Manipulation im Ministerium unbekannt
Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen, wie der Volkswagen-Konzern
Das Umweltbundesamt zweifelt unterdessen, dass bis zum Jahr 2030 allein mit technischen Maßnahmen die Stickoxid-Grenzwerte an hoch belasteten Straßen eingehalten werden können
Das Bundesumweltministerium hatte keine Kenntnis von illegalen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen, wie der Volkswagen-Konzern sie verwendet hat. Zwar habe man gewusst, dass die Motorsoftware erkennen könne, wenn sich ein Auto auf dem Rollenprüfstand befinde, sagte der Fachreferent Oliver Eberhardt, im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dies sei teilweise technisch sogar notwendig. "Der Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen war nicht bekannt", betonte der Experte für Abgasgesetzgebung im Ministerium.
Laut Eberhardt war im Ministerium die Sensibilität in der Abgasthematik gestiegen, nachdem bekannt geworden war, dass steuerlich geförderte Rußpartikelfilter nicht ausreichend funktionierten. Das Ministerium beauftragte daher das Umweltbundesamt Ende 2007, ein Konzept für eine Feldüberwachung, also Messungen von in Betrieb befindlichen Autos, zu erarbeiten. Das UBA erstellte ein weitgehendes Konzept. Dort war unter anderem davon die Rede, dass moderne Fahrzeugelektronik erkennen könne, ob sich ein Auto auf dem Rollenprüstand befinde, "so dass auf ein für die Abgas- und/oder Verbrauchsmessung optimiertes Motorenkennfeld umgeschaltet wird, das vom normalen Betrieb abweicht (sog. cycle-beating)". Die Passage wurde gestrichen, handschriftlich findet sich der Hinweis "Tretminen" in dem Ursprungskonzept.
Eberhardt erklärte, dieses sei über das geltende Regelwerk hinausgegangen und habe Notwendiges wie Wünschenswertes enthalten. Schließlich sollte das Konzept aber geeignet sein, in fruchtbare Gespräche mit dem Verkehrsministerium einzutreten. Dort habe man "eine gewisse Grundhaltung", die geltenden Regeln als Ausgangsbasis zu nehmen.
Das Umweltbundesamt zweifelt unterdessen, dass bis zum Jahr 2030 allein mit technischen Maßnahmen die Stickoxid-Grenzwerte an hoch belasteten Straßen eingehalten werden können. An 60 Prozent der Messstationen würden heute die Grenzwerte überschritten, sagte die Leiterin der UBA-Abteilung "Luft", Marion Wichmann-Fiebig, in ihrer Befragung durch den Ausschuss. Das Problem gebe es EU-weit. Zwar habe es seit 2010 einen leichten Rückgang der Emissionen gegeben. Sie gäben aber keinen Anlass zur Entspannung. Wichmann-Fiebig räumte ein, dass man im UBA zu optimistische Annahmen hatte, sowohl hinsichtlich der Senkung der Abgase als auch der Erneuerung der Fahrzeugflotte.
Seit 2007 sei deutlich gewesen, dass die realen Emissionen jene auf dem Prüfstand überschreiten. Im Umweltbundesamt ging man davon aus, dass die Hersteller alle legalen Mittel ausschöpfen, damit die Autos bei der Zulassung die Grenzwerte einhalten. "Das ist ein bisschen wie 1.000 legale Steuertricks", sagte die Abteilungsleiterin. Der Gedanke, dass illegale Einrichtungen genutzt wurden, sei ihr nicht gekommen. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 28.10.16
Home & Newsletterlauf: 08.11.16
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