MiFID II-Repetitorium: MiFID-Umsetzung managelhaft
Erste MiFID-Umsetzungserfahrungen bei den etablierten Banken aus Kundensicht noch nicht zufriedenstellend
Nach Einführung der MiFID werden eine deutliche Marktbereinigung und Qualitätssteigerung im Bereich der unabhängigen Berater erwartet
(08.10.07) - Die EU-Richtlinie für Märkte in Finanzinstrumenten (Markets in Financial Instruments Directive - kurz MiFID) tritt am 1. November 2007 in Kraft. Ganz im Sinne des Verbraucherschutzes erhöht sich damit die Transparenz für den Kunden: Kern der MiFID ist die zwingende Vorschrift, dass Banken, Vermittler und Berater dem Kunden diejenigen Provisionen offen legen müssen, die sie beim Produktabschluss verdienen. Damit kann der Kunde die Interessenlage seines Anlageberaters besser beurteilen.
Doch wie konkret und unmissverständlich werden die Bankkunden nun tatsächlich informiert?
Endlich liegen erste Erfahrungen mit dem vor allem für die privaten Kunden noch sehr neuen Thema vor:
"Die Kunden einer etablierten Geschäftsbank haben kürzlich rund 190 Seiten 'Basisinformationen’ erhalten", erläutert Ulf Niklas, geschäftsführender Gesellschafter des Finanzplanungsbüros Niklas & Lehmann. "Das ist für den privaten Kunden schon allein vom Umfang her vollkommen unverdaulich. Die juristisch und technokratisch geprägten Ausführungen sind zudem für die meisten Kunden nur sehr schwer verständlich.
Aber vor allem sind die wirklich entscheidenden Informationen - nämlich wie viel die Bank am einzelnen Geschäft konkret verdient - nur als gemittelte Durchschnittswerte angegeben. Und natürlich kleingedruckt im Fließtext." Für die berühmten Details werde auf den Berater verwiesen. "Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass der Großteil der Kunden entweder aus Gründen der Unsicherheit oder Zurückhaltung den Berater aber gar nicht konkret befragt.", führt Stephanie Lehmann, ebenfalls geschäftsführende Gesellschafterin des Finanzplanungsbüros Niklas & Lehmann, aus.
Das Fazit für den Kunden sei mithin nicht sehr zufriedenstellend. "Bis zur erfolgreichen MiFID-Einführung ist es noch ein weiter Weg. Das Beispiel zeigt: Wenn der Kunde es nicht darauf ankommen lässt, besteht für die Bank eine gute Chance, dass über das Thema Provisionen gar nicht gesprochen wird. In diesem Fall haben die MiFID ihr Ziel klar verfehlt", erläutert Ulf Niklas.
Die praktisch erfolgreiche Umsetzung eines lobenswerten Verbraucherschutzgedankens sei eben schwierig. Es liege in der Hand der Kunden, mit klaren Fragen an den Bankberater auch klare Antworten zur Beurteilung der Interessenlage zu erzwingen. In der Branche hoffe man zudem darauf, dass in vielen Fällen die erforderliche Unterschrift auch ohne entsprechende Erläuterung der Provisionen aus Usus geleistet werde - und wo kein Kläger, da kein Richter.
"Es gibt schon heute eine andere Lösung - die Honorarberatung." führt Stephanie Lehmann aus. "Im Zuge der Umsetzung der MiFID rechnen wir Experten deshalb auch mit einer signifikanten Steigerung der Bereitschaft, für eine wirklich unabhängige Anlageberatung separat zu zahlen. Denn nur wer für seine Leistungen direkt vom Auftraggeber honoriert wird, kann tatsächlich die notwendige Unabhängigkeit bieten. Das ist entgegen der mehrheitlichen Vorstellung sogar häufig deutlich günstiger."
Ulf Niklas erläutert: "Verdeckte Provisionen unterliegen nicht dem Wettbewerb. Wie sollten sie auch? Der Kunde weiß ja nicht, was er zu Lasten seiner eigenen Performance zahlt." Prominente Beispiele hierfür seien geschlossene Beteiligungen, Lebensversicherungsfonds und Zertifikate, die der verkaufenden Bank Provisionen von bis zu 10 Prozent des Anlagebetrags bescherten.
"Im Gegensatz dazu kann der Kunde den Stundensatz für seine unabhängige Beratung sehr wohl vergleichen. Unangemessen hohe Stundensätze haben also von Anfang an keine Chance." Stephanie Lehmann ergänzt: "Unser eigener Ansatzpunkt geht sogar noch weiter: Wir realisieren für unsere Kunden einerseits bessere Renditen und sparen andererseits Kosten ein, so dass er unsere Bezahlung bequem aus einem Teil seiner resultierenden Mehrerträge schon im ersten Jahr decken kann."
Ulf Niklas führt aus: "Unabhängig davon rechnen wir durch die Einführung der MiFID aber auch im Bereich der unabhängigen Finanzdienstleister mit einer deutlichen Marktbereinigung. Grund dafür ist im Kern die neue Erlaubnispflicht gemäß §32 KWG, nach der unabhängige Vermögensberater zukünftig nur noch als von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassene Finanzdienstleistungsinstitute tätig sein dürfen.
Die hohen Anforderungen der BaFin einerseits und die nicht unerheblichen laufenden Aufsichtskosten andererseits werden eine deutliche Marktbereinigung bei den unabhängig agierenden Finanzdienstleistern bewirken."
Die einzig bestehende Alternative zur Erlaubnisbeantragung nach §32 KWG, das Aufgehen unter dem "Haftungsdach" eines großen Anbieters und damit ursprünglichen Konkurrenten, beschränke die eigene Unabhängigkeit und damit das entscheidende Argument für den Kunden im Ergebnis erheblich. Ulf Niklas erklärt: "Wer ein Haftungsdach anbietet, verlangt natürlich eine Gegenleistung dafür - so zum Beispiel das Offenlegen der eignen Kundenbeziehungen und die bevorzugte Aufnahme eigener Produkte in den Vertrieb."
"Für uns ist ein Haftungsdach deshalb keine echte Alternative," erläutert Stephanie Lehmann. Die Erlaubnis nach §32 KWG sei schon beantragt. "Dieser Mechanismus macht zugleich deutlich, weshalb im Rahmen der erwarteten Marktbereinigung auch die Qualität und Seriosität der freien Berater nochmals deutlich steigen wird: Nur die starken, hoch kompetenten unabhängigen Vermögensberater mit breiter und zufriedener Kundenbasis werden sich eine eigene Erlaubnis dauerhaft leisten können." Und das sei wiederum ganz im Sinne der MiFID - und des Finanzplanungsbüros. (Niklas & Lehmann: ra)
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