Microsoft jagt Software-Sünder


Schnüffelschlauch aus Redmond: Microsoft will mit ihrer "Genuine Software Initiative" gefälschte Software im Unternehmen aufspüren
Nach Ansicht von Microsoft weisen illegale Softwarekopien mehr Probleme auf als Original-Microsoft-Produkte

(13.03.07) - Microsoft will mit ihrer "Genuine Software Initiative" (GSI) gegen das ein großes Problem der Softwareindustrie vorgehen: Fälschungen und Raubkopien von Betriebssystemen und Anwendungen. Nach Angaben der Business Software Alliance (BSA) sind weltweit 35 Prozent der Software gefälscht. Jährlich entstehe durch illegale Software ein Schaden von 50 Milliarden Euro. Microsofts GSI-Programm soll Verbrauchern und Unternehmen dabei "helfen", legale Software zu verwenden, meint Microsoft – wobei es wohl eher umgekehrt lauten müsste: Die Verbraucher und Unternehmen sollen Microsoft dabei unterstützen, sich selbst als illegale Softwareanwender zu enttarnen.

Nach einer aktuellen Studie der Yankee Group bringt die Verwendung gefälschter Software vielfältige Risiken und Gefahren mit sich: Nicht nur Softwarehändler, sondern auch Privatverbraucher und Unternehmen leiden unter den Folgen der Verwendung gestohlener oder illegaler Software. "Wer gefälschte Software benutzt, riskiert bei Fehlfunktionen Netzwerkstörungen und Datenverluste", betont Microsoft in einer Presseerklärung, ohne allerdings anzudeuten, dass auch der rechtmäßige Einsatz ihrer Produkte schon genügend Probleme bringen kann. Illegale Software sei häufig nicht kompatibel mit rechtmäßigen Windows- und Office-Patches, -Fixes sowie -Updates. Microsoft verweist auf eine Untersuchung der Yankee Group sowie Anwenderbefragungen, die ergeben haben sollen, dass IT-Administratoren bei Schwierigkeiten mit illegaler Software 20 bis 30 Prozent mehr Zeit und Aufwand benötigen, um das Problem zu identifizieren und zu lösen.

Illegale Software - Ein Problem in vielen Unternehmen

Der Studie zufolge sei illegale Software in vielen Unternehmen ein Problem. 55 Prozent der Befragten hätten angegeben, dass es in ihren Firmen bereits Vorfälle mit raubkopierter oder gefälschter Software gegeben habe. Bei 15 Prozent der Arbeitnehmer wäre die Lage so ernst gewesen, dass sich Vertragsverhandlungen und Produkt-Upgrades verzögerten, da das Problem zunächst hätte adressiert werden müssen.

Angesichts der alarmierenden Ergebnisse der Yankee-Studie sei ein Eingreifen gegen illegale Software und deren Verbreitung notwendig. Darauf habe Microsoft mit ihrer Genuine Software Initiative reagiert:
"Mit dem GSI-Programm können Anwender rasch und unkompliziert feststellen, ob sie eine Original Version von Microsoft Windows oder Office verwenden. Die Prüfung erfolgt über einen Validierungsmechanismus auf den Web-Seiten für Windows Genuine Advantage (WGA) und Office Genuine Advantage (OGA)".

Ob sich Unternehmen nun freiwillig in die Hände der Microsoft-Inquisition begeben werden bzw. aus Compliance-Gründen überhaupt können, ist allerdings mehr als fraglich. In den USA ist die Microsoft-Initiative aufgrund des Spyware-Verdachts durchaus umstritten (mehr zum Thema hier).

Insgesamt ist schon sehr erstaunlich, dass Microsoft davon ausgeht, bei Anwendern ihrer "vermeintlichen" Produkte einen derart hohen Vertrauensvorschuss zu genießen, dass diese sich freiwillig einen Schnüffelschlauch direkt von Redmont in die eigene IT legen zu lassen.

Microsoft droht 900 Millionen Euro Bußgeld

Die Initiative von GSI-Microsoft fällt zeitlich zusammen mit einem Streit um die Erfüllung von EU-Sanktionen, die von einem gigantischen Bußgeld von bis zu 900 Millionen Euro begleitet werden. Die EU-Kommission hatte am 01.03.07 in Brüssel ein neues Verfahren gegen den Redmonder Monopolisten eröffnet. Dabei geht es um überhöhte Lizenzgebühren für Schnittstelleninformationen. Microsoft hat bis zum 28. März Zeit für eine Antwort.
Selbstverständlich wurden die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Branchenverband ECIS, in dem Unternehmen wie Adobe, Nokia, Oracle, RealNetworks oder Sun Microsystems vertreten sind, begrüßte naturgemäß den verstärkten Druck aus Brüssel: siehe http://www.e-c-i-s.org/news/2007_jan26.htm.

Der Hintergrund der EU-Initiative:
Schon seit Jahren wird darüber gestritten, wie Windows den Anwendungen anderer Hersteller geöffnet werden kann bzw. muss. Insbesondere geht es jetzt um Vista und Longhorn. (Microsoft: ra)

Unsere Frage zum Thema:
Lassen Sie sich freiwillig von Microsoft auf den Web-Seiten für Windows Genuine Advantage (WGA) und Office Genuine Advantage (OGA) überprüfen?
Schreiben Sie uns: umfrage@compliancemagazin.de



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