Debatte über Ungarns Mediengesetz
SPD-Kritik: Ungarn rutsche in eine "gelenkte Demokratie" ab
Union verwies auf das Urteil des ungarischen Verfassungsgerichts vom Dezember 2011, wonach Teile des Mediengesetzes verfassungswidrig seien
(07.02.12) - Der Europa-Ausschuss hat über das umstrittene ungarische Mediengesetz debattiert. Dabei lehnte die Koalitionsmehrheit der Fraktionen von CDU/CSU und FDP einen Antrag der Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis90/Die Grünen ab, wonach die Bundesregierung zu energischeren Schritten in Budapest aufgefordert wurde, die Pressefreiheit zu wahren und das Mediengesetz zurückzunehmen. Vertreter der Opposition warfen der Union vor, aus Rücksicht auf die Kollegen der regierenden konservativen Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán, mit denen man gemeinsam in der EVP-Fraktion im Europaparlament sitze, zum Mediengesetz zu schweigen.
Kritik übten Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei am neu eingerichteten ungarischen Medienbeirat, der die dortigen Medien stärker kontrollieren würde. Zudem habe ein Oppositionssender keine Lizenz mehr erhalten und Journalisten müssten nun ihre Quellen offenlegen, was gegen die Pressefreiheit gerichtet sei. Die SPD-Fraktion warf Orbán vor, unter seiner Regierung rutsche Ungarn in eine "gelenkte Demokratie" ab. Ungarn brauche wegen seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage 20 Milliarden Euro; diese könnten nur gewährt werden, wenn Budapest sich an die Grundwerte der Europäischen Union (EU) halte.
Vertreter der FDP-Fraktion warnten vor derartigen Verknüpfungen; dies könne sich negativ auf die innenpolitische Situation in Ungarn auswirken. Die Unionsfraktion verwies auf die demokratischen Wahlen in Ungarn, wenngleich die Zweidrittel-Mehrheit der Fidesz im Parlament "verantwortungsvoll" genutzt werden müsse. Die Union verwies auch auf das Urteil des ungarischen Verfassungsgerichts vom Dezember 2011, wonach Teile des Mediengesetzes verfassungswidrig seien. Die Regierung müsse darauf reagieren. Verwiesen wurde von der FDP-Fraktion wie der Opposition auch darauf, dass die Bundesregierung über den früheren Staatsminister Werner Hoyer (FDP) und den Menschenrechtsbeauftragten Markus Löning Kritik an Orbán geübt habe. Ungarn sieht sich derzeit einem Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission wegen Verstößen gegen EU-Vertragsrecht ausgesetzt.
In einer Unterrichtung informierte die Bundesregierung den Ausschuss zudem über den Stand der Verhandlungen über den angestrebten Fiskalpakt in der EU zur Haushaltsdisziplinierung der Staaten. Ein Vertreter des Außenministeriums sagte, der Fiskalpakt, der vom Europäischen Rat am 9. Dezember 2011 beschlossen wurde, sei "auf einem guten Weg" in der EU. Nur Großbritannien hatte sich verweigert. In zehn der 26 Staaten, die sich beteiligen wollen, gebe es allerdings Probleme, unter anderem, weil dort die Verfassung geändert werden müsse. Die Iren müssten zudem in einem Referendum darüber abstimmen. Offen sei noch Frage einer Kontrolle der Einhaltung der Finanzstabilität durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Bisher müssten Staaten andere EU-Staaten verklagen, wenn die Schuldenbremse nicht eingehalten werde. Auch die Kommission soll nach dem Willen der Bundesregierung das Recht dazu haben. Als Kompromiss zeichne sich ab, dass die EU-Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Schuldenbremse abgebe, aus dem dann eine Pflicht von Staaten erwachse, betreffende "Sünder" vor dem EuGH zu verklagen. (Deutscher Bundestag: ra)
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