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So hohe Bußgeldsumme verhängt wie noch nie


2014 war ein außergewöhnliches Jahr, da gleich drei sehr große Kartellverfahren in den Bereichen Bier, Wurst und Zucker abgeschlossen werden konnten
Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes 2013/2014 und Jahresbericht 2014 veröffentlicht

(22.07.15) - Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat den Tätigkeitsbericht seiner Behörde für die Jahre 2013/2014 vorgestellt. Zeitgleich veröffentlichte die Behörde die Broschüre "Jahresbericht 2014". Andreas Mundt sagte: "Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen beiden Jahren zahlreiche Kartellverfahren abschließen können und eine so hohe Bußgeldsumme verhängt wie noch nie. Auch in der Fusionskontrolle haben wir wichtige Entscheidungen getroffen und vereinzelt Fusionsvorhaben untersagt oder nur unter strengen Auflagen genehmigt. Wir sind uns bewusst, dass unser Handeln weitreichende Bedeutung für die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer hat. Wir machen uns die Entscheidungen daher nie leicht. Doch es ist wichtig, Kartellabsprachen und die unkontrollierte Marktmacht einzelner Unternehmen zu verhindern, da diese regelmäßig zulasten der Konsumenten gehen. Wettbewerbsschutz ist daher zugleich aktiver Verbraucherschutz."

Kartellverfolgung
In den vergangenen beiden Jahren hat das Bundeskartellamt in 20 verschiedenen Fällen insgesamt rund 1,36 Mrd. Euro Bußgelder gegen 137 Unternehmen und 133 Privatpersonen verhängt (2014: 1,12 Mrd. Euro und 2013: 244,5 Mio. Euro).

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte: "2014 war ein außergewöhnliches Jahr, da gleich drei sehr große Kartellverfahren in den Bereichen Bier, Wurst und Zucker abgeschlossen werden konnten. Eine wirksame Kartellverfolgung ist jedoch nur möglich, wenn die verhängten Bußgelder auch effektiv durchgesetzt werden können. Es muss sichergestellt sein, dass sich Unternehmen nicht durch geschickte Umstrukturierungen nachträglich ihrer Bußgeldhaftung entziehen können. Mehrere aktuelle Fälle zeigen, dass es immer noch Regelungslücken gibt, die dringend geschlossen werden müssen. Wir stehen diesbezüglich in engem Austausch mit der Bundesregierung."

Im ersten Halbjahr 2015 hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von rund 132 Mio. Euro u.a. gegen Hersteller von Fertiggaragen und Automobilzulieferer verhängt. Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt zuletzt einen Großteil seiner Kartellverfahren gegen Hersteller- und Handelsunternehmen wegen verbotener Ladenpreisbindung bei bekannten Markenprodukten aus den Warengruppen Süßwaren, Kaffee, Tiernahrung, Bier und Körperpflegeprodukte abgeschlossen. Die verbleibenden Verfahren gegen einige Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen in den Bereichen Süßwaren, Kaffee und Bier werden in den kommenden Monaten beendet.

Fusionskontrolle
Die Zahl der angemeldeten Fusionen bewegt sich seit einigen Jahren auf einem stabilen Niveau. Im Jahr 2013 wurden 1091 Vorhaben und im Jahr 2014 insgesamt 1188 Vorhaben kontrolliert. Eine vertiefte Prüfung, die sog. zweite Phase, wurde dabei in 40 Fällen vorgenommen. Zwei Vorhaben wurden untersagt, drei konnten nur unter Auflagen freigegeben werden.

Auch im Jahr 2015 wurde mit der geplanten Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka bereits ein Fusionsvorhaben untersagt. Bei der Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens konnte das Bundeskartellamt auch auf die Ergebnisse der Sektoruntersuchung "Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel" zurückgreifen, die im Jahr 2014 abgeschlossen wurde.

Andreas Mundt sagte: "Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Jahren seine ökonomische Expertise immer weiter ausgebaut, um auch in einer sich rasch wandelnden Wirtschaftswelt die ökonomische Lebenswirklichkeit richtig zu erfassen. Auch im Fall Edeka/Kaiser’s Tengelmann haben wir mehrere datenintensive Untersuchungen durchgeführt. Die Fusion hätte an zahlreichen Standorten zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs geführt. Da die beteiligten Unternehmen nicht bereit waren, auf unsere wettbewerblichen Bedenken einzugehen, mussten wir das Vorhaben untersagen."

Die Unternehmen haben nach der Untersagung durch das Bundeskartellamt einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt. In diesem Verfahren prüft der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, ob die Wettbewerbsbeschränkung in diesem Einzelfall von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen oder einem überragenden Interesse der Allgemeinheit aufgewogen wird.

Missbrauchsverfahren
Das Bundeskartellamt hat in den beiden vergangenen Jahren 79 Verfahren im Bereich der Missbrauchsaufsicht abgeschlossen. In jüngerer Vergangenheit wurde insbesondere eine Reihe von Missbrauchsverfahren gegen Wasserversorger geführt, in deren Folge die Wasserpreise erheblich gesenkt wurden. Im Verfahren gegen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) hat das Bundeskartellamt mit einer inzwischen rechtskräftigen Preissenkungsverfügung sowie einem Vergleichsvertrag von Mai 2014 dafür gesorgt, dass die Berliner Wasserkunden von 2012 bis 2018 um insgesamt rund 440 Millionen Euro entlastet werden.

Internetwirtschaft
In der täglichen Fallpraxis kommt den digitalen Märkten eine immer größere Bedeutung zu. Dabei spielten in den vergangenen beiden Jahren unter anderem die Rahmenbedingungen von Hotelbuchungsplattformen und die Internet-Vertriebsbedingungen von Markenherstellern eine herausgehobene Rolle.

Andreas Mundt sagte: "Das Internet ist in jüngerer Zeit verstärkt in den Fokus der kartellrechtlichen Diskussion gerückt. Das Bundeskartellamt hat bereits einige Fälle im Bereich von Online-Plattformen abgeschlossen, bei denen sich auch neue kartellrechtliche Fragen gestellt haben. Die Kompetenzen in diesem Bereich sollen weiter gestärkt werden. Das Bundeskartellamt hat daher eine Task Force eingerichtet, die sich mit den wettbewerblichen Bedingungen bei Online-Plattformen beschäftigt." (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

  • Kartellrechtliches Instrument des § 32f Abs. 3 GWB

    Das Bundeskartellamt macht im Bereich des Kraftstoffgroßhandels erstmals Gebrauch von dem 2023 in Kraft getretenen neuen Wettbewerbsinstrument (§ 32f Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB). Die Behörde hat ein Verfahren eingeleitet, um in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Kraftstoffgroßhandel eine erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs vorliegt. Sollte sich dies bestätigen, könnte das Bundeskartellamt zielgerichtete Maßnahmen erwägen, um diese Störungen abzustellen.

  • Langfristiger Liefer- und Kooperationsvertrag

    Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Harry-Brot GmbH freigegeben, die Großbäckerei Bergkirchen der Glockenbrot Bäckerei GmbH & Co. OHG zu übernehmen und mit der REWE-Gruppe zwei Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Der Brot- und Backwarenproduzent Glockenbrot ist bislang Teil der REWE-Gruppe.

  • Bedeutende Wettbewerber in allen Bereichen

    Das Bundeskartellamt hat den Einstieg der UniCredit S.p.A., Mailand (Italien), bei der Commerzbank AG, Frankfurt am Main, unter fusionsrechtlichen Gesichtspunkten freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Schon durch den angemeldeten Minderheitserwerb kommt es zu einer Stärkung der Marktposition der UniCredit im Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland. Wir haben uns deshalb die besonders betroffenen Finanzdienstleistungen intensiv angesehen. In allen Bereichen sind weitere bedeutende Wettbewerber tätig, weshalb das Vorhaben freizugeben war."

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