Cum/Ex-Geschäfte der Dresdner Bank


Herbert Walter sagte aus, dass er von den Aktienleerverkäufen um den Dividendenstichtag, bei denen eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer zweimal erstattet wurde, nie etwas gewusst und auch in seinem Berufsleben nie damit zu tun gehabt habe
Erstmals habe er 2015 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) davon gehört, dass diese Geschäfte ein Thema bei der Dresdner Bank waren



Der 4. Untersuchungsausschuss des Bundestages (Cum/Ex) hat sich erneut mit den Cum/Ex-Geschäften der Dresdner Bank beschäftigt. Unter dem Vorsitz von Hans-Ulrich Krüger (SPD) befragte das Gremium in öffentlicher Sitzung unter anderem Herbert Walter, der von 2003 bis zur Übernahme durch die Commerzbank 2009 Vorstandsvorsitzender des Instituts war. 2015 war er Chef des Bankenrettungsfonds Soffin. Mittlerweile ist er als selbstständiger Berater tätig.

Walter sagte aus, dass er von den Aktienleerverkäufen um den Dividendenstichtag, bei denen eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer zweimal erstattet wurde, nie etwas gewusst und auch in seinem Berufsleben nie damit zu tun gehabt habe. Erstmals habe er 2015 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) davon gehört, dass diese Geschäfte ein Thema bei der Dresdner Bank waren. Während seiner Zeit bei dem Institut habe es keine Rolle gespielt. Zu Fragen, wie der Vorstand der Bank über Geschäfte informiert wurde, sagte Walter, es seien nur die Geschäftszahlen berichtet worden, Detailpositionen hätten keine Rolle gespielt. Bis 2015 habe er das Thema nur aus der Zeitung gekannt. "Ich wundere mich schon, dass es solche Geschäfte gab", sagte Walter und verwies auf die Governance-Regeln des Hauses. Wie das Thema komplett an ihm vorbeigehen konnte, sei ihm "fast schon ein Rätsel". Er hätte steuerhinterziehungsrelevante Sachverhalte unter keinen Umständen zugelassen.

Vertreter der Commerzbank hatten dem Cum/Ex-Ausschuss im November 2016 berichtet, dass ihr Haus im Ergebnis der freiwilligen Aufarbeitung festgestellt habe, entgegen ursprünglicher Annahmen in Einzelfällen in den Jahren 2004, 2005 und 2008 doch Cum/Ex-Geschäfte getätigt zu haben. Die Transaktionen hätten im Eigenhandel als Standardgeschäfte stattgefunden und seien nicht für Kunden aufgelegt worden. Das Gesamtvolumen bezifferte der Commerzbank-Vertreter auf bis zu 52 Millionen Euro. Weitere Details solle eine forensische Untersuchung erbringen, mit deren Abschluss Anfang 2018 gerechnet werde.

Nächster Zeuge war der ehemalige schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard. Der CDU-Politiker bekleidete das Amt von 2005 bis 2012 und saß bis 2009 auch im Aufsichtsrat der HSH Nordbank. Wiegard gab zu Protokoll, persönlich keine Erinnerung daran zu haben, dass das Problem der doppelten Steuererstattung für eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer während seiner Amtszeit eine Rolle gespielt habe. Erst 2013 sei ihm das Thema bekannt geworden. Aus den vorliegenden Akten sei bis 2012 kein akutes Problem erkennbar gewesen. Erst im Dezember 2013 sei er informiert worden, dass in der HSH Nordbank im Jahr 2008 Cum/Ex-Fälle aufgetreten sein könnten. Dieser Sachverhalt sei während seiner Amtszeit niemals angesprochen worden. Hätte er davon gewusst, hätte er "Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt", um dies aufzuklären.

Die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold (Grüne), hatte 2014 erklärt, dass die HSH Nordbank zu den Cum-Ex-Geschäften von sich aus reinen Tisch gemacht habe. Die Landesbank habe die Ergebnisse einer von ihr selbst beauftragten Untersuchung veröffentlicht und 127 Millionen Euro Steuern nachgezahlt. Sie soll von 2008 bis 2011 solche Geschäfte getätigt haben.

Auf der Zeugenliste stand des Weiteren Juliana Sophie Singer, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, die von ihrem Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte. Zur Begründung sagte sie, dass sie selbst Beschuldigte in einem Verfahren sei, bei dem es um Cum/Ex gehe. Darüber hinaus berate sie zu diesem Thema. Krüger brach daraufhin die Vernehmung ab, da sich Singer mit einer Aussage unter Umständen selbst belasten könnte. Im September vergangenen Jahres hatte der Ausschuss die Anwältin aufgefordert, mit Cum/Ex-Geschäften im Zusammenhang stehende mandatsbezogene Unterlagen sowie Gutachten und ähnliche Dokumente herauszugeben.

Erneut geladen hatte der Ausschuss die beiden Vertreter der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Thomas Wiesenbart und Ulf Johannemann, die allerdings nicht in der öffentlichen Sitzung auftraten. Krüger teilte zu Beginn mit, dass die beiden Anwälte zur Wahrung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses in geheimer Sitzung im Anschluss vernommen würden. Sie waren bereits im November 2016 vor dem Ausschuss erschienen. Damals hatte Krüger mitgeteilt, dass gegen die Kanzlei ein Durchsuchungsbeschluss beantragt worden sei. Hintergrund sei, dass die Kanzlei als externer rechtlicher Berater bei Cum/Ex-Geschäften eine Schlüsselrolle gespielt habe und nicht bereit sei, freiwillig Unterlagen herauszugeben. Wie aus dem Ausschuss verlautete, hat der Bundesgerichtshof noch nicht über den Antrag des Ausschusses entschieden.

Auf der Agenda des Gremiums stehen noch zwei öffentliche Sitzungen. Damit wird die Zeugenbefragung wie geplant Mitte Februar abgeschlossen sein. Am 13. und 16. Februar wollen sich die Abgeordneten erneut mit der Frage der politischen Verantwortung für die Cum/Ex-Geschäfte beschäftigen und dazu zunächst Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und zwei Staatssekretäre sowie auf der vorerst letzten öffentlichen Sitzung den amtierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) befragen.

Der im Februar vergangenen Jahres auf Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke eingesetzte Ausschuss soll unter anderem klären, ob und wenn ja, wann - rechtzeitig - geeignete Gegenmaßnahmen von Stellen des Bundes ergriffen wurden, ob diese ausreichten und wer gegebenenfalls jeweils die Verantwortung in diesem Zusammenhang trug. Bei den ab 2012 nicht mehr möglichen Cum/Ex-Geschäften soll Schätzungen zufolge ein Milliardenschaden entstanden sein. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Geschäfte illegal waren. Neben den Cum/Ex-Geschäften befasst sich der Ausschuss auch mit der sogenannten Cum/Cum-Praxis, da der Untersuchungsauftrag auch ähnliche Gestaltungen abdeckt.

Grünen-Obmann Gerhard Schick hatte vor der Sitzung erklärt, der Ausschuss sei mit zwei Themenbereichen "so gut wie fertig" - diese seien die Rolle der Wissenschaftler im Umfeld der Cum/Ex-Geschäfte und die Existenz von Netzwerken zu deren Abwicklung. Zu klären sei noch die politische Verantwortung und der Umgang mit den Cum/Cum-Geschäften. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 01.02.17
Home & Newsletterlauf: 02.03.17


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen