Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Mehrere Kartelle in der Vergangenheit


Bundeskartellamt veröffentlicht Sektoruntersuchung Zement und Transportbeton
Die Sektoruntersuchung zeigt, dass die strukturellen Bedingungen in der Zement- und Transportbetonindustrie wettbewerbsdämpfend wirken und ein wettbewerbsarmes Parallelverhalten der Anbieter begünstigen

8. Januar 2025

Das Bundeskartellamt hat den Abschlussbericht seiner Sektoruntersuchung der Zement- und Transportbetonindustrie veröffentlicht. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die Zement- und Transportbetonindustrie hat eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. Sie erzielt in Deutschland jährlich Umsätze von mehr als fünf Milliarden Euro. In der Vergangenheit haben wir mehrere Kartelle aufgedeckt und mit Bußgeldern sanktioniert. Unsere Sektoruntersuchung zeigt, dass wir aber auch aktiv die strukturellen Bedingungen in diesem Markt verbessern müssen, um den Wettbewerb zu beleben. Wir werden uns mit dieser Branche daher weiterhin intensiv beschäftigen und beispielsweise kartellrechtlich bedenkliche Unternehmensverflechtungen prüfen und gegebenenfalls auflösen."

Die Sektoruntersuchung zeigt, dass die strukturellen Bedingungen in der Zement- und Transportbetonindustrie wettbewerbsdämpfend wirken und ein wettbewerbsarmes Parallelverhalten der Anbieter begünstigen. Hierzu zählen insbesondere die hohe Konzentration vieler Märkte auf wenige Anbieter, vielfältige Verflechtungen der Anbieter untereinander sowie die hohe Markttransparenz. Zudem handelt es sich um stabile Märkte mit homogenen Massengütern, in denen wettbewerbliche Vorstöße mittels innovativer Produkte kaum möglich sind.
Die im Rahmen der Untersuchung vorgenommene detaillierte Analyse lässt zudem erhebliche Preisdifferenzen von Regionalmarkt zu Regionalmarkt erkennen. Diese lassen sich nur zum Teil mit unterschiedlichen Produktionskosten erklären. Für einige der besonders hochpreisigen Regionen gilt, dass hier entweder nur wenige Unternehmen aktiv sind oder – insbesondere im Bereich Transportbeton – zahlreiche gesellschaftsrechtliche Verflechtungen zwischen den Anbietern existieren.

Derartige Verflechtungen können – auch wenn sie nicht der Fusionskontrolle unterlagen – dennoch kartellrechtswidrig sein. Seit Einleitung der Sektoruntersuchung Ende 2013 wurden bereits 24 kritisch zu bewertende Unternehmensverflechtungen durch die Industrie freiwillig aufgelöst. Es bestehen aber nach wie vor ca. 60 problematische Verflechtungen in Form von Gemeinschaftsunternehmen. Wie bereits zuvor in der Walzasphaltindustrie, beabsichtigt das Bundeskartellamt, diese zeitnah im Rahmen von Entflechtungsverfahren zu prüfen und gegebenenfalls aufzulösen.

Um den Unternehmen die Selbsteinschätzung über die Zulässigkeit anderer Kooperationsformen, wie insbesondere Liefergemeinschaften, zu erleichtern, erläutert der Abschlussbericht die maßgeblichen kartellrechtlichen Grundsätze und Maßstäbe. Diese wurden im Vorfeld auch mit dem Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie ausführlich erörtert.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte: "Es ist wichtig, dass nun an die Stelle der kritischen Gemeinschaftsunternehmen nicht Liefergemeinschaften treten, die den Wettbewerb auf ähnliche Weise eindämmen. Der Zweck von Liefergemeinschaften ist es, dass es auch kleinen Unternehmen, die alleine nicht in der Lage sind einen Auftrag zu übernehmen, möglich ist, sich an größeren Projekten zu beteiligen. Liefergemeinschaften dürfen hingegen nicht dazu genutzt werden, den Wettbewerb zwischen für sich leistungsfähigen Wettbewerbern auszuschalten."

Schließlich stehen Verhaltensweisen der Unternehmen im Fokus der Sektoruntersuchung, die die ohnehin ausgeprägte Transparenz auf dem Markt weiter intensivieren. Das Bundeskartellamt hat hier bereits in der Vergangenheit mehrere Initiativen zum Aufbau umfassender Marktinformationssysteme unterbunden. Nach den Ergebnissen der Sektoruntersuchung sind zumindest im der Zementindustrie sogenannte Preiserhöhungsrundschreiben verbreitet. Hierbei kündigen die Unternehmen pauschal gegenüber allen Kunden Preiserhöhungen an, eine Information, die im Regelfall auch bei den Wettbewerbern ankommt. Das Bundeskartellamt hat wettbewerbliche Bedenken bezüglich dieser Praxis und wird daher die betroffenen Unternehmen zeitnah über seine rechtliche Einschätzung informieren.

Zement – als Vorprodukt von Beton – und Transportbeton finden in den verschiedensten Bereichen der Bauwirtschaft Verwendung. Der Transport von Zement über weitere Strecken verursacht erhebliche Kosten und im Hinblick auf Transportbeton ist eine Lagerhaltung nicht möglich, weil der Beton innerhalb weniger Stunden erhärtet. Daher bestehen für beide Märkte bundesweit eine Vielzahl von regionalen Märkten, insbesondere für Transportbeton jeweils rund um die Standorte der einzelnen Produktionsanlagen.

Zu Sektoruntersuchungen im Allgemeinen:
Das Bundeskartellamt kann die Untersuchung eines bestimmten Wirtschaftszweiges durchführen, wenn besondere Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb im Inland möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist (sog. Sektoruntersuchung, § 32e GWB). Es handelt sich um eine Branchenuntersuchung, ausdrücklich aber nicht um ein Verfahren gegen bestimmte Unternehmen. Verfahren im Nachgang zu einer Sektoruntersuchung sind möglich, wenn sich ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen Wettbewerbsvorschriften ergeben sollte.
(Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 20.09.17
Home & Newsletterlauf: 11.09.17


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Marktgeschehen weiter aufmerksam verfolgen

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten indirekten Erwerb sämtlicher Anteile an der Sundwiger Messingwerk GmbH, Hemer, durch die KME SE, Osnabrück, nach intensiven Ermittlungen im Hauptprüfverfahren freigegeben.

  • Schüco darf sich an Stemeseder beteiligen

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb von 49 Prozent der Anteile an der GEST-Holding Gesellschaft m.b.H., Hof bei Salzburg, Österreich, (GEST) durch die Schüco International KG, Bielefeld, (Schüco) freigegeben.

  • Vermehrt so genannte Acqui-hires

    Das Bundeskartellamt hat geprüft, ob die bereits im März 2024 erfolgte Übernahme nahezu aller Mitarbeitenden der Inflection AI, Inc. (Inflection) durch Microsoft Corporation (Microsoft) der deutschen Fusionskontrolle unterliegt. Im Ergebnis war das nicht der Fall, weil das Zielunternehmen Inflection zum Zeitpunkt der Übernahme nur in geringem Ausmaß in Deutschland tätig war.

  • Payback-Daten von Globus maßgeblich

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme von vier großflächigen Lebensmitteleinzelhandel (LEH)-Standorten in Bedburg, Chemnitz, Essen und Wesel von der Globus Markthallen Holding GmbH & Co. KG (Globus) durch die Kaufland Dienstleistung GmbH & Co. KG (Kaufland) nach umfangreichen Marktermittlungen im Vorprüfverfahren freigegeben.

  • Keine Gefahr für den Wettbewerb

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Zusammenführung der Gesundheits- und Kosmetikunternehmen Merz Lifecare und WindStar im fusionskontrollrechtlichen Vorprüfverfahren freigegeben. Merz Lifecare ist ein indirektes Tochterunternehmen der Merz Holding GmbH & Co. KG, Frankfurt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen