Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Der Bußgeldhaftung kann nicht entgangen werden


Trotz Umstrukturierung: OLG Düsseldorf bestätigt Geldbuße gegen Melitta
Gericht hat entschieden, dass sich das Unternehmen nicht durch eine Umstrukturierung der Haftung für den Kartellverstoß entziehen konnte

(26.02.14) - Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 10. Februar 2014 eine Geldbuße in Höhe von 55 Mio. Euro gegen die Melitta Europa GmbH & Co. KG verhängt und damit die Bußgeldentscheidung des Bundeskartellamtes vom 21. Dezember 2009 bestätigt. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand weniger der Tatvorwurf als vielmehr die Frage, ob Melitta für das verhängte Bußgeld haften müsse, da zwischenzeitlich Umstrukturierungen im Konzern vorgenommen wurden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir begrüßen dieses Urteil sehr. Das Kartell als solches stand hier kaum noch zur Debatte. Das Gericht hat entschieden, dass sich das Unternehmen nicht durch eine Umstrukturierung der Haftung für den Kartellverstoß entziehen konnte. Melitta ist nicht das erste Unternehmen, das versucht, bestehende Regelungslücken auszunutzen - es wird auch nicht das letzte sein. Die bisherigen Gesetzesänderungen sind noch nicht ausreichend. Hier ist noch immer der Gesetzgeber gefordert, für klare Verhältnisse zu sorgen."

Das Bundeskartellamt hatte im Jahre 2009 Geldbußen in Höhe von insgesamt 159,5 Mio. Euro gegen die Alois Dallmayr Kaffee oHG, die Melitta Kaffee GmbH und die Tchibo GmbH erlassen. Die Kraft Foods Deutschland GmbH war bußgeldfrei geblieben, da das Unternehmen als erstes einen Bonusantrag gestellt hatte.

Die Alois Dallmayr Kaffee oHG hatte den Bußgeldbescheid in der Folge akzeptiert (sog. Settlement), die Melitta Kaffee GmbH und die Tchibo GmbH hatten demgegenüber Einspruch eingelegt. Während die Tchibo GmbH ihren Einspruch im August 2013 zurückgenommen hatte, hatten die Gesellschafter der Melitta Kaffee GmbH das Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine ihrer Schwestergesellschaften, die Melitta Europa GmbH & Co. KG, verschmolzen. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass diese Umstrukturierung mit dem Ziel erfolgte, der Bußgeldhaftung zu entgehen.

Erst mit der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Jahre 2013 wurde eine Regelung zur Bußgeldhaftung des Rechtsnachfolgers eingeführt. Seitdem sind haftungsausschließende Maßnahmen zumindest erschwert. Die Umstrukturierungen bei Melitta erfolgten noch vor dieser Gesetzesänderung.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nunmehr entschieden, dass die Melitta Europa GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin gleichwohl für die gegen die Melitta Kaffee GmbH verhängte Geldbuße hafte, da zwischen der Melitta Kaffee GmbH und der Melitta Europa GmbH & Co. KG nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise von Identität auszugehen sei.

Das Oberlandesgericht bestätigte im Übrigen den Vorwurf, dass sich die vier betroffenen Kaffeeröster seit mindestens Anfang 2000 bis zur Durchsuchung der Unternehmen im Juli 2008 über Höhe, Umfang, Zeitpunkt der Bekanntgabe sowie das Inkrafttreten beabsichtigter Preiserhöhungen miteinander abgesprochen hätten. Dies gelte insbesondere für fünf Preiserhöhungen in der Zeit zwischen 2003 und 2008, von denen zumindest vier auch umgesetzt worden seien. Ziel sei es gewesen, das Preisgefüge der wichtigsten Röstkaffeeprodukte (Filterkaffee, zeitweise auch Ganze Bohne-Produkte, Espresso und Kaffeepads) bei den Endverkaufs- und Aktionspreisen ("Preisarchitektur") aufrechtzuerhalten.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig. Die Melitta Europa GmbH & Co. KG hat gegen das Urteil Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt. (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen