Datenschutz als Wettbewerbsvorteil


Marktortprinzip beim Datenschutz elementar: Auf dem europäischen Markt agierende Unternehmen müssten sich an europäische Datenschutzvorschriften halten, auch wenn sie keine Niederlassung in der EU haben
Auch mit einem hohen Datenschutzniveau kann man wettbewerbsfähig sein

(19.03.15) - Ein hohes und europaweit einheitliches Datenschutzniveau kann auch für den Mittelstand sowie für Startup-Unternehmen ein Vorteil im internationalen Wettbewerb sei. Diese Ansicht vertrat die Mehrheit der am Mittwoch zu einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses Digitale Agenda geladenen Experten. Gleichzeitig waren sie der Meinung, dass der Datenschutz einer Weiterentwicklung von Big Data nicht im Wege stehe. Dazu müsse man bei der Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten vorankommen, hieß es.

Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), machte deutlich, dass es beim Datenschutz um den Schutz des Einzelnen vor Missbrauch seiner Daten gehe. "Ein hoher Datenschutz kann gerade in der digitalen Welt ein Vorteil sein", sagte Voßhoff. Dazu bedürfe es aber der Harmonisierung auf europäischer Ebene. Dem Marktortprinzip komme dabei eine "herausragende Bedeutung" zu. Dadurch werde geregelt, dass am europäischen Markt agierende Unternehmen sich an europäische Datenschutzvorschriften halten müssten, auch wenn sie keine Niederlassung in der EU haben. Voßhoff räumte ein, dass mit dem Datenschutz auch gewisse bürokratische Hürden verbunden seien. Ein Innovationshindernis stellt er ihrer Ansicht nach jedoch nicht dar.

Skeptischer zeigte sich Sascha Schubert vom Vorstand des Bundesverbandes Deutsche Startups. Die Kunden würden den Datenschutz nicht unbedingt als Vorteil sehen. Entscheiden würden sie sich im Zweifel nicht für das Produkt mit dem besten Datenschutz sondern für jenes mit den meisten Funktionen. "Ich kenne kein Startup, das mit dem Verweis auf den guten Datenschutz einen amerikanischen Startup-Konkurrenten geschlagen hat", sagte Schubert. Mit Blick auf den bürokratischen Aufwand gab er zu bedenken, dass Startups oft nur mit sehr kleinen Teams agieren würden, wodurch jede Art von Bürokratie zu einer Defokussierung vom eigentlichen Produkt führe. Schubert sprach sich für Erleichterungen beim Datenschutz für Startups aus.

Auch mit einem hohen Datenschutzniveau könne man wettbewerbsfähig sein, sagte hingegen Stephan Noller, Experte für Online-Werbung und Geschäftsführer von nugg.ad, einer Targeting-Plattform. Man müsse sich bewusst machen, dass es in der Zukunft zu einer Digitalisierung aller Lebensbereiche kommen werde, sagte er. Wenn es um Daten und um datengetriebene Anwendungen gehe, könne man davon sprechen, dass dies das "Operating System" der zukünftigen Gesellschaft wird - etwa bei medizinischen Anwendungen aber auch bei allen Arten von politischer Teilhabe. Mit Blick auf Big Data sprach Noller von einer sehr guten Referenz, die das deutsche Telemediengesetz biete. Dort werde Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, Daten ohne Einwilligung nutzen zu können, nachdem sie pseudonymisiert sind - also alle personenbezogenen Merkmale entfernt wurden.

Entscheidend für die Wirtschaft sei nicht so sehr, ob es einen strengen oder einen nicht so strengen Datenschutz gebe, sagte Hermann Weiß von Naturtrip.org. "Die Wirtschaft kann mit jeder Regelung umgehen, sie braucht aber Planungssicherheit", sagte er. Zugleich kritisierte Weiß, dass viele Daten von Behörden nicht freigegeben würden, obwohl sie nicht datenschutzrelevant seien. Das gelte etwa für Tankstellendaten, aus denen durchaus interessante Geschäftsmodelle entwickelt werden könnten. Sein Unternehmen, "das dem Nutzer mit einer innovativen Routing-Technologie Freizeit-Tipps präsentiert", werde faktisch an der weiteren Expansion gehindert, weil die Deutsche Bahn AG Fahrplandaten nicht deutschlandweit herausgebe. "An Google schon - an deutsche Startups aber nicht", kritisierte er.

Der entscheidende Unterschied für Startups zwischen dem Silicon Valley und Europa sei der, das in Kalifornien "Venture Capital vom Himmel regnet", sagte Dean Ceulic von posteo.de, einem Anbieter verschlüsselter E-Mail-Dienste, und sprach sich für verbesserte Bedingungen für Kapitalgeber aus. Mit Blick auf den Datenschutz forderte Ceulic zwischen personenbezogenen und sonstigen Daten zu unterscheiden. Öffentliche Daten, so Ceulic, müssten auch öffentlich nutzbar sein, "auch für Geschäftsmodelle". (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen