Entwurf für europäische Reform des Urheberrechts


EU-Entscheidung gegen Uploadfilter und EU-Leistungsschutzrecht ist wichtiges Signal für die Meinungsfreiheit im Netz
Der Entwurf für eine europäische Reform des Urheberrechts, der vom Europäischen Parlament abgelehnt wurde, hätte Plattformbetreiber dazu verpflichtet, vermeintliche Urheberrechtsverletzungen noch vor Veröffentlichung zu unterbinden



Das EU-Parlament im Plenum das Mandat für die Verhandlungen der umstrittenen Urheberrechtsreform mit dem Ministerrat abgelehnt. Oliver Süme, eco-Vorstandsvorsitzender begrüßt den Ausgang der Abstimmung: "Die EU hat heute die Chance genutzt, die offene und dezentrale Struktur des Internet zu bewahren. Das ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit im Netz und eine wichtige Absage an schädliche und destruktive Regelungen wie Uploadfilter und Leistungsschutzrecht."

Der Entwurf für eine europäische Reform des Urheberrechts, der vom Europäischen Parlament abgelehnt wurde, hätte Plattformbetreiber dazu verpflichtet, vermeintliche Urheberrechtsverletzungen noch vor Veröffentlichung zu unterbinden. Mit Uploadfiltern sollten Inhalte schon beim Hochladen überprüft und bei bloßem Verdacht auf einen Urheberrechtsverstoß direkt blockiert werden. Dies hätte einen massiven Eingriff in die technische Grundstruktur des Internets bedeutet und einen Paradigmenwechsel in der Haftung – weg vom Prinzip 'Notice And Action', hin zu einer Vorabkontrolle und Zensurinfrastruktur.

Bisher gilt das sogenannte Provider-Privileg der E-Commerce-Richtlinie: Dabei handelt es sich jedoch nicht – wie öfter fälschlich argumentiert wird – um einen Haftungsfreibrief, wenn Betreiber erst gegen illegale Inhalte vorgehen müssen, nachdem sie davon Kenntnis erlangt haben. Vielmehr verhindert es, dass Plattformen zur Privatjustiz gemacht werden. "Die Aushöhlung des Providerprivilegs wäre in seiner Konsequenz ein direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit aller", mahnt der Verband der Internetwirtschaft.

Zudem würde die Einführung eines europäischen Leistungsschutzrecht die Digitalisierung der Verlags- und Nachrichten-Branche erschweren, Innovation behindern und zum Wettbewerbsnachteil für den Investitionsstandort Europa werden. Dabei geht es weder um die Verbesserung der Finanzierung von Journalisten noch um mehr Qualitätsjournalismus. Das ist ein direkter Angriff auf die internationalen digitalen Großkonzerne, die Leidtragenden sind aber am Ende europäische Klein- und Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer sowie die Verbraucher, so eco.

"Was folgt wäre die langfristige Rechtsunsicherheit aller Akteure. Mit dem reformierten Urheberrecht würde die technikneutrale Struktur des Internet für immer fundamental verändert. Das ist eine tiefgreifende Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, wenn zukünftig Unternehmen und nicht Gerichte darüber entscheiden, was wir im Internet sehen, hören und lesen dürfen.", sagt Süme.

Hoffnung, dass breite Kritik gehört wird
Heftige Kritik an der Urheberrechtsreform kam nicht nur von Seiten der Internetwirtschaft: In einem Offenen Brief an den Europaabgeordneten Axel Voss warnten eco und mehr als 50 weitere Institutionen bereits am 24. April vor der Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechts für Verlage und Nachrichtenagenturen. Selbst der "Vater des Internets", Tim Berners-Lee, warnte davor, dass das Internet zu einem "Werkzeug der Überwachung und Kontrolle" würde. Kritische Stimmen kamen auch vermehrt aus der Politik - zuletzt formulierten auch Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) und der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek ihre Kritik offen. Gemeinsam unterschrieben sie am vergangenen Freitag zusammen mit Netzpolitikern von SPD und FDP einen offenen Brief an die deutschen Europaabgeordneten, in dem sie die Abgeordneten auffordern, gegen Leistungsschutzrecht und Uploadfilter zu stimmen.

Es bleibt zu hoffen, dass im Plenum eine sachliche und breite Diskussion stattfindet, die nicht alles neben großen Presseverlegern, Rechteinhabern, Facebook und Google ausblendet. Denn eine solche Diskussion wäre im Wettbewerbsrecht zu führen, nicht aber im Urheberrecht. (eco: ra)

eingetragen: 03.08.18
Newsletterlauf: 10.09.18.

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet)

    Ein breites Bündnis aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und deutscher Kreditwirtschaft setzt sich für die rasche Einführung einer europäischen digitalen Identität ein. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die unterzeichnenden Verbände, darunter Bitkom und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), klare politische Leitlinien sowie eine beschleunigte Umsetzung für die Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet). Eine Wallet ist eine virtuelle Brieftasche, in der verschiedene digitale Dokumente auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert werden können.

  • In den Diensten der Rechtsberufe

    Doctrine, Plattform für juristische KI, steigt in den deutschen Markt ein. Das französische Legaltech-Unternehmen bietet seine Lösungen nun auch deutschen Kanzleien, Unternehmen, Behörden und Gerichten an. Doctrine entwickelt KI-Werkzeuge, die auf der Grundlage verlässlicher juristischer Informationen bei der Recherche sowie dem Verfassen juristischer Schriftsätze unterstützen. In Deutschland kooperiert Doctrine dazu mit dejure.org, einer der vertrauenswürdigsten Quellen für juristische Informationen. Doctrine geht hierzu eine strategische Beteiligung an dejure.org ein.

  • Cloud-Souveränität beginnt in Europa

    Wer hat Zugriff auf unsere Daten - und wo sind diese gespeichert? Diese Fragen stellen sich aktuell immer mehr Unternehmen in Europa. Angesichts zunehmender Cyberrisiken und globaler Spannungen wächst das Bewusstsein für digitale Souveränität. Und das zu Recht: Besonders die Zusammenarbeit mit US-Cloud-Diensten führt für europäische Unternehmen immer wieder zu Herausforderungen - sowohl operativ, rechtlich als auch sicherheitstechnisch. Die Bedeutung des europäischen Datenstandorts für Resilienz, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ist daher wichtiger denn je. Das gilt gerade für das Vertragsmanagement. Denn hier kommen hochsensible Informationen ins Spiel.

  • Kernkapital geht insgesamt zurück

    Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Ergebnisse ihres regelmäßigen Stresstests veröffentlicht. Seit dem Frühjahr haben sich die Kreditinstitute der Simulation eines Basis- und eines pessimistischen Drei-Jahres-Szenarios mit einem schweren makroökonomischen Abschwung gestellt. Die Ergebnisse werden von der EZB zur Berechnung der individuellen aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung der Institute herangezogen. Der Stresstest hatte zuletzt 2023 stattgefunden.

  • Bitkom veröffentlicht Transparenzbericht

    Als erster großer Wirtschaftsverband hat Bitkom einen umfassenden Transparenzbericht veröffentlicht. Er enthält unter anderem detaillierte Angaben zur internen Organisation, Entscheidungsprozessen, Mitgliederstrukturen, Finanzen und Beschäftigten, Kommunikation und den politischen Aktivitäten. Mit dem Transparenzbericht geht Bitkom deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen