Ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz


.rka Rechtsanwälte: "Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken" dokumentiert das Versagen des Gesetzgebers
Zweifelhafte Änderungen, Probleme bleiben ungelöst, neue kommen hinzu

(16.10.13) - Das "Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken" hat den Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl ohne Aussprache passiert. Ziel des Gesetzes ist es - neben weiteren Regelungen im Wettbewerbsrecht und im Inkassorecht -, Abmahnungen im Urheberrecht zu erschweren. Der Gesetzgeber versucht dies u.a. dadurch zu erreichen, dass er inhaltliche Anforderungen an Abmahnungen stellt, Gegenansprüche der Abgemahnten bei unberechtigten Abmahnungen ins Gesetz schreibt, versucht, neue Gerichtszuständigkeiten zu regeln und bemüht ist, die Höhe der erstattungspflichtigen Anwaltskosten auf Basis eines Streitwertes von 1.000,00 für den Unterlassungsanspruch Euro zu deckeln. Pro Abmahnung wären dann ca. EUR 130,00 (netto) zu zahlen. Darauf wies die Kanzler .rka Rechtsanwälte hin.

Trotz Bedenken - in Teilen ging der Länderkammer das Gesetz nicht weit genug - verzichtete der Bundesrat in seiner Sitzung darauf, das Gesetz durch eine Überweisung an den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wieder in die parlamentarische Diskussion zu bringen.

Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte meint dazu:
"Wenn es Aufgabe des Gesetzgebers ist, für einen Interessenausgleich, für Rechtssicherheit und nicht zuletzt auch für Rechtsfrieden zu sorgen, ist dieses Gesetz ein Beispiel für das Totalversagen des Parlaments. Es zementiert Positionen ohne sich des eigentlichen Problems anzunehmen. Denn es ist per se keineswegs unseriös, dass Rechtsanwälte für ihre Mandanten deren Ansprüche durchsetzen. Anstatt die Ausgleichsinteressen der Rechteinhaber im Auge zu behalten, die allein in Deutschland durch die Verletzung ihrer immateriellen Schutzrechte alljährlich einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe erleiden, hat sich die Diskussion auf die Abmahnungen selbst und die damit verbundenen Kosten focusiert, die abseits profunder Sachkenntnis als zu hoch empfunden wurden."

Der Hamburger Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, dessen Kanzlei überwiegend für Mandanten aus der Softwarebranche tätig ist, führt weiter aus:
"Dabei ist das Gesetz handwerklich derart schlecht gemacht, dass die "Abmahnungsverhinderungsmaßnahmen" - wenn überhaupt - nur sehr begrenzt greifen werden. Das Gesetz schützt seinem Wortlaut nach beispielsweise nur Täter einer Urheberrechtsverletzung und begünstigt diese mit einer Einschränkung des Gerichtsstandes, sodass Klagen gegen Täter möglicherweise nur an dem für ihren Wohnsitz zuständigen Gericht geführt werden können. Auch dies gilt aber nur eingeschränkt, da es Konzentrationszuständigkeiten in der überwiegenden Mehrzahl der Bundesländer gibt und für Störer gilt diese Regelung dem Wortlaut nach überhaupt nicht. Entsprechendes gilt für den Versuch der Deckelung der Anwaltskosten. Im Übrigen ist es naiv, anzunehmen, dass sich die Forderungsvolumina für Abmahnungen in Zukunft reduzieren würden. Denn regelmäßig werden mit diesen auch Folgekosten geltend gemacht, wie z.B. die Kosten von Auskunftsverfahren oder Schadensersatzbeträge für die Rechtsverletzung unmittelbar."

Zu den Folgen der möglichen Änderung gerichtlicher Zuständigkeiten führt Rechtsanwalt Nikolai Klute aus:
"Die Zersplitterung der gerichtlichen Zuständigkeiten kann darüber hinaus die gerichtliche Vergleichsbereitschaft der Rechteinhaber in streitigen Verfahren reduzieren, die Rechtsprechung wird uneinheitlich und die Rechtsunsicherheit wird erheblich zunehmen. Rechteinhaber sind wirtschaftlich in der Lage und gewillt, Verfahren durch die Instanzen zu tragen. Für Anschlussinhaber werden Urteile in zweiter Instanz oder in dritter Instanz aber derart teuer, dass sie mit erheblichen Prozessrisiken in ein Verfahren gehen, die die eigentliche Forderung um ein Vielfaches übersteigen. Dem vermeintlich schützenswerten Rechtsverletzer hat der Gesetzgeber mit diesem Gesetz keinen Gefallen getan und auch im übrigen wenig zum Rechtsfrieden beigetragen. Jeder, der eine Abmahnung wegen Filesharings erhält, sollte sich also auch künftig sehr gut überlegen, ob die Annahme eines darin enthaltenen Vergleichsangebotes wirtschaftlich nicht der sinnvollere Weg ist."

Als Alternative hätte sich der Hamburger Urheberrechtler eine größere Weitsicht des Gesetzgebers zur Befriedigung insgesamt gewünscht:
"Die Pauschalierung von Schadensersatzforderungen etwa (bspw. auf den Faktor 30 des durchschnittlichen Nettoverkaufspreises eines Werks zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung) als weiterer Anspruch neben der Erstattung von Anwaltskosten wäre ein richtiger Weg gewesen, weil sich dann jeder mit hinlänglicher Sicherheit darauf einstellen kann, was im Falle einer erstmaligen Rechtsverletzung drohen kann. Dem Gesetzgeber war eine solche Überlegung aber leider verstellt, weil bereits der mit einer demagogischen Überschrift versehene Gesetzentwurf aus dem - noch - liberal geführten Bundesjustizministerium den Blick für die eigentlichen Probleme des Filesharings in Deutschland vollkommen verstellt hat."
(.rka Rechtsanwälte: ra)

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