Sie sind hier: Home » Recht » Datenschutz und Compliance

Grundrecht auf Datenschutz obsolet?


DVD nennt neues Bundesdatenschutzgesetz einen Rückschritt
Die Beschränkung der Sanktionsmöglichkeiten der BfDI im Sicherheitsbereich auf "Beanstandungen" ohne rechtliche Konsequenz untergräbt die Effektivität der Datenschutzaufsicht



Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) bedauert, dass der Bundestag den Kabinettsentwurf eines Umsetzungsgesetzes zur Europäischen Datenschutz-Grundverordnung als "Bundesdatenschutzgesetz" ohne wesentliche Änderungen verabschieden möchte. Der nun dem Bundestag vorliegende Gesetzesvorschlag verkehrt europäische Regelungen in ihr Gegenteil und hätte einen massiven Rückfall Deutschlands im Bereich des Datenschutzes zur Folge. Er verstößt in einigen wesentlichen Punkten, etwa bei den Auskunfts- und Transparenzrechten der Betroffenen oder im Hinblick auf eine unabhängige Datenschutzkontrolle gegen das in Artikel 8 der Europäischen Grundrechte-Charta garantierte Grundrecht auf Datenschutz sowie gegen die europäischen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung. Hierauf hat die DVD schon in ihrer Stellungnahme vom 01.02.2017 hingewiesen, ohne dass die kritischen Aspekte aufgegriffen wurden.

Folgende Punkte sind aus Sicht der DVD verfassungs- und europarechtlich nicht akzeptabel:
* >> Die geplante Regelung zur Videoüberwachung normiert einen generellen Vorrang der öffentlichen Sicherheit vor Belangen des Datenschutzes.

* >> Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) soll entgegen der Transparenzverpflichtung der DSGVO weiterhin in einem Geheimverfahren benannt und ohne öffentliche Diskussion bestellt werden können.

* >> Die Beschränkung der Sanktionsmöglichkeiten der BfDI im Sicherheitsbereich auf "Beanstandungen" ohne rechtliche Konsequenz untergräbt die Effektivität der Datenschutzaufsicht.

* >> Die Regelungen zur Vertretung der Aufsichtsbehörden der Länder im Europäischen Datenschutzausschuss beeinträchtigen deren Unabhängigkeit.

* >> Die Kontrollbefugnisse der Datenschutzaufsicht im Bereich der Berufsgeheimnisse werden bis zur Wirkungslosigkeit eingeschränkt.

* >> Die vorgesehenen Beschränkungen des Auskunftsanspruchs, also der "Magna Charta des Datenschutzes", erlaubt es Datenverarbeitern, sich der Kontrolle durch die Betroffenen zu entziehen.

* >> Regelungsdefizite z. B. in den Bereichen der Beschäftigtendatenverarbeitung oder der Forschung werden nicht abgebaut.

Frank Spaeing, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD), sagte: "Der deutsche Gesetzgeber nimmt- wenn er diesem Gesetzesentwurf zustimmt - sehenden Auges hin, dass er vom Europäischen Gerichtshof korrigiert werden muss. Die Missachtung digitaler Grundrechte scheint dem deutschen Gesetzgeber nicht zu irritieren. Zugleich schafft er mit dem neuen Bundesdatenschutzgesetz, das seinem Namen und seinem Anspruch nicht gerecht wird, ein schlechtes Vorbild für andere Mitgliedstaaten."

Werner Hülsmann, stellvertretender Vorsitzender Der DVD, stellte fest: "Dass der CDU Grundrechte kein Herzensanliegen ist, stellt sie immer wieder unter Beweis. Dass aber auch der Koalitionspartner SPD bei diesem Datenschutzgesetz mitstimmt, macht die Initiative von deren Spitzenkandidaten Martin Schulz für eine digitale Grundrechtecharta in Europa offensichtlich unglaubwürdig."

Thilo Weichert, Mitglied des DVD-Vorstands, erklärte: "Deutschland verpasst mit dem Gesetz die Chance, im Bereich des Datenschutzes eine Führungsposition zu übernehmen und dadurch für den IT-Standort Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen sich datenschutzkonforme neue Geschäftsmodelle im Bereich der Digitalisierung entfalten können." (DVD: ra)

eingetragen: 28.05.17
Home & Newsletterlauf: 07.06.17

DVD: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Datenschutz und Compliance

  • Datenschutz versehentlich oder mutwillig ignoriert

    Dr. h. c. Marit Hansen, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Landesbeauftragte für Informationszugang Schleswig-Holstein, hat ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 vorgelegt. Viele Fälle aus der Praxis verdeutlichen, dass Datenschutz wirkt - und wo er manches Mal gefehlt hat. Licht und Schatten gab es auch im Bereich der Informationsfreiheit.

  • KI datenschutzkonform einsetzen

    Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) legt eine Orientierungshilfe mit datenschutz-rechtlichen Kriterien für die Auswahl und den datenschutzkonformen Einsatz von KI-Anwendungen vor.

  • Möglichkeit von Geldbußen gegenüber Behörden

    Die Bundesregierung hat im Februar 2024 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vorgelegt (BT-Drs. 20/10859). Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat zu relevanten Punkten des Gesetzentwurfs und zu weitergehendem Regelungsbedarf Stellung genommen.

  • Internet-Nutzer dürfen nicht geschröpft werden

    In einem weiteren offenen Brief wendete sich die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) gemeinsam mit zwölf Bürgerrechtsorganisationen am 07.03.2024 erneut an die Datenschutzaufsichtsbehörden in der Europäischen Union, um zu verhindern, dass eine datenschutzfreundliche Nutzung des Internets nur noch gegen Bezahlen hoher Gebühren möglich ist.

  • Einstieg in eine anlasslose Massenüberwachung

    Die Verhandlungen zum EU-Verordnungsentwurf zur Bekämpfung des sexuellen Online-Kindesmissbrauchs (CSA-Verordnung) sind in eine entscheidenden Phase. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) und der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) haben anlässlich dessen in einer Gemeinsamen Stellungnahme den EU-Gesetzgeber dazu aufgerufen, die wesentlichen Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments (EP) zu unterstützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen