Bundeskartellamt gegen Hörgeräte-Oligopol
Bundeskartellamt mahnt Zusammenschlussvorhaben bei Hörgeräten ab - Phonak würde führende Rolle des Oligopols bei Grundlagentechnologien absichern
Oligopol: Der Erwerb von GN ReSound führt zur Entstehung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung von Siemens, Phonak und Oticon
(27.03.07) - Das Bundeskartellamt hat den Erwerb des Geschäftsbereichs "Hörgeräte" der GN Store Nord A/S, Ballerup, Dänemark, durch die Phonak Holding AG, Stäfa, Schweiz, abgemahnt. Die zu übernehmenden Gesellschaften sind als GN ReSound im Markt bekannt. Phonak ist neben Siemens und dem dänischen Unternehmen William Demant/Oticon einer der weltweit führenden Hörgerätehersteller.
Das Zusammenschlussvorhaben betrifft den deutschen Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Hörgeräten. Auf diesem Markt verfügen Siemens, Phonak und Oticon in Deutschland über einen gemeinsamen Marktanteil von über 80 Prozent. Die Marktanteilsabstände des Oligopols zu den nachfolgenden Wettbewerbern GN ReSound und Widex betragen jeweils über 70 Prozent. Deutschland ist gemessen am Umsatz nach den USA der zweitgrößte Hörgerätemarkt der Welt.
Nach den bisherigen Erkenntnissen des Bundeskartellamtes führt der Erwerb von GN ReSound zur Entstehung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung von Siemens, Phonak und Oticon (sog. "Oligopol"). Schon heute sind die Oligopolisten durch eine Reihe vertraglicher und teilweise gesellschaftsrechtlich abgesicherter Geschäftsbeziehungen miteinander verflochten. Insbesondere kommt es zu einem erheblichen Austausch von anwendungsspezifischen Technologien. Über den ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektrotechnikindustrie e.V, Frankfurt/Main) haben die Hörgerätehersteller ein umfassendes Marktinformationssystem installiert.
Ebenso begünstigen die stabilen Nachfrage- und Angebotsbedingungen, die nahezu flächendeckende Listung aller Oligopolisten bei den nachfragenden Hörgeräte-Akustikern sowie die Transparenz über den Zeitpunkt von Produktneueinführungen schon vor dem Zusammenschluss oligopolistisches Parallelverhalten. Gegen ein Oligopol spricht auch nicht, dass es im Markt in den vergangenen Jahren zu Marktanteilsveränderungen kam, da diese Veränderungen im Wesentlichen zu Lasten der Außenseiter geführt hatten.
Der schon jetzt abgeschwächte Wettbewerb im Oligopol wird nach derzeitiger Auffassung des Bundeskartellamtes nach dem Zusammenschluss nicht mehr wesentlich sein. Die Übernahme des Entwicklungspotentials von Phonak würde die führende Rolle des Oligopols bei Grundlagentechnologien absichern. Darüber hinaus würde die Einbindung des einzigen preisaktiven Wettbewerbers die noch am Markt verbliebenen Wettbewerbspotentiale beseitigen. Die ohnehin bestehende große Transparenz zwischen den Oligopolmitgliedern im Hinblick auf deren Preis- und Produktpolitik würde weiter erhöht. Das Oligopol könnte aktuellen und potentiellen Wettbewerb noch wirkungsvoller als vor dem Zusammenschluss abwehren, und damit eine gemeinsam marktbeherrschende Stellung begründen. Es wäre zu erwarten, dass die hohen Gewinne, die im Hörgerätemarkt erzielt werden, noch weiter ansteigen würden. Der Zusammenschluss würde nach derzeitiger Auffassung des Bundeskartellamtes daher zu Lasten eines funktionsfähigen Innovations- und Preiswettbewerbs und damit zu Lasten der Verbraucher gehen.
Die Verfahrensbeteiligten haben die Gelegenheit, zu der Abmahnung Stellung zu nehmen. Anschließend wird das Bundeskartellamt eine endgültige Entscheidung treffen. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Markt-Nachrichten
-
Massiver Datenschutzverstoß
Vierzehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen - darunter auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) - starteten, koordiniert von Liberties, die Kampagne #StopSpyingOnUs, indem sie gleichzeitig in neun EU-Ländern bei ihren nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden Beschwerden gegen illegale Verfahren der verhaltensorientierten Werbung einreichen. Zu den Ländern, die an der Kampagne teilnehmen, gehören Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Estland, Bulgarien, Ungarn, Slowenien und die Tschechische Republik. Dies ist die dritte Welle einer Kampagne, die 2018 begann. Die ersten Beschwerden wurden bei den britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht.
-
Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten
Seit drei Jahren ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen insgesamt drei Beschuldigte. Ab 18.02.2019 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von vier Immobilien in Schwalbach am Taunus, Nürnberg, Regensburg und Mühldorf am Inn im Gesamtwert von rund 40 Millionen Euro. Daneben wurde ein Konto bei einer Bank in Lettland mit einem erwarteten Guthaben in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, welches aus der Veräußerung einer weiteren Immobilie in Chemnitz herrührt. Zusätzlich wurde die vorläufige Sicherung von Kontoguthaben bei diversen Banken in Deutschland auf der Grundlage von Vermögensarresten in Höhe von ca. 6,7 Millionen Euro bei zwei beteiligten Immobiliengesellschaften in Deutschland veranlasst.
-
Korruption: Dunkelfeld weiterhin sehr groß
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2017 einen Rückgang der Korruptionsstraftaten registriert. Wie aus dem veröffentlichten Bundeslagebild Korruption hervorgeht, nahm die Zahl dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 4.894 ab. Damit wurde 2017 die niedrigste Anzahl von Korruptionsstraftaten seit fünf Jahren gemeldet. Das BKA führt diese Entwicklung unter anderem auf etablierte Compliance-Strukturen in Unternehmen und Behörden sowie auf die damit verbundene Sensibilisierung der Mitarbeiter zurück. Einen Grund zur Entwarnung liefern die Zahlen indes nicht: Nur ein Teil aller begangenen Korruptionsstraftaten wird polizeilich bekannt. Das Dunkelfeld wird weiterhin als sehr groß eingeschätzt.
-
Organisierte Kriminalität ist transnational
"Die Organisierte Kriminalität hat viele Gesichter und Betätigungsfelder. Damit ist und bleibt das Bedrohungs- und Schadenspotential, das von Organisierter Kriminalität ausgeht, unverändert hoch", so BKA-Präsident Holger Münch bei der heutigen Pressekonferenz im BKA-Wiesbaden zur Vorstellung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2017. Die Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren gegen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität liegt auf unverändert hohem Niveau: 2017 wurden 572 OK-Verfahren registriert (2016: 563). Rund 1/3 der OK-Gruppierungen ist im Bereich der Rauschgiftkriminalität (36,2 Prozent) aktiv. Damit ist und bleibt Drogenhandel das Hauptbetätigungsfeld von OK-Gruppierungen, gefolgt von Eigentumskriminalität (16,4 Prozent). An dritter Stelle findet sich Wirtschaftskriminalität (11,0 Prozent). Der polizeilich erfasste Schaden lag 2017 bei rund 210 Millionen Euro (2016: rund 1 Mrd. Euro).
-
Finanzermittlungen der Ermittlungsbehörden
Der FIU-Jahresbericht für das Jahr 2016 verzeichnet mit rund 40 Prozent die höchste Steigerungsrate an Geldwäscheverdachtsmeldungen innerhalb der letzten 15 Jahre. Insgesamt 40.690 (2015: 29.108) Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz wurden an die FIU übermittelt, der Großteil davon von den Kreditinstituten. Mit 38 Prozent (2015: 32 Prozent) sind die meisten Bezüge zum Deliktsbereich Betrug festgestellt worden. Darunter fallen zum Beispiel auch der Warenbetrug über das Internet und der CEO-Fraud. Durch die Erkenntnisse, die direkt aus den Verdachtsmeldungen gewonnen werden konnten und den anschließenden verfahrensunabhängigen Finanzermittlungen stellten die Ermittlungsbehörden insgesamt Vermögenswerte von rund 69, 8 Millionen Euro sicher. Das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr.