Deutsche Bank und Nahrungsmittelspekulationen


Deutsche Bank unter Druck: Fraktionen fordern Begrenzung von Spekulationsgeschäften mit Nahrungsmitteln
Compliance auf dem Finanzmarkt: Beeinflussen Finanzwetten die realen Preise für Nahrungsmittel?

(05.04.13) - Entwicklungspolitiker aller Fraktionen drängen auf eine Beschränkung von Spekulationsgeschäften mit Nahrungsmitteln. Dies wurde im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei einem Gespräch mit dem Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und dem Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, Thilo Bode, deutlich.

Im Mittelpunkt der teils kontroversen Diskussion stand die Frage, ob zwischen Finanzgeschäften mit Agrarrohstoffen und kurzfristigen, starken Preisschwankungen auf den Märkten für Grundnahrungsmittel wie Weizen eine Kausalität besteht. Jürgen Fitschen betonte, dass seine Bank nach eingehender Prüfung zu dem Schluss komme, dass es kaum haltbare Belege für einen Zusammenhang dieser Geschäfte mit dem Hunger in der Welt gebe.

Thilo Bode hingegen bekräftigte, dass Finanzwetten die realen Preise für Nahrungsmittel beeinflussen würden. Bis zum Beweis des Gegenteils müsse die Deutsche Bank aus dem Geschäft mit Nahrungsmittelspekulationen aussteigen, forderte er. Bode führte aus, dass insbesondere kurzfristige Preisschocks zu Hunger und Mangelernährung in Entwicklungsländern führten. "Es gibt ein Menschenrecht auf Nahrung, aber keines auf Finanzwetten", sagte er und kritisierte, dass Kreditinstitute wie die Deutsche Bank Versuche einer Regulierung auf europäischer Ebene torpedieren würden.

Fitschen verwahrte sich gegen den Vorwurf, sein Haus betreibe ein Geschäft mit dem Hunger: Hunger und Mangelernährung hätten ihre Ursachen nicht in Finanzwetten, sondern unter anderem darin, dass Kleinbauern in Entwicklungsländern der Zugang zu Krediten fehle und der Import subventionierter Lebensmittel aus Industriestaaten ihnen die Lebensgrundlage entziehen würde. Fitschen betonte zudem, dass Spekulationen ein wichtiges Instrument für effiziente Märkte seien, etwa in der Absicherung von Ernterisiken durch Termingeschäfte. Kernproblem sei, das richtige Maß an Spekulation zu finden.

Eine Vertreterin der FDP-Fraktion sagte, unabhängig von der umstrittenen Frage der Kausalität könne die Deutsche Bank ein Zeichen setzen, indem sie sich aus dem Geschäft mit hochspekulativen Anlageprodukten auf Grundnahrungsmittel zurückziehe. Auch ein Vertreter der Unionsfraktion sprach von einer "ethischen Verpflichtung" des größten deutschen Finanzinstituts: Das Problem der Spekulationen sei, dass Investoren eben nicht bei Erfolgsernten kaufen würden und damit die Preise stabilisierten, sondern bei Missernten investieren – was die Preise genau dann zusätzlich in die Höhe treiben könne, wenn sich Grundnahrungsmittel ohnehin verknappen.

Die SPD-Fraktion betonte, dass selbst ein Teil der Studien der Deutschen Bank zum Thema zu dem Schluss gekommen seien, dass ein Zusammenhang zwischen Finanzanlagen und starken Preisschwankungen bestehe. Solange diese Kausalität nicht ausgeschlossen werden könne, müsse sich das Geldinstitut aus diesem Geschäft herausziehen. Ein Vertreter der Linken betonte, dass die starken kurzfristigen Preisschwankungen für Nahrungsmittel erst mit der Deregulierung der Finanzmärkte und der Öffnung der Rohstoffmärkte für Finanzanlagen massiv geworden seien. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass nicht jede Spekulation verwerflich sei: Es gehe darum, die Spreu vom Weizen zu trennen und mit einer starken Regulierung Exzesse auf den Märkten zu vermeiden. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen