Zinszusatzreserve soll erhöht werden
Zinszusatzreserve für Lebensversicherer: Eine wachsende Zahl von Lebensversicherern lebt von der Substanz
Die in diesem Zusammenhang erforderliche Auflösung von stillen Reserven ist nach Ansicht der BaFin nur bis zu einem gewissen Grad akzeptabel
Ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld könnte sich mittel- bis langfristig auf die Fähigkeit von Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen auswirken, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen. Daher sei bereits 2011 die Zinszusatzreserve eingeführt worden, und 2014 seien weitere Maßnahmen erfolgt, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3353) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/2299). Die Zinszusatzreserve sei darauf ausgerichtet, Vermögen zu binden, um die garantierten Leistungen aus den Versicherungsvertrag abzusichern. Sie wirke damit einem Substanzverlust entgegen. Bei Fortführung des aktuellen Niedrigzinsumfelds solle die Zinszusatzreserve weiter in kleinen Schritten aufgebaut werden, heißt es in der Antwort weiter.
Vorbemerkung der Fragesteller
Lebensversicherer übernehmen zu Vertragsbeginn langfristige Garantien. 2011 hat der Gesetzgeber die Zinszusatzreserve mit der Intention geschaffen, diese Garantien auch angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen zu sichern. Die Zinszusatzreserve ist zu bilden, wenn der Referenzzins (gebildet aus den Euro-Zinsswaps der letzten zehn Jahre) den höchsten Rechnungszins (der Mindestzins, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen) im Bestand unterschreitet. Kumuliert lag die Höhe der Zinszusatzreserve 2017 bei rund 59,5 Mrd. Euro. (Bundestagsdrucksache 19/1514).
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 3. Mai 2018 ihren Jahresbericht 2017 vorgestellt. Im Hinblick auf die Lebensversicherer stellt die BaFin fest, dass eine wachsende Zahl von Lebensversicherern von der Substanz lebe. Diese könnten die erforderliche Dotierung der Deckungsrückstellung und damit auch der Zinszusatzreserve – die die Unternehmen gerade stärken soll – nicht mehr ohne weiteres aus den laufenden Kapitalerträgen bedienen. Die in diesem Zusammenhang erforderliche Auflösung von stillen Reserven ist nach Ansicht der BaFin nur bis zu einem gewissen Grad akzeptabel. Auch im Bereich der Pensionskassen hat der Rechnungszins eine wesentliche Bedeutung für die dauernde Erfüllbarkeit der zugesagten Leistungen.
Regelmäßig wird überprüft, ob die künftig erzielbare Nettoverzinsung mit hinreichender Sicherheit den Rechnungszins erreicht oder übersteigt. Übersteigt der Rechnungszins hingegen die erwarteten Erträge, kann im Hinblick auf das Altgeschäft eine Erhöhung der Deckungsrückstellung und im Hinblick auf das Neugeschäft eine Absenkung des Rechnungszinses erforderlich sein. Für aufsichtsbehördlich genehmigte Tarife der Pensionskassen gilt die Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) und insbesondere § 5 der DeckRV nicht.
Die genehmigungspflichtigen Tarife der Pensionskassen werden in Abstimmung mit der BaFin festgelegt, die eine dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gewährleisten sollen. Gleichwohl ist die Bildung einer Zinszusatzreserve nach der beschriebenen Methodik der DeckRV auch bei einer regulierten Pensionskasse bzw. bei aufsichtsbehördlich genehmigten Tarifen möglich. Im ihrem Jahresbericht 2017 konstatiert die BaFin, rund ein Drittel der bundesweit 137 Pensionskassen müssten aktuell wegen schlechter Ertragslage infolge des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes intensiv beaufsichtigt werden. Der Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsaufsicht bei der BaFin Dr. Frank Grund bewertet die Lage der Pensionskassen als "heute noch ernster als vor zwei Jahren".
Ohne zusätzliches Kapital werden einige Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Leistungen erbringen können. Zudem hält der Jahresbericht 2017 fest, dass die Ergebnisse des jüngsten EIOPA-Stresstests (EIOPA = Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) bestätigt haben, dass das niedrige Zinsniveau die Pensionskassen besonders belaste. Und dies obwohl die Pensionskassen laut BaFin frühzeitig Maßnahmen ergriffen haben, um ihre Risikotragfähigkeit zu erhalten. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat das Bundesministerium der Finanzen gebeten, "die Auswirkungen des Lebensversicherungsreformgesetzes zum Stichtag 1. Januar 2018 zu evaluieren und darüber im Laufe des Jahres 2018 zu berichten." Im Zuge der Evaluation soll auch überprüft werden, ob die Zinszusatzreserve anzupassen ist (Bundestagsdrucksachen 18/2016 und 18/13596). In der 7. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 25. April 2018 erklärte das Bundesministerium der Finanzen, für den Abschluss der Evaluation noch keinen konkreten Termin benennen zu können.
(Deutsche Bundestag: ra)
eingetragen: 03.08.18
Newsletterlauf: 30.08.18
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