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Start und Stopp eines "Webforschungsprojektes"


Verarbeitung öffentlicher Web-Daten: Am 4. Juni gaben das Hasso-Plattner-Institut (HPI) und Schufa bekannt, ein gemeinsames "Web-Forschungsprojekt" zu starten
Am 8. Juni wurde die von der breiten Öffentlichkeit als Schufa-Skandal-Forschungsprojekt (auch: Schufa-Schnüffelprojekt) empfundene "Zusammenarbeit bei der Grundlagenforschung" vom HPI gekündigt und von der Schufa abgesagt

(11.06.12) - Das Hasso-Plattner-Institut (HPI) und die Schufa Holding AG gaben am 4. Juni ihre Zusammenarbeit im Bereich der technischen Datenverarbeitung mit dem Forschungsprojekt "SchufaLab@HPI" bekannt. Ziel des Projektes ist die Analyse und Erforschung von Daten aus dem Web. Forschungsschwerpunkte sind einerseits die Validität von Daten und anderseits Technologien zur Gewinnung von Daten. Fakt ist: Bereits jetzt werden über das Web erfolgreich Daten gewonnen, beispielsweise bei Insolvenzverfahren oder Informationen aus dem Handelsregister.

Das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH in Potsdam ist Deutschlands universitäres Exzellenz-Zentrum für IT-Systems Engineering. Es betreibt unter anderem auch eine Research School mit Forschungsaußenstellen in Kapstadt, Haifa und Nanjing. Im Mittelpunkt der HPI-Lehre und -Forschung stehen die Grundlagen und Anwendungen großer, hoch komplexer und vernetzter IT-Systeme, wie z.B. das World Wide Web. Einer der Forschungsschwerpunkte dort ist die semantische Erschließung und die sichere Verarbeitung von Daten.

Das Forschungsprojekt ist am HPI-Fachgebiet Informationssysteme von Prof. Dr. Felix Naumann angesiedelt. Die Wissenschaftler forschen in diesem Bereich über den effizienten, effektiven und sicheren Umgang mit großen Mengen heterogener Daten.

Der Leiter des Hasso-Plattner-Institutes, Prof. Dr. Christoph Meinel, sagte hierzu: "Mit der Schufa konnten wir ein renommiertes Unternehmen für ein gemeinsames Forschungsprojekt gewinnen, um gesellschaftlich und wirtschaftlich spannende Entwicklungen im Internet zu untersuchen."

"In der Zusammenarbeit mit dem HPI wollen wir durch wissenschaftlich fundierte Ergebnisse langfristig die Qualitätsführerschaft unter den Auskunfteien in Deutschland sichern" erklärte Peter Villa, Vorstand der Schufa Holding AG. "Mit dem Forschungsprojekt wollen wir aber auch die unzähligen Mythen und Vermutungen rund um die Informationsquelle Web auf den wissenschaftlichen Prüfstand stellen", so Villa abschließend.

Das Forschungsprojekt "SchufaLab@HPI" ist auf drei Jahre angelegt. Die Ergebnisse sollen im Anschluss der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Nachdem NDR-Journalisten Peter Hornung und Jürgen Webermann nähere Details zu dem Projekt veröffentlichten, die der breiten Öffentlichkeit bisher nicht bekannt waren, sah sich das Hasso-Plattner-Institut am 7. Juni gezwungen, in einer Presseerklärung ihrerseits Aufklärungsarbeit zu betreiben:

Antworten auf die Schufa Lab: Antworten auf die häufigsten Fragen

Das Rauschen im Medienwald ist unüberhörbar: Schufa, Hasso-Plattner-Institut, Facebook und Nutzer-Daten sind die Schlagworte, die für Wind sorgen. Im Angesicht der Meldungen geraten indes die bekannten Fakten zur Nebensache. Zu den häufigsten Fragen liefern wir die Antworten.

Was steckt hinter dem angeblichen Skandal? Es geht lediglich um eine lange Ideenliste für Forschungsansätze, aber nicht um einen Projektplan. Es gibt keinen Auftrag der Schufa für uns Wissenschaftler, diese Ideenliste Punkt für Punkt abzuarbeiten.
Die NDR-Journalisten Peter Hornung und Jürgen Webermann verschweigen der Öffentlichkeit Entscheidendes, obwohl ihnen diese Fakten bekannt waren oder von Schufa und HPI bekanntgemacht wurden. Offenbar soll ein möglichst medienwirksamer Versuch der Skandalisierung unternommen werden. Die Schufa und wir haben aber rechtzeitig und offen über das explorative Grundlagenforschungsprojekt informiert, zum Beispiel auf ihren Webseiten und durch jeweilige Pressemitteilung schon am 2. und 3. Juni.

Es geht hier überhaupt nicht um etwas Geheimnisvolles. Ohnehin ist wissenschaftliche Arbeit ja öffentlich, denn es werden auch in diesem Forschungsprojekt alle Ergebnisse publiziert. Es geht bei dem Drittmittelprojekt schlicht um Forschung, die eine fundierte und belastbare Grundlage für eine abgewogene Bewertung dessen liefern kann, welche Web-Daten überhaupt verwertbar und welche Informationen generierbar sein könnten im Netz – dies ausdrücklich und vor allem auch unter dem Aspekt von gesellschaftlichen Risiken.

Nur ein kleiner Teil der Ideen in der zitierten Liste bezieht sich überhaupt auf ausdrücklich personenbezogene Daten, der viel größere auf ganz allgemeine Daten, zum Beispiel Bevölkerungsdaten, aus dem Internet. Das HPI hat den Journalisten gegenüber betont, dass es selbstverständlich weder geplant noch vertraglich vereinbart ist, personenbezogene Daten, die im Rahmen der Forschungstätigkeit des HPI entstehen, der Schufa zur Verfügung zu stellen. Erwähnt wird das von NDR und Welt nicht, auch zum Beispiel nicht der Hinweis des HPI, dass die HPI-Forscher selbstverständlich den datenschutzrechtlichen Rahmen kennen und korrekt einhalten.

Solche Informationen ließen Hornung und Webermann gezielt weg, vermutlich um den Eindruck eines Skandals zu verstärken.
Zum Hintergrund: Es geht nicht etwa um das Ausspionieren von Geheimdaten, sondern um das Auffinden öffentlicher Informationen, die im Netz stehen, weil sie jemand dort bewusst hinein und damit zur Verfügung gestellt hat. Die meisten dieser Daten sind für jeden Internetnutzer durch ganz normale Suchmaschinen-Abfragen manuell recherchierbar. Das HPI untersucht lediglich die automatisierte Suche – sowohl an der Oberfläche als auch in der Tiefe des Web. Suchmaschinen und ihre Webcrawler werden ja ständig weiterentwickelt, so dass Internetseiten, die in der Vergangenheit noch zum so genannten Deep Web gehörten, längst schon Teil des "Oberflächenwebs" sind. Ignoriert wird von den beiden Journalisten schlichtweg, dass etwa Daten im Deep Web zwar für die meisten unsichtbar, aber doch recherchierbar sind. Berücksichtigt wird auch das so genannte "dark web", also Daten, die für angemeldete Internetnutzer offen sichtbar sind.

Mittlerweile hatte das Projekt allerdings auch die Aufmerksamkeit von Politik und Datenschützern erregt und dabei heftigste Kritik geerntet (siehe Links zu Kommentaren am Ende des Beitrages)

Am 8. Juni 2012 kündigt das HPI das sogenannte "Schufa-Forschungsprojekt".
Angesichts mancher Missverständnisse in der Öffentlichkeit über den vereinbarten Forschungsansatz und darauf aufbauender Reaktionen könne ein solches wissenschaftliches Projekt nicht unbelastet und mit der nötigen Ruhe durchgeführt werden, erklärte HPI-Direktor Christoph Meinel.

Zeitgleich erklärt die Schufa das Web-Forschungsprojekt mit dem Hasso-Plattner-Institut für beendet
"Der Vorstand der Schufa Holding AG hat beschlossen, das Web-Forschungsprojekt nicht weiter zu verfolgen und begrüßt den gleichen Beschluss des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Potsdam", heißt es in einer Presseerklärung. Durch die öffentliche Reaktion auf das Grundlagenforschungsprojekt und den damit verbundenen Missverständnissen könne eine wissenschaftliche Zusammenarbeit auf sachlicher Ebene nicht weitergeführt werden. Das Forschungsprojekt habe eine Debatte über den Umgang mit frei verfügbaren Daten angestoßen, die die Schufa erst mit Vorlage der Forschungsergebnisse erwartet hätte.

"Freunde und Status geben keine Auskunft über die Bonität eines Verbrauchers. Deshalb finden solche Daten auch keine Verwendung in unserem Datenbestand", sagt Peter Villa, der für das Projekt zuständige Vorstand. "Man darf jedoch vor der Realität des Internet nicht die Augen verschließen. Die grundsätzliche Frage des Umgangs mit öffentlichen Daten im Netz bleibt eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung", so Peter Villa weiter.

Das Netz enthalte millionenfach freiwillig eingestellte Daten von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Solche personenbezogenen Daten seien nicht vor Missbrauch geschützt. Sie könnten mit entsprechender Technologie ausgewertet werden.

Die Schufa als ein Unternehmen mit hoher Daten- und Verbraucherschutzkompetenz sehe sich in der gesellschaftlichen Pflicht, eine Debatte zu den Chancen und Risiken des Umgangs von öffentlichen Daten im Netz zu initiieren. Diese Debatte müsse stets im Kontext von Internet und Nutzung geführt werden. "Wir wollen diese Debatte nicht nur anstoßen, sondern konstruktiv in die Zukunft begleiten. Wir schlagen daher vor, eine Dialogplattform mit allen Beteiligten aus der Politik, dem Verbraucher- und Datenschutz sowie der Wirtschaft und Wissenschaft aufzubauen. Daran wird sich die Schufa aktiv beteiligen", erklärt Dr. Michael Freytag, Vorsitzender des Vorstandes der Schufa Holding AG. (Schufa: Hasso-Plattner-Institut: ra)

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