Verweigerung von Informationen oder Dokumenten
Ombudsmann: Die meisten Beschwerden über die EU-Behörden kommen aus Deutschland und Spanien
In den meisten abgeschlossenen Untersuchungen ging es 2010 um mangelnde Transparenz in den EU-Behörden (33 Prozent)
(24.05.11) - Der Europäische Ombudsmann, P. Nikiforos Diamandouros, hat 2010 die meisten Beschwerden über die EU-Behörden von deutschen (375) und spanischen (349) Bürgern, Unternehmen, Nicht-Regierungsorganisationen und Verbänden erhalten. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl kam der größte Anteil an Beschwerden allerdings aus Luxemburg, Zypern und Belgien.
2010 erhielt der Ombudsmann insgesamt 2 667 Beschwerden, im Vergleich zu 3 098 im Jahre 2009. Die Anzahl der Beschwerden außerhalb seines Mandats verringerte sich um mehr als 400. Dies konnte dank des interaktiven Leitfadens auf der Website des Ombudsmannes erreicht werden. Der Leitfaden hilft Bürgern bei der Suche nach der richtigen Beschwerdestelle, auf regionaler, nationaler oder europäischer Ebene.
In mehr als 70 Prozent der Fälle konnte der Ombudsmann helfen, durch das Eröffnen einer Untersuchung, die Weiterleitung an die zuständige Behörde oder durch Rat, an wen sich Beschwerdeführer wenden können. Die Anzahl der eingeleiteten (335) und abgeschlossenen (326) Untersuchungen blieb 2010 im Vergleich zum Vorjahr stabil.
In den meisten abgeschlossenen Untersuchungen ging es 2010 um mangelnde Transparenz in den EU-Behörden (33 Prozent). Dazu gehört die Verweigerung von Informationen oder Dokumenten. Andere Fälle betrafen Probleme bei der Ausführung von Verträgen mit der EU oder Ausschreibungen, mangelnde Fairness, Machtmissbrauch oder Diskriminierung.
Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2010 erklärte Diamandouros in Brüssel: "Der EU-Verwaltung dabei zu helfen, offener, pro-aktiver und bürgerfreundlicher zu werden, um das Vertrauen der Bürger in den europäischen öffentlichen Dienst zu stärken, hat oberste Priorität für den Ombudsmann. Es gibt in dieser Hinsicht noch viel zu tun. Es freut mich jedoch, dass die betroffenen Institutionen 2010 in mehr als der Hälfte der abgeschlossenen Fälle eine einvernehmliche Lösung akzeptiert oder das Problem gelöst haben."
Der Ombudsmann machte 33 kritische Anmerkungen im Jahre 2010 (35 in 2009) und schickte einen Sonderbericht an das Europäische Parlament. Darin ging es um das Versäumnis der Kommission, in einem Fall betreffend den Zugang zu Dokumenten ernsthaft und nach Treu und Glauben mit ihm zusammenzuarbeiten (siehe Fall-Beispiele).
Die meisten Untersuchungen, die 2010 eröffnet wurden, betrafen die Europäische Kommission (65 Prozent), gefolgt vom Europäischen Amt für Personalauswahl (10 Prozent), dem Europäischen Parlament (7 Prozent) und dem Rat (2 Prozent). Alle EU-Agenturen zusammengefasst machten 10 Prozent der eröffneten Untersuchungen aus.
Der Überblick 2010 (in den 23 EU-Amtssprachen) und der vollständige Jahresbericht 2010 (auf Englisch) sind erhältlich unter: http://www.ombudsman.europa.eu/de/activities/annualreports.faces
Der Jahresbericht 2010 wird im Juli in allen 23 EU-Amtssprachen veröffentlicht. (Europäischer Ombutsmann: ra)
Auswahl von Fällen 2010
Sonderbericht über "Porsche-Briefe"
Der Ombudsmann hat einen Sonderbericht an das Europäische Parlament geschickt, in dem es um die Weigerung der Kommission ging, Briefe des Autoherstellers Porsche über den CO2-Ausstoß von Autos zu veröffentlichen. Der Bericht betraf das Versäumnis der Kommission, in diesem Fall ernsthaft und nach Treu und Glauben mit dem Ombudsmann zusammenzuarbeiten. Die Nicht-Regierungsorganisation Friends of the Earth Europe hatte 2007 den Zugang zu den Briefen beantragt und erhielt ihren vollständigen Inhalt erst im April 2011.
Mehr Transparenz in der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)
Die EMA in London akzeptierte zwei Empfehlungen des Ombudsmannes, Berichte über mögliche Nebenwirkungen eines Medikaments zur Behandlung von schwerer Akne und klinische Berichte und Testprotokolle für zwei Schlankheitsmittel freizugeben. Nach diesen Fällen verabschiedete die EMA neue Transparenz-Regeln, die einen breiteren Zugang zu ihren Dokumenten ermöglichen sollen. Einer der Beschwerdeführer war ein irischer Bürger, dessen Sohn nach Einnahme des Anti-Akne-Medikaments Selbstmord begangen hatte.
Ombudsmann löst Streit zwischen Kommission und deutschem Kultur-Verein
Der Ombudsmann hat der EU-Kommission geholfen, einen Zahlungsstreit mit einem deutschen Kultur-Verein zu lösen. Die Kommission weigerte sich zunächst, eine offene Rechnung über 6 000 EUR für eine Ausstellung über 28 europäische Regionen zu zahlen, mit der Begründung, sie sei nicht ordnungsgemäß über Budgetänderungen informiert worden. Die Kommission akzeptierte schließlich den Vorschlag des Ombudsmannes für eine einvernehmliche Lösung und stimmte der Zahlung von 6.000 EUR plus mehr als 1 500 EUR an Zinsen zu.
Kommission gibt Fehler bei Fischerei-Fangquoten für Kabeljau zu
Nach der Untersuchung der Beschwerde eines schottischen Fischerei-Verbandes durch den Ombudsmann, gab die Kommission einen Verwaltungsfehler bei Fischerei-Fangquoten für West-Schottland zu. Dieser Fehler führte zu einer 10 Prozentigen Verringerung der zugeteilten Fangtage für bestimmte Schiffs-Kategorien in West-Schottland. Der Ombudsmann lobte die Kommission für das Eingestehen des Fehlers.
EU-Mitgliedstaaten haben kein Veto gegen Freigabe von Kommissions-Dokumenten
In einem Fall über Dokumente zu dem Bau eines Industriehafens auf Teneriffa betonte der Ombudsmann, dass die spanischen Behörden, sofern sie die Kommission auffordern, von ihnen vorgelegte Dokumente nicht freizugeben, überzeugende Argumente dafür auf Grundlage der EU-Transparenzregeln vorlegen müssen. Der Ombudsmann lobte die Entscheidung der Kommission, ihre internen Dokumente an den Beschwerdeführer, das Europäische Umweltbüro, zu übermitteln. (Europäischer Ombutsmann: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>