Von Arbeitnehmer- zur Erwerbstätigenversicherung


Experten sehen Handlungsbedarf bei Altersvorsorge von "Soloselbstständigen"
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle bislang nicht gesicherten Erwerbstätigen ausdehnen

(06.05.08) - Der Antrag der Linksfraktion zur Umwandlung der gesetzlichen Rente von einer Arbeitnehmer- zu einer Erwerbstätigenversicherung (16/6440) stößt bei einigen Experten auf grundsätzliche Zustimmung. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag sagte der Leiter für Entwicklungsfragen in der Altervorsorge bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Reinhold Thiede, für eine solche Weiterentwicklung spreche der deutliche Anstieg der Zahl der Selbstständigen in den vergangenen Jahren.

Ohne eine entsprechende Anpassung des Alterssicherungssystems wäre insbesondere der Kreis der so genannten Soloselbstständigen einem relativ hohen Altersarmutsrisiko ausgesetzt. Ein Argument für eine Erwerbstätigenversicherung sei ferner, dass die Erwerbsbiographien immer unsteter würden: Immer mehr Menschen wechselten in ihrem Leben von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen in Phasen selbstständiger Beschäftigung.

Thiede plädierte - im Unterschied zur Linksfraktion - dafür, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle bislang nicht gesicherten Erwerbstätigen auszudehnen. Dagegen bestehe etwa für die in den Berufsständischen Versorgungswerken pflichtversicherten freien Berufe sowie für Beamte kein zusätzlicher Schutzbedarf. Ähnlich positionierte sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gab zu bedenken, dass bei einer Erwerbstätigenversicherung die zusätzlichen Beitragseinnahmen in den ersten Jahrzehnten für Leistungsausweitungen der jetzigen Rentner verwendet würden und "nicht dem Umstand Rechnung getragen wird, dass den zusätzlichen Beiträgen auch spätere Leistungsansprüche gegenüberstehen".

Die Forderung der Linksfraktion nach Rücknahme beschlossener Dämpfungsfaktoren, sowie ihre Anträge zur Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze (16/7038) und zur grundsätzlichen Überprüfung der Wirkungen der Riester-Rente (16/8495) stieß bei den Sachverständigen weitgehend auf Ablehnung. Thiede erläuterte, würde man alle Dämpfungsfaktoren streichen, würde das im Jahr 2030 zu einer Beitragssatzsteigerung von 3,2 Prozentpunkten führen. Damit liege der Beitragssatz im Jahr 2030 voraussichtlich bei 25,2 Prozent.

Keinen gesetzlichen Regelungsbedarf sah der BDA-Experte Gert Nachtigal bei der Anrechnung von Einkommen aus privater und betrieblicher Altersvorsorge. Diese sollten "weiter in voller Höhe auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden", betonte Nachtigal. Er führte aus, dass eine vollständige oder teilweise Nichtanrechnung, wie sie die FDP-Fraktion in einem Antrag zur attraktiveren Gestaltung privater Altersvorsorge für Geringverdiener vorschlägt (16/7177), das Nachrangigkeitsprinzip der Grundsicherung aufweiche.
(Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen