Zugriff auf Daten von Internet-Providern


Direktzugriff von Sicherheitsbehörden auf Cloud-Daten in Europa und den USA
Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen soll ergänzt werden




Ein grenzüberschreitender "Direktzugriff" von Strafverfolgungsbehörden des ermittelnden Mitgliedstaates auf Daten von Internet-Providern, die innerhalb der Europäischen Union ihre Dienste anbieten, ist bisher nicht Gegenstand der Diskussion auf europäischer Ebene. Das schreibt die Deutsche Bundesregierung in der Antwort (19/3392) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2941). Die Abgeordneten wollten wissen, welche Haltung die Deutsche Bundesregierung zur Frage der Notwendigkeit eines Direktzugriffs europäischer Behörden auf Daten bei international tätigen Internetdienstleistern vertritt. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf den jüngst in den USA erlassenen "Clarifying Lawful Overseas Use of Data (CLOUD) Act" ("CLOUD Act").

Wie die Bundesregierung ausführt, wird derzeit im Kreis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über eine direkte Kooperation des ermittelnden Mitgliedstaates mit Providern, die innerhalb der Europäischen Union ihre Dienste anbieten, diskutiert. Bisher sei in den Legislativvorschlägen der Kommission vorgesehen, dass der ermittelnde Mitgliedstaat eine grenzüberschreitende Herausgabe- oder eine Sicherungsanordnung an den Provider sendet. Der Provider könne dann anhand von im Einzelnen bestimmten Kriterien prüfen, ob er der Anordnung nachkommt. Ist dies nicht der Fall, habe der ermittelnde Mitgliedstaat die Möglichkeit, den betroffenen Mitgliedstaat um Vollstreckung zu bitten. Einer grenzüberschreitenden Herausgabe von elektronischen Daten seien damit in jedem Fall noch Entscheidungen des Providers und gegebenenfalls auch des Vollstreckungsstaates vorgeschaltet. Die Vorschläge der Europäischen Kommission bedürften aus Sicht der Bundesregierung aber einiger Nachbesserungen, heißt es weiter in der Antwort.

Vorbemerkung der Fragesteller
Die Europäische Union plant die Erweiterung eines geplanten Rechtsaktes, um direkt auf Daten bei Internetdienstleistern zugreifen zu können. Dies würde auch für US-Firmen gelten. Hierzu soll die im April von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen (SWD(2018) 118 final und SWD(2018) 119 final) entsprechend ergänzt werden. Im Verordnungsentwurf hatte die Kommission mehrere Optionen vorgestellt und gegeneinander abgewogen.

Durchgesetzt hat sich schließlich ein Rechtshilfeverfahren für Inhaltsdaten, Verkehrsdaten und Bestandsdaten, an das die Firmen mit bestimmten Fristen gebunden sind. Ein Direktzugriff ("Option D") ging der Kommission zu weit. Die bulgarische Ratspräsidentschaft schreibt nun, dass ein solcher Direktzugriff sowie ein Abhören in Echtzeit ("real-time interception of data") in die Verordnung gehievt werden könnte. Die europäischen Ermittlerinnen und Ermittler müssten hierzu mit allen Werkzeugen ausgestattet werden, "die auch ihren US-Kollegen zur Verfügung stehen".

Die Minister aus Belgien, Portugal, Zypern, Frankreich, Griechenland, Italien und Estland hätten sich laut einem Medienbericht "deutlich dafür aus[gesprochen], Maßnahmen einzuführen, die das Abfangen von Kommunikationsdaten in Echtzeit ermöglichen" ("Zugriff auf Daten: EU-Justizminister uneins über Polizei- Befugnisse", euractiv.de vom 5. Juni 2018). Allerdings ist weiterhin unklar, wie mit Daten umgegangen werden soll, deren Speicherort oder Hoster unbekannt ist. Einem Papier der Kommission zufolge könnten dann "Möglichkeiten des Zugangs" genutzt werden, mit denen Behörden der Mitgliedstaaten bereits jetzt auf die betroffenen Server zugreifen und Daten "direkt von den Computersystemen" kopieren können.

Die US-Regierung wird nach Einschätzung der Fragestellerinnen und Fragesteller einem Direktzugriff auf ihrem Hoheitsgebiet jedoch nur zustimmen, wenn auch US-Behörden in der Europäischen Union eine solche Maßnahme zugestanden würde. Die geplante EU-Verordnung zu "elektronischen Beweismitteln" kann insofern als Antwort auf den jüngst in den USA erlassenen "Clarifying Lawful Overseas Use of Data (CLOUD) Act" ("CLOUD Act") verstanden werden, der dort niedergelassene Firmen zur Offenlegung von Bestands-, Verkehrsund Inhaltsdaten zwingt.

Der "CLOUD Act" enthält eine Klausel, wonach einzelne EU-Mitgliedstaaten mit der US-Regierung als "Partnerstaaten" ein Durchführungsabkommen schließen können. Die europäischen Behörden wären den US-Behörden dann in Bezug auf Anordnungen zur Herausgabe "elektronischer Beweismittel" gleichgestellt.

Anstatt eines Durchführungsabkommens für jeden einzelnen EU-Mitgliedstaat soll nun der Rat ein Gesamtabkommen mit der US-Regierung für die gesamte Europäische Union aushandeln. Vor zwei Wochen stand das Thema auf der Agenda des EU-US-Ministertreffens in Sofia. Am 4. Juni 2018 berieten darüber die EU-Justizminister in Luxemburg. Die Debatte zur grenzüberschreitenden Herausgabe "elektronischer Beweismittel" soll laut der bulgarischen Ratspräsidentschaft möglichst offen geführt werden, um in der Angelegenheit ein "klares Signal" für die Entschlossenheit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten auszusenden.
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 03.08.18
Newsletterlauf: 30.08.18



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen