Digitalisierung der Hotelmeldepflicht


Das Bundesmeldegesetz (BMG, §§ 29, 30) sah bis zum Dritten Bürokratieentlastungsgesetz zwingend die Papierform beim Meldeverfahren der Hotelgäste vor
Mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz in der letzten Wahlperiode wurde zum 1. Januar 2020 der Weg frei gemacht für die Einführung des digitalen Hotelmeldescheins




Um eine Digitalisierung der Hotelmeldepflicht geht es in der Antwort der Bundesregierung (20/5242) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/5054). Wie die Bundesregierung darin ausführt, sollen nach dem Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode die analoge Meldepflicht bei touristischen Übernachtungen, wo möglich, im Bundesmeldegesetz abgeschafft werden und der Umgang mit Meldescheinen künftig komplett digital erfolgen. Dabei differenziert der Auftrag im Koalitionsvertrag laut Vorlage nicht danach, ob Personen aus privaten oder geschäftlichen Gründen in einer Beherbergungsstätte aufgenommen werden. Der Begriff "touristische Übernachtungen" sei in Abgrenzung zu einer Aufnahme von Gästen im privaten Lebensbereich zu verstehen.

Die Bundesregierung prüft den Angaben zufolge derzeit die Möglichkeiten für eine vollständige Digitalisierung der Hotelmeldepflicht. Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen, heißt es in der Antwort weiter.

Vorbemerkung der Fragesteller
Das Hotel- und Beherbergungsgewerbe ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland mit internationaler Strahlkraft. Laut dem Hotelverband Deutschland (IHA) e. V. ist die Branche mit rund 30.000 Betrieben vor allem mittelständisch aufgestellt. 70 Prozent erwirtschaften jährlich weniger als 500.000 Euro (siehe Stellungnahme des IHA vom 10. Oktober 2019 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Bürokratieentlastungsgesetz III – BEG III). Das Bundesmeldegesetz (BMG, §§ 29, 30) sah bis zum Dritten Bürokratieentlastungsgesetz zwingend die Papierform beim Meldeverfahren der Hotelgäste vor. Für vor allem kleine und mittelständische Betriebe bedeutet das eine enorme bürokratische Belastung, die bei rund 100 Mio. Euro jährlich liegt. Dem Anspruch der Gäste an eine moderne digitalisierte oder zumindest teildigitalisierte Infra- und Servicestruktur konnte die Branche aus Sicht der Fragesteller damit nicht gerecht werden. Spätestens seit der COVID-19-Pandemie ist klar, dass vermehrt digitale Lösungen nötig sind, um auch einen kontaktlosen Check-in zu ermöglichen.

Mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz in der letzten Wahlperiode wurde zum 1. Januar 2020 der Weg frei gemacht für die Einführung des digitalen Hotelmeldescheins. Für die bisher handschriftlich unterschriebenen Meldescheine wurden nun auch sichere digitale Lösungen ermöglicht. Diese sollten in Verbindung mit den Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie II zur "(s)tarken Kundenauthentifizierung" oder den elektronischen Funktionen des Personalausweises erfolgen. Zudem trat am 18. März 2021 eine "Experimentierklausel" in Kraft, auf Grundlage derer innovative Verfahren im Identitätsmanagement über zwei Jahre hinweg getestet werden können. Ein darauf beruhendes Pilotprojekt "Digitaler Hotel-Check-in" startete im Mai 2021 und ist im Rahmen des interministeriell angelegten Projektes "Digitale Identitäten" verortet.

Laut einem Bericht der Bundesregierung am 19. Januar 2022 im Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages wurde dieses Pilotprojekt mit rund 120 Hotels der Deutschen Hospitality, Lindner und Motel One zusammen mit den Unternehmen Lufthansa, Bosch, Deutsche Bahn und dem IT-Systemhaus der Bundeswehr, BWI, umgesetzt. Geschäftsreisende dieser Unternehmen konnten dazu eine auf Daten des Personalausweises basierende "Basis-ID" innerhalb der "ID-Wallet"-App vorlegen, um sich beim Check-in melderechtskonform zu identifizieren. Per QR-Code soll die digitale Authentifizierung an der Rezeption des Hotels ermöglicht werden.

Für die Umsetzung wiederum war eine Genehmigung durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) respektive des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nötig. Der Bericht konnte durch die pandemiebedingt stark eingeschränkte Geschäftstätigkeit nach Einschätzung der Fragesteller nur marginal Aussagen zum Erfolg des Projektes machen. Die Bundesregierung ging von einem hohen Skalierungspotenzial und von einem Einsparpotenzial von 2,10 Euro pro Check-in aus, was zu einer gesamtwirtschaftlichen Ersparnis von ca. 180 Mio. Euro führen sollte. Die ID-Wallet-App wurde aber im November 2021 u. a. wegen Sicherheitsbedenken wieder vom Markt genommen und seitdem einer Evaluierung unterzogen.

Bisher ist also die Umsetzung des digitalen Meldescheins mittels der digitalen Identität ("Self-Sovereign Identity – SSI") nach Auffassung der Fragesteller keinen Schritt weitergekommen. Im Koalitionsvertrag für die 20. Wahlperiode haben die regierungstragenden Parteien vielmehr die "Abschaffung der analogen Meldepflicht bei touristischen Übernachtungen" vereinbart. Es ist nach Ansicht der Fragesteller offen, ob damit der Umgang mit Meldescheinen künftig komplett digital erfolgen soll. Im Arbeitsprogramm der Bundesregierung "Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten" vom September 2022 wird mit keinem Wort eine Umsetzungsstrategie des digitalen Meldescheins aufgezeigt. Noch in der 19. Wahlperiode waren sich die damaligen Koalitionspartner einig, zweigleisig – digital und papierhaft – zu fahren, um vor allem kleinere Betriebe nicht zusätzlich zu belasten, sondern eine Wahlmöglichkeit zu eröffnen.

Die Branche selbst in Form des Hotelverbands Deutschland (IHA) wies bereits in einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 21. Oktober 2019 darauf hin, dass ein digitaler Meldeschein überaus wünschenswert und notwendig sei, weil die zwingend vorgeschriebene Papierform eine enorme bürokratische Belastung sei. Allerdings sei wichtig, dass neben der digitalen auch die analoge Form weiter beibehalten werde, um die Beherbergungsbetriebe nicht vor plötzliche große finanzielle Herausforderungen hinsichtlich der Anschaffung digitaler Systeme zu stellen. Darüber hinaus erfordert ein digitales Meldewesen nach Auffassung der Fragesteller auch eine entsprechende stabile digitale Netzstruktur, die bis heute nicht flächendeckend in Deutschland verfügbar ist – insbesondere im ländlichen Raum, der eine wichtige Säule im deutschen Tourismus darstellt.
(Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 25.01.23
Newsletterlauf: 30.03.23


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bürokratie auf Bundesebene

    Zum Stichtag 24. Mai 2024 sind auf Bundesebene 1.797 Gesetze mit 52.401 Einzelnormen sowie 2.866 Rechtsverordnungen mit 44.475 Einzelnormen gültig gewesen. Das führt die Bundesregierung in einer Antwort (20/11746) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/11510) zu "Maßnahmen zur Reduzierung von Bürokratie auf Bundesebene" aus. Bezogen auf die Zahl der Gesetze beziehungsweise Rechtsverordnungen ist das jeweils der Höchstwert seit 2010.

  • Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz

    Der Rechtsausschuss hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien" (20/11308) befasst. Das Echo der geladenen Expertinnen und Experten zum Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz fiel dabei sehr unterschiedlich aus.

  • Finanzierung des EEG-Kontos

    Um erneuerbare Energien zu fördern, werden Betreibern von Photovoltaik- und Windanlagen Preise garantiert. Der paradoxe Effekt in der gegenwärtigen Situation: Die Strompreise an der Börse sinken, was gut für den Verbraucher ist.

  • Bekämpfung von Finanzkriminalität

    Geldwäsche soll in Deutschland besser bekämpft werden. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (20/9648) zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG), das der Finanzausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke verabschiedet hat.

  • Innovative Ansätze in der Datenpolitik nötig

    Mit den Rahmenbedingungen für eine innovative Datenpolitik, also Datenaustausch und -nutzung sowie Datenschutz, hat sich der Digitalausschuss in einer öffentlichen Anhörung befasst. Die Sachverständigen bewerteten auch die nationalen Spielräume bei der Umsetzung des europäischen Data Acts, des Data Governance Acts aber auch der KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen