Bundes-CIO: Denkprozess noch nicht abgeschlossen
Ungewohnte Angst vor Fehlern: Bei der Umsetzung des Konzepts "IT-Steuerung Bund" versuchen es Bundesinnenminister und Finanzminister ausnahmsweise einmal mit Nachdenken
Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung zum Thema "Bundes-CIO" noch nicht abgeschlossen
(04.01.08) – Zu dem im Rahmen des ersten IT-Gipfels der Bundesregierung im Dezember 2006 erstellten Konzept eines so genannten Bundes Chief Information Officer (Bundes-CIO) ist der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Das wird in der Antwort (16/7402) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/7225) mitgeteilt.
Vorbemerkung der Fragesteller
Im Rahmen des ersten IT-Gipfels der Bundesregierung im Dezember 2006 beauftragte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die Bundesminister des Innern und der Finanzen (Dr. Wolfgang Schäuble und Peer Steinbrück) mit der Erstellung eines Konzeptes für einen so genannten Bundes Chief Information Officer (Bundes-CIO). Die Bundesregierung beauftragte daher ein Gutachten, welches von BearingPoint und McKinsey erstellt wurde, zur "IT-Steuerung Bund/CIO-Konzept". Dieses liegt seit Juli 2007 vor und soll der Bundesregierung als Grundlage zur Erarbeitung eines IT-Konzepts unter Einbeziehung des "Bundes-CIO" dienen. Im Dezember 2007 soll der zweite IT-Gipfel zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Hannover stattfinden. Medienberichten zufolge sollen dort auch Ergebnisse der bisherigen Überlegungen zum "Bundes-CIO" vorgestellt werden. Die Zeitschrift "eGovernment Computing" hat in ihrer jüngsten Ausgabe 11-2007, Seite 3 unter dem Titel "Schafft sich die IT-Bruderschaft ein neues Grundgesetz?" ausführlich über die Überlegungen hinsichtlich eines Konzepts berichtet.
1. Wie ist der Stand der Konzeptentwicklung bezüglich eines "Bundes-CIO"?
Auf dem ersten nationalen IT-Gipfel der Bundeskanzlerin am 18. Dezember 2006 in Potsdam haben das Bundesministerium des Innern (BMI) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Auftrag erhalten, ein Konzept zur Verbesserung der IT-Steuerung des Bundes zu erarbeiten (CIO-Konzept):
"Erforderlich sind ein professionelles Management von Großprojekten, eine effektive Umsetzungsorganisation und ausreichende Ressourcen für die Projektsteuerung. Dazu gehört die Einrichtung von zentralen IT-Verantwortlichen in den Bundesministerien für deren gesamte Geschäftsbereiche. Die IT-Strategie und -Architektur der Bundesverwaltung soll stärker als bisher in der Bundesregierung gebündelt und koordiniert werden. Auf Bitte der Bundeskanzlerin erarbeitet dazu Bundesminister Dr. Schäuble mit Bundesminister Steinbrück ein Konzept."(Potsdamer Initiative für den IKT-Standort Deutschland/Abschlussdokument des IT-Gipfels der Bundesregierung am 18. Dezember 2006)
Das Bundesministerium des Innern beauftragte BearingPoint und McKinsey mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieses Gutachten wurde im Juli 2007 übergeben und im August 2007 den Bundesministern de Maizière, Dr. Schäuble und Steinbrück vorgestellt.
Anschließend haben das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium der Finanzen das Konzept IT-Steuerung Bund (CIO-Konzept) zur konkreten Umsetzung des Auftrages erarbeitetet. Es soll im Dezember 2007 fertig gestellt werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Eine Beantwortung der Fragen 2 bis 9, 11, 13 bis 15, 21, 26 bis 29, 31 bis 33 ist daher derzeit nicht möglich.
2. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung bei der Erstellung ihres Konzepts aus dem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten zur IT-Steuerung des Bundes von BearingPoint und McKinsey gezogen, und wie begründet sie diese?
3. Hat die Bundesregierung bereits Überlegungen oder Entscheidungen hinsichtlich der personellen Besetzung getroffen?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, wann werden diese Entscheidungen getroffen werden?
4. Kann die erforderliche Moderation zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei allen politisch-organisatorischen Herausforderungen sinnvoll durch ein "CIO"-Kollegium erreicht werden, wie dies aktuell geplant ist?
5. In welchem Ressort soll der "Bundes-CIO" angesiedelt sein, und wie be- gründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Entscheidung?
6. Welche Kompetenzen soll der "Bundes-CIO" erhalten, ist insbesondere ein eigenes Vortragsrecht gegenüber dem Bundeskabinett geplant?
7. Durch welchen Mitarbeiterstab oder welche Behörden in welchen Ressorts soll der "Bundes-CIO" wie in seiner Arbeit unterstützt werden?
8. Welchen Umfang hat der Stellenplan für den Mitarbeiterstab, und nach welchen Kriterien sollen die Stellen und der "Bundes-CIO" selbst besetzt beziehungsweise bestimmt werden?
9. Plant die Bundesregierung die Einrichtung von "CIO"s in allen Ressorts der Bundesregierung, und wenn ja, aus welchen Gründen?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
10. Welche Kenntnisse liegen ihr über entsprechende Planungen in den Ländern vor?
Der Bundesregierung ist durch Kontakte in den fachlich zuständigen Bund/ Länder-Koordinierungsgremien, durch informelle Gespräche und aus Presseveröffentlichungen bekannt, dass es in zahlreichen Ländern unterschiedliche Initiativen zur Verbesserung der jeweiligen IT-Steuerung gibt. Das Gutachten, das im Rahmen der Beantwortung der Frage 1 erwähnt wurde, hat die Steuerungsmodelle in Hessen und Rheinland-Pfalz genauer untersucht.
11. Wie sollen die CIOs der einzelnen Ressorts mit dem "Bundes-CIO" zusammenarbeiten, beziehungsweise welche Weisungsverhältnisse und Entscheidungskompetenzen soll es zwischen "Bundes-CIO" und "Ressort- CIO"s geben?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
12. Welche Kosten verursachte die Erstellung von Gutachten und Konzepten bisher, und aus welchen Mitteln genau wurden diese gedeckt?
Die Erstellung des Gutachtens von BearingPoint und McKinsey hat Kosten in Höhe von 497 420,01 Euro verursacht. Die Kosten wurden aus den Haushaltsmitteln Kapitel 06 02 Titel 532 09 finanziert. Weitere Sachkosten sind nicht entstanden.
13. Welche Bundes- und Landesministerien waren beziehungsweise werden inhaltlich an der Konzepterstellung beteiligt, und wie sollen diese Ressorts bei der Umsetzung des Konzeptes eingebunden werden?
14. Welche konkreten Ziele werden in dem Konzept verfolgt, und wie sollen diese erreicht werden?
15. Wie will die Bundesregierung den Ansatz, der im genannten Gutachten verfolgt wird, dass die "Kernaufgabe der CIO-Funktion mit der Formulierung der IT-Strategie auf Bundesebene auch deren Verzahnung mit den wesentlichen IT-relevanten politisch/strategischen Zielen des Bundes" sein soll, in ihrem Konzept umsetzen?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
16. Wie bewertet die Bundesregierung die in dem genannten Gutachten vertretene Aussage: "Die klassische Wirkungskette der öffentlichen Verwaltung verläuft nach dem Muster: 'Recht impliziert Verwaltungsaufgaben, Verwaltungsaufgaben implizieren eine Verwaltungsorganisation, Verwaltungsorganisation impliziert eingesetzte Technik‘. Der Einsatz moderner IT kann diese Wirkungskette umkehren" unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten?
Informationstechnik hat eine wichtige Bedeutung für das Funktionieren von Staat und Verwaltung sowie die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Es ist daher sinnvoll, die technischen Rahmenbedingungen mit ihren Möglichkeiten und Risiken schon frühzeitig, auch in Gesetzgebungsprozessen, zu berücksichtigen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dabei die klassischen Wirkungsketten nicht umgekehrt werden sollten.
17. Folgt aus dieser Auffassung nach Meinung der Bundesregierung, dass die Einsetzung eines "Bundes-CIO" Änderungen bestehender einfacher Ge- setze und des Grundgesetzes erforderlich macht, und wenn ja, welche?
18. Will die Bundesregierung – wie in dem genannten Gutachten angesprochen – ein IT-Gesetz vorlegen, und was soll dessen wesentlicher Inhalt sein?
Nein
19. Wurde oder wird bestimmten Unternehmen, Verbänden und Interessengemeinschaften die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Konzept be- ziehungsweise bereits zu dem genannten Gutachten gegeben, und wenn ja, wann?
Eine Beteiligung von Unternehmen, Verbänden und Interessengemeinschaften ist nicht erfolgt.
20. Von wem wurden oder werden diese Stellungnahmen angefordert, und welche Stellungnahmen sind mit welchen Erkenntnissen eingegangen?
Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen.
21. Welche Lehren werden bei der Konzeption des "Bundes-CIO" aus der Kritik des Bundesrechnungshofes (BRH-Bemerkungen 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, Seite 114-120) an mangelndem Nutzen und überhöhten Kosten des Projekts "BundOnline 2005" gezogen, und wie schlagen sich diese in dem "CIO"-Konzept nieder?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
22. Gibt es Überlegungen, dem für das Projekt "BundOnline 2005" verantwortlichen damaligen Projektleiter wie im Gutachten angedacht 60 bis 75 Prozent des IT-Budgets der gesamten Bundesverwaltung anzuvertrauen, und wenn ja, wie hoch wäre dieses Budget, und welche Kompetenzen würden dadurch übertragen?
Nein
23. Hält die Bundesregierung vor diesem Hintergrund eine pauschale Übertragung der Mittel für sinnvoll?
Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen.
24. Erfolgt – und wenn ja, wie regelmäßig – eine Abstimmung des Konzeptes mit den Bundesländern?
Das Konzept behandelt ausschließlich die Verbesserung der IT-Steuerung für den Bereich der Bundesregierung.
25. Erfolgt – und wenn ja, wie regelmäßig und mit welcher Bindungswirkung – eine Abstimmung des Konzepts mit den Kommunen beziehungsweise den kommunalen Spitzenverbänden?
Auf die Antwort zu Frage 24 wird verwiesen.
26. Wie beurteilt die Bundesregierung den im Gutachten enthaltenen Vorschlag, die Beschaffung von Informationstechnik im Bereich der Bundesregierung zentral in einer Großbehörde zu bündeln?
Welche Bundesbehörde soll dies aus welchen Gründen übernehmen?
27. Welche Auswirkungen insbesondere für die mittelständische IT-Industrie erwartet die Bundesregierung durch die Installierung eines "Bundes- CIO", und ist bei der geplanten Trennung von IT-Nachfrage und IT-Angebot überhaupt noch Platz für mittelständische Anbieter?
28. Welche Überlegungen hinsichtlich der Implementierung von IT-Projekten in der Bundesverwaltung hat die Bundesregierung im Zuge der Erarbeitung eines Konzepts für einen "Bundes-CIO" bereits angestellt, insbesondere im Hinblick auf die Vergabe von Projekten an die Wirtschaft?
29. Hält die Bundesregierung daran fest, dass Eigenrealisierungen der öffentlichen Verwaltung von IT-Projekten auch weiterhin die Ausnahme sein müssen?
Falls nein, warum nicht?
Falls ja, durch welche Maßnahmen stellt sie dies sicher?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
30. Wie bewertet die Bundesregierung die im genannten Gutachten geäußerte Auffassung, dass "eine zu starke Abhängigkeit von ausländischen IT-Lieferanten vermieden werden muss", und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus, insbesondere wie definiert die Bundesregierung "ausländische IT-Lieferanten" vor dem Hintergrund, dass die IT-Unternehmen heute vielfach global tätig sind?
Die Position der Bundesregierung ist im Jahr 2005 im vom Kabinett verabschiedeten Nationalen Plan zum Schutz der Informationsinfrastrukturen formuliert worden:
Es ist für die Sicherheit der deutschen Informationsgesellschaft und für den Industriestandort Deutschland unabdingbar, dass zur Gewährleistung vertraulicher Kommunikation innovative, vertrauenswürdige (Krypto-)Produkte verfügbar sind. Die Bundesregierung wird die Entwicklung und die deutschen Hersteller entsprechender Produkte nach Maßgabe des Kryptoeckwerte-Beschlusses aus dem Jahre 1999 fördern sowie die eigene Kommunikation umfassend verschlüsseln und sichern. Bei der Vergabe von Aufträgen im Bereich IT/IT-Sicherheit werden Bundesbehörden verstärkt nationale Sicherheitsinteressen und die Vertrauenswürdigkeit der Anbieter berücksichtigen.
31. Wie will die Bundesregierung das Ziel der Sicherstellung der Interoperabilität und der Technologieneutralität von eGovernment-Anwendungen in dem Konzept zur Einsetzung eines "Bundes-CIO" berücksichtigen?
32. Welche konkreten Schwerpunkte soll der "Bundes-CIO" vordringlich voranbringen?
33. Wie wurde die Kritik der deutschen IT-Industrie an der IT-Strategie des Bundesministerium des Innern (BMI) in den letzen Jahren (z. B. die Kritik des BITKOM [Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien] an den Technologievorgaben des SAGA- [Standards und Architekturen für eGovernment-Anwendungen] Konzepts) im "CIO"-Konzept berücksichtigt?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
(Deutsche Bundesregierung: ra)
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