Experten für Urheberrechtsreform


Ausschuss Digitale Agenda: Leistungsschutzrecht für Presseverleger muss abgeschafft werden
Bei einer Reform des Urheberrechts müssten die Belange der Urheber "ganz vorn" berücksichtigt werden

(22.12.14) - Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger muss abgeschafft werden. In dieser Forderung waren sich die zu einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss Digitale Agenda geladenen Experten einig. Gleichzeitig sprachen sie sich für eine Reformierung des Urheberrechts aus. Dabei ist es nach Ansicht der Mehrheit der Experten nicht sinnvoll, eine große Generalrevision anzustreben. Vielmehr sollte die Politik kleine Baustellen bearbeiten anhand einer Prioritätenliste, wie beispielsweise Professor Thomas Hoeren von der Universität Münster forderte. Als Beispiel benannte er die Filmförderung, die so ausgestaltet werden könnte, dass nur dann gefördert werde, wenn zugleich sichergestellt sei, dass ein festgelegter Teil auch bei den Urhebern ankommt.

Hoeren sagte vor den Abgeordneten weiter, das Urheberrecht sei "aus den Fugen geraten und nicht mehr handhabbar". Das habe zum einen damit zu tun, dass inzwischen "fast alles geschützt wird". Dazu kämen "weit überhöhte" Schutzdauern "bis 70 Jahre nach dem Tod". Das Urheberrecht müsse gesellschaftlich akzeptiert werden, sonst laufe es ins Leere, sagte Professor Axel Metzger von der Humboldt Universität Berlin. Die wesentlichen Fragen, so Metzger, würden zwar auf europäischer Ebene entschieden. Doch bei den durch Deutschland zu regelnden Fragen habe der Gesetzgeber in den letzten Jahren nicht gerade zu einer steigenden Akzeptanz beigetragen, befand er und verwies auf das Leistungsschutzrecht, welches "unausgegoren, kurzatmig und lobbygetrieben" sei.

Judith Steinbrecher, beim IT-Branchenverband als Bereichsleiterin Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht tätig, kritisierte, dass die Bundesregierung mit einer Evaluation des Gesetzes über die Leistungsschutzrechte für Presseverleger bis zum Schiedsgerichtsspruch des Patent- und Markenamtes Mitte nächsten Jahres warten wolle. "Das Gesetz richtet Tag für Tag Schaden an", sagte sie. Es führe zu einem Marktversagen, dessen Leidtragenden die Urheber ebenso wie die Verbraucher seien. Philipp Otto, Redaktionsleiter bei iRights.info sagte, das Leistungsschutzrecht sei "völliger Quatsch und nicht europarechtskonform".

Bei einer Reform des Urheberrechts, so Otto weiter, die ganz wichtig für dessen Legitimität sei, müssten die Belange der Urheber "ganz vorn" berücksichtigt werden. Sein Vorschlag sei, das "per se" 75 Prozent aus den Erlösen, die die Vertragspartner ausgehandelt hätten, an die Urheber fließen sollen. Aus Sicht von Professor Hoeren kein gangbarer Weg. Die 75 Prozent seien willkürlich gewählt und für allen Branchen im gleichen Maße nicht machbar. Auch eine von Professor Gerald Spindler von der Universität Göttingen ins Spiel gebrachte Abgabe auf Datenströme bewertet er kritisch. Es sei völlig unklar, wer das kassieren solle. Eine weitere Institution wie die GEZ wolle schließlich niemand.

Spindler begründete seinen Vorschlag unter anderen damit, dass sich die Geräteabgaben "im Großen und Ganzen" bewährt hätten, da eine "Austarierung der Interessen" dahinter stecke. Eine Abgabe über Datenströme würde die bewährte Regelung fortsetzen. Den Einwand, man wolle keine zweite GEZ ließ Spindler nicht gelten. Die existierenden Verwertungsgesellschaften könnten dies durchaus übernehmen, befand er. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen