Stärkung der Integrität in der Wirtschaft


Folgen des Verbandssanktionengesetzes auf das Steuerrecht und Steuerstrafrecht
Ein Tax Compliance Management System kann nach § 3 Absatz 1 des Gesetzentwurfs entweder schon die Verbandsverantwortlichkeit und damit die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lassen




Um Folgen des Verbandssanktionengesetzes auf das Steuerrecht und Steuerstrafrecht geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/26830) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/26453). Wie sie darin unter anderem erklärt, sieht der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft nicht die Einführung eines Unternehmensstrafrechts vor. Die Kriminalstrafe, wie sie im Strafgesetzbuch vorgesehen sei, werde weiterhin nur gegen natürliche Personen verhängt. Dass gegen Unternehmen keine "Strafe" verhängt werde, heiße aber nicht, dass Straftaten nicht unter bestimmten Voraussetzungen zur Sanktionierung von Unternehmen führen können.

Die Sanktionsfähigkeit von Unternehmen sei in Gestalt der Verbandsgeldbuße schon seit vielen Jahrzehnten Teil des deutschen Rechts und international vorgegeben. Darauf baue der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft auf.

Weiter heißt es, mit der im Regierungsentwurf vorgesehenen Neuregelung könnten alle Straftaten, die aus einem Unternehmen heraus begangen werden, erfasst werden, sofern dabei gegen Pflichten, die das Unternehmen treffen, verstoßen oder das Unternehmen bereichert wird oder werden soll. Eine Differenzierung zwischen verschiedenen Straftaten würde zu einem Nebeneinander von Verbandssanktionengesetz, das für einzelne Straftaten gelten würde, und Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), das für sonstige Straftaten gelten würde, führen und mit unterschiedlichen Sanktionsregimen einhergehen, was aus Sicht der Bundesregierung nicht sinnvoll erscheine.

Vorbemerkung der Fragesteller
Mit dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft sollen den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen zur Verfügung gestellt, verbandsspezifische Zumessungskriterien geschaffen sowie ein Verbandssanktionenregister einführt werden. Dem Entwurf zufolge sollen gegen Unternehmen künftig sog. Verbandsgeldsanktionen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes verhängt werden können (vgl. Gesetzentwurf, Artikel 1 § 9). Die Strafbarkeit nach deutschem Recht ist auf natürliche Personen beschränkt; eine Strafbarkeit juristischer Personen ist dem deutschen Strafrecht unbekannt (vgl. Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Auflage, 1996, § 23 VII 1). Soweit eine Straftat in den Verantwortungsbereich einer juristischen Person fällt, ist nach aktueller Rechtslage nur die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) möglich. Der Gesetzesbegründung zufolge soll kein Unternehmensstrafrecht eingeführt, sondern lediglich die Sanktionierung von Verbänden auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden (Gesetzentwurf, S. 51).

Da eine Verbandstat nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzentwurfs auch eine Steuerstraftat i. S. d. § 369 der Abgabenordnung (AO) sein kann (Gesetzentwurf, S. 59), sind nach Ansicht der Fragesteller noch Fragen zu steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Folgen offen. Die Steuerstraftaten der §§ 370 bis 374 AO müssten klassische Verbandstaten darstellen, da die Verbände nach §§ 34, 35 AO die Steuersubjekte sind und Steuererklärungen im Namen des Verbandes abgegeben werden (ebd.). Aus diesem Grund dürfte das Verbandssanktionengesetz insbesondere im Steuer- und Steuerstrafrecht erhebliche Auswirkungen haben.

Ein Tax Compliance Management System (im Folgenden: TCMS) kann nach § 3 Absatz 1 des Gesetzentwurfs entweder schon die Verbandsverantwortlichkeit und damit die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lassen. Zudem kann es sich auf der Rechtsfolgenebene strafmildernd auswirken (vgl. Gesetzentwurf, Artikel 1 § 15 Absatz 1 Nummer 2). Ein solches Compliance Management System kann aber nach Ansicht der Fragesteller sehr kosten- und personalintensiv werden. Nach Ansicht der Bundessteuerberaterkammer ist ihre Anschaffung und Unterhaltung gerade für kleine und mittlere Unternehmen kaum zu bewältigen.
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 10.03.21
Newsletterlauf: 27.04.21



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen