Kampf gegen den internationalen Terrorismus


Bundesamt für Verfassungsschutz und IMSI-Catcher: Handy-Überwachung im vergangenen Jahr zehn Mal angeordnet
Von den zehn Anordnungen des Jahres 2006 sind dem Bericht zufolge zwölf Personen betroffen gewesen


(31.07.07) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat im vergangenen Jahr in zehn Fällen den Einsatz eines so genannten IMSI-Catchers angeordnet, mit dem der Standort sowie die Geräte- und Kartennummer von aktiv geschalteten Mobilfunkgeräten festgestellt werden können. Dies geht aus einer Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium über "Maßnahmen nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz" (16/5982) hervor. Mit dem Gesetz seien den Sicherheitsdiensten als Reaktion auf die Terroranschläge des 11. September 2001 in den USA neue Befugnisse übertragen worden, die in die Schutzbereiche des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingreifen, schreiben die Abgeordneten.

Dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst und dem Bundesnachrichtendienst stünden seither in unterschiedlichem Umfang Auskunftsrechte gegenüber Banken, Postdienstleistern, Luftfahrtunternehmen und Telekommunikationsunternehmen zu. Darüber hinaus seien sie berechtigt, den IMSI-Catcher einzusetzen. Von den zehn Anordnungen des Jahres 2006 sind dem Bericht zufolge zwölf Personen betroffen gewesen.

Wie daraus weiter hervorgeht, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz im genannten Zeitraum in sieben Fällen Auskünfte von Banken und Finanzdienstleistern sowie in 14 Fällen von Telekommunikationsunternehmen angefordert, von denen insgesamt 89 Personen betroffen gewesen seien. Das Auskunftsersuchen bei den Telekommunikationsunternehmen habe 71 Personen, das Auskunftsersuchen bei Banken und Finanzdienstleistern 18 Personen betroffen. Ferner seien auf der Ebene der Bundesländer neun Auskunftsersuchen angeordnet worden, von denen sich sieben an Banken und Finanzdienstleister und zwei an Telekommunikationsunternehmen richteten.

Im ersten Fall seien neun, im zweiten Fall zwei Personen betroffen gewesen. Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst hätten von diesen Möglichkeiten im vergangenen Jahr keinen Gebrauch gemacht. Nach Angaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums bildete die Ermittlung gegen ausländische extremistische und terroristische Vereinigungen wie schon in den vorangegangenen Jahren den Einsatzschwerpunkt. Trotz des hohen Gefährdungspotenzials dieser Gruppierungen seien die rechtlichen Befugnisse nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz "maßvoll genutzt" worden. Auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus seien die Freiheitsrechte nur in dem Maß eingeschränkt worden, wie es zur "Wahrung von Sicherheitsinteressen" unbedingt notwendig gewesen sei.

Mit der Änderung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes Anfang dieses Jahres sind den Angaben zufolge einzelne Auskunftsersuchen bei Banken, Luftfahrtunternehmen und Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen von einer besonderen Genehmigung durch das Parlamentarische Kontrollgremium ausgenommen worden, wenn sie nicht das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis betreffen. Die Parlamentarier in dem Gremium wollen nach eigener Aussage ihr besonderes Augenmerk künftig darauf legen, ob mit dieser "praxisorientierten Neustrukturierung einzelner Auskunftsbereiche" weiterhin eine ausreichende Kontrolle zum Schutz des einzelnen Bürgers gewährleistet ist.

Zusammenfassende Darstellung:
Am 11. Januar 2007 trat das Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 5. Januar 2007 (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz – TBEG, BGBl. I S. 2) in Kraft. Das Gesetz beruht auf einer umfassenden Überprüfung der Regelungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (TBG) vom 9. Januar 2002 (Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361). Den Sicherheitsdiensten waren seinerzeit in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA und die veränderte Bedrohungslage durch den international agierenden Terrorismus neue Befugnisse übertragen worden, die in die Schutzbereiche des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes [GG]) bzw. in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 GG) eingreifen.

Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem Bundesnachrichtendienst (BND) stehen seither – in teilweise unterschiedlichem Umfang – Auskunftsrechte gegenüber Banken, Postdienstleistern, Luftfahrtunternehmen und Telekommunikationsunternehmen sowie die Befugnis zum Einsatz des sog. IMSI-Catchers zu, mit dem der Standort sowie die Geräte- und Kartennummer aktiv geschalteter Mobilfunkgeräte festgestellt werden können. Mit dem TBEG werden die Auskunftsrechte der Nachrichtendienste sowie die Befugnis zum Einsatz des IMSI-Catchers im Kern fortgeführt. Hinsichtlich der Voraussetzungen und der Verfahren sind sie teils praxisorientiert neu gestaltet worden.

Die Auskunftsrechte des BND und des MAD sind mit dem TBEG an diejenigen des BfV weitgehend angeglichen worden. Das Verfahren nach Artikel 10 GG, das eine ministerielle Anordnung mit Zustimmung der G 10-Kommission des Deutschen Bundestages vorsah, wurde auf Eingriffe in den Schutzbereich des Artikel 10 GG beschränkt, wodurch Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen und Banken nicht mehr der Genehmigung der G 10-Kommission bedürfen.

Die Berichtspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu diesen Auskunftsersuchen bestehen aber weiterhin. Ferner wurden die Voraussetzungen für Auskünfte von Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen über Verbindungs- und Nutzungsdaten (nicht aber zu Inhalten der Kommunikation selbst) neu definiert. Die entsprechenden nachrichtendienstlichen Auskunftsrechte wurden darüber hinaus auf weitere Fälle mit Gewaltbezug erstreckt, wenn es sich um Bestrebungen handelt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben. Die Anwendung der durch das TBG und das TBEG geänderten Vorschriften des BVerfSchG, des BNDG und des MADG sind letztlich vor Ablauf des 10. Januar 2012 unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt wird, zu evaluieren.

Die Änderungen und Ergänzungen des TBG sind vom Parlamentarischen Kontrollgremium bereits in seinem letzten Bericht grundsätzlich befürwortet worden. Die im Jahr 2002 eingeführten erweiterten Befugnisse stellen einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar und haben sich nach überwiegender Auffassung des Gremiums in der Praxis bewährt. Andererseits bleibt es weiterhin zentrale Aufgabe aller beteiligten Stellen, sowohl der Dienste, der zuständigen Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes als auch der kontrollierenden Gremien, die Bedürfnisse jedes Einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung zu wahren. Das Parlamentarische Kontrollgremium hält es dabei für sachgerecht, dass die Anwendung der Vorschriften nach fünf Jahren einer erneuten Evaluierung zu unterziehen ist.

Die Beteiligung eines externen Sachverständigen stellt dabei eine geeignete und sinnvolle Maßnahme dar, die nicht zuletzt auch dazu beitragen kann, das Vertrauen in die Arbeit der Dienste zu stärken. Der vorliegende Bericht baut auf die bisherige Berichterstattung auf und setzt sie für das Jahr 2006 fort. Der BND, das BfV und der MAD haben vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006 wie in der Tabelle 1 von ihren Auskunftsrechten Gebrauch gemacht. Mit dem TBG haben die Dienste die Befugnis erhalten, den sog. IMSI-Catcher einzusetzen und damit Standort, Geräte- und Kartennummer von Mobiltelefonanschlüssen zu ermitteln.

Der IMSI-Catcher wurde im Jahr 2006 von den Diensten wie in Tabelle 2 dargestellt eingesetzt. Im Jahr 2006 wurden insgesamt zu 26 beendeten Auskunftsverfahren bzw. IMSI-Catcher-Einsätzen einstimmige Mitteilungsentscheidungen der G 10-Kommission getroffen. Die Verfahren umfassten insgesamt 48 betroffene Personen (Haupt- bzw. Nebenbetroffene). Davon wurde bei 41 betroffenen Personen eine Entscheidung über eine Mitteilung vorläufig zurückgestellt. In einem Fall hat die G 10-Kommission entschieden, endgültig nicht mitzuteilen. 6 betroffenen Personen wurde der Grundrechtseingriff mitgeteilt.

Auf der Ebene der Bundesländer wurde von den einzelnen Befugnissen ebenfalls zurückhaltend und verantwortungsvoll Gebrauch gemacht. Für das Jahr 2006 haben die Bundesländer insgesamt bisher 9 Anordnungen mit 11 Betroffenen gemeldet. Davon betrafen 7 Anordnungen mit 9 Betroffenen Auskünfte bei Banken und Finanzdienstleistungsinstituten und 2 Anordnungen mit 2 Betroffenen Auskünfte bei Telekommunikationsunternehmen. Für das Jahr 2006 ist aber noch zu berücksichtigen, dass noch insgesamt 8 Länderberichte ausstehen. Insgesamt liegen für die Jahre 2005 und 2006 auf Länderebene die in Tabelle 3 dargestellten Zahlen vor.

Die ausführliche Darstellung erhalten Sie hier als pdf-Datei

(Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen