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Sicherungen der Betroffenenrechte


Datenschutzrechtliche Fragen der Dopingbekämpfung: Datenschutzbehörden fordern Nachbesserungen beim Anti-Doping-Gesetz
Der Gesetzgeber verweist bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Daten der Sportler lediglich auf ein "Dopingkontrollsystem": Die Ausgestaltung dieses Systems wird vollständig nichtstaatlichen Organisationen wie NADA und WADA überlassen

(29.06.15) - In einer ausführlichen gemeinsamen Stellungnahme begründen die Datenschutzaufsichtsbehörden von Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, weshalb sie den vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes in der vorliegenden Form als verfassungswidrig ansehen. Mit dem Gesetz soll erstmals auch eine gesetzliche Grundlage für die informationellen Maßnahmen bei der Durchführung von Doping-Kontrollen in Deutschland geschaffen werden.

Dies wird von den Datenschutzbehörden grundsätzlich begrüßt, da die bisher von den Sportlern eingeholten Einwilligungserklärungen mangels Freiwilligkeit unwirksam sind und keine Rechtsgrundlagen für die Aufenthaltsüberwachung, für die Entnahme insbesondere der Blut- und Urinproben und für eine Vielzahl von weiteren Datenverarbeitungsprozessen bestehen. Dies gilt auch für die Datenübermittlungen zwischen den Kontrolleuren, der Nationaler Anti-Doping-Agentur (NADA), einer privatrechtlichen Stiftung, der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), den Sportverbänden und -veranstaltern sowie den Justizbehörden.

In der Stellungnahme werden folgende Kritikpunkte aufgeführt:

>> Der Gesetzgeber verweist bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Daten der Sportler lediglich auf ein "Dopingkontrollsystem". Die Ausgestaltung dieses Systems wird vollständig nichtstaatlichen Organisationen wie NADA und WADA überlassen, so dass diese die Datenverarbeitung nahezu ohne gesetzliche Vorgaben steuern können.

>> Zwingend erforderliche Datenübermittlungen sind überhaupt nicht geregelt.

>> Eine strenge Zweckbindung der erhobenen Gesundheitsdaten und der vielen anderen sensiblen Daten ist nicht vorgesehen. Es fehlt an der verfassungsrechtlich geforderten Transparenz für die Betroffenen.

>> Es fehlen verfahrensrechtliche Sicherungen der Betroffenenrechte (Auskunft, Berichtigung, Sperrung, Löschung, Benachrichtigung, Widerspruch) insbesondere auch gegenüber NADA und WADA und beim globalen Datenaustausch.

>> Für die vorgesehene internationale Verarbeitung der sensiblen personenbezogenen Daten fehlen technisch-organisatorische Sicherungen.

Die Datenschutzbehörden erkennen die Notwendigkeit eines internationalen Doping-Kontrollsystems an. Doch muss dieses den rechtsstaatlichen Anforderungen genügen, welche in demokratischen und freiheitlichen Ländern wie Deutschland bestehen, und welche die Persönlichkeitsrechte, die Würde sowie die Intim- und Privatsphäre der Sportlerinnen und Sportler wahren. Sie schlagen gesetzliche Regelungen vor, die in allgemeiner Form die wesentlichen informationellen Eingriffe regeln. Deren Konkretisierung könnte durch strukturell vorzugebende Einrichtungen des Sports erfolgen, an denen die Sportlerinnen und Sportler angemessen beteiligt sein müssen.

Die Datenschutzbehörden weisen darauf hin, dass dem Staat gegenüber den Sportlern eine Schutzpflicht zukommt. Daraus ergibt sich für die Bundesregierung auch die Aufgabe, zumindest mittelfristig ein internationales Abkommen anzustreben, das auf globaler Ebene die wesentlichen datenschutzrechtlichen Fragen der Dopingbekämpfung rechtsstaatlich und unter Achtung der Privatsphäre der Betroffenen regelt. (ULD: ra)

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