können öffentliche Auftraggeber nachprüfen, ob es bei einem Unternehmen zu Rechtsverstößen gekommen ist, die zu einem Ausschluss von einem Vergabeverfahren führen können.

Es gibt bereits über 4.000 Mitteilungen über relevante Verstöße von Staatsanwaltschaften, dem Zoll und anderen Behörden. Täglich werden durchschnittlich rund 800 Abfragen, ob eine Eintragung vorliegt, von Auftraggebern durchgeführt.

Verschärfung des Kartellrechts
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor einigen Wochen angekündigt, die Handlungsmöglichkeiten des Bundeskartellamtes zu erweitern. Mit der 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sollen Sektoruntersuchungen schlagkräftiger ausgestaltet werden, die Hürden für eine kartellrechtliche Gewinnabschöpfung gesenkt werden und ein missbrauchsunabhängiges Entflechtungsinstrument eingeführt werden. Außerdem plant die Bundesregierung, die Kompetenzen des Bundeskartellamtes im Bereich des behördlichen Verbraucherschutzes noch in dieser Legislaturperiode auszubauen.

Andreas Mundt: "Wir begrüßen die Pläne zur Stärkung des Bundeskartellamtes und bringen uns konstruktiv in die Entwicklung der konkreten Gesetzesvorschläge ein." (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 20.09.22
Newsletterlauf: 25.10.22


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Kartellrecht und Kartellvergehen

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