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Konzerninteressen dürfen EU nicht dominieren


Attac Deutschland mit einer europaweiten Kampagne: "Nehmen Sie Ihre EU-Kandidaten in die Pflicht!"
Als erster Schritt sei eine verpflichtende Registrierung und Berichtspflicht für Lobbyisten notwendig


(06.05.09) - Eine jetzt gestartete europaweite Kampagne fordert von den Kandidaten für die EU-Wahlen, öffentlich ihre Unterstützung für eine Europäische Union zu erklären, welche die Interessen der Menschen über Profitinteressen stellt: "Nehmen Sie Ihre EU-Kandidaten in die Pflicht!" Die Kandidaten sollen dabei öffentlich das Versprechen abgeben, sie sich in Zukunft für folgende Maßnahmen einzusetzen: die verpflichtende Registrierung und Berichtspflicht für Lobbyisten; strenge gesetzliche Regeln für die Verantwortung von Konzernen; eine EU-Handelspolitik, die Gerechtigkeit über Konzerninteressen stellt, sowie eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, die Steuerflucht und Korruption verhindert.

Auf der mehrsprachigen Webseite von electioncampaign.eu können Wähler aus ganz Europa die Antworten der einzelnen Kandidaten überprüfen und die Vertretung ihrer Interessen einfordern. Die Kampagne wird von mehr als 400 europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt.

"Das EU-Parlament hat in der Vergangenheit zu oft für die Interessen der Konzerne und gegen jene von Mensch und Natur gestimmt", sagt Paul de Clerck von Friends of the Earth Europe. "Diese Wahlen sind eine große Gelegenheit, für die zukünftigen Parlamentariern, die Demokratie und die Interessen der Allgemeinheit wieder ins Zentrum zu rücken."

"Gegenwärtig beeinflussen 15.000 Lobbyisten in Brüssel die Entscheidungen der EU. Die überwältigende Mehrheit davon handelt im Auftrag großer Konzerne und hat privilegierten Zugang zu den EU-Institutionen", sagt Erik Wesselius von Alter-EU. "Die EU-Bürger müssen wissen, wer die EU-Politik wie beeinflusst. Deshalb ist als erster Schritt eine verpflichtende Registrierung und Berichtspflicht für Lobbyisten notwendig."

"Die Finanzkrise wurde durch politische Entscheidungen heraufbeschworen, welche die Freiheit der Finanzmärkte höher bewertet haben als soziale und ökologische Gerechtigkeit. Das Europäische Parlament muss daher eine effektive Regulierung der Finanzmärkte im öffentlichen Interesse einfordern. Dazu gehören das Ende aller Steueroasen sowie Gesetze, die Steuerflucht, Intransparenz und Korruption im Finanzsektor verhindern", fordert Alexandra Strickner vom europäischen Attac-Netzwerk.

"Das nächste Europäische Parlament muss dafür sorgen, dass europäische Konzerne für die von ihnen verursachten sozialen und ökologischen Auswirkungen gesetzlich zur Verantwortung gezogen werden können. Freiwillige Regelungen sind keine Lösung. Verpflichtende Regeln müssen daher die Unzahl von lediglich freiwilligen CSR-Initiativen ergänzen", sagt Ruth Casals von ECCJ, European Coalition for Corporate Justice.

"Die Mitglieder des Europäischen Parlaments müssen sich für eine EU-Handelspolitik einsetzen, die soziale und ökologische Gerechtigkeit über Konzerninteressen stellt. Die Abkommen, die derzeit verhandelt werden garantieren den Konzernen hohe Gewinne auf Kosten von Mensch und Umwelt im globalen Süden so wie in Europa", erklärt Amélie Canonne vom Seattle to Brussels network (S2B).

Vier europaweite Netzwerke (*), die mehr als 400 zivilgesellschaftliche Organisationen, "NGOs" und soziale Bewegungen repräsentieren, starten daher heute gemeinsam die Kampagne: "Nehmen Sie Ihre EU-Kandidaten in die Pflicht!" Die Themenfelder der Kampagne repräsentieren die politischen Forderungen dieser Netzwerke.

(*) Allianz für Lobbying-Transparenz und Ethik-Regeln (Alter-EU) Europäisches Attac-Netzwerk Seattle to Brussels Netzwerk (S2B) European Coalition for Corporate Justice (ECCJ). Friends of the Earth Europe ist Mitglied in drei dieser Netzwerke. (Friends of the Earth Europe: ra)


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Meldungen: Politik und Parteien

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    Die Bundesregierung will die Demokratie in Deutschland durch mehr Transparenz stärken. Darauf verweist sie in ihrer Antwort (20/3351)auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/3193). Im Koalitionsvertrag sei unter anderem vereinbart, Parteiensponsoring ab einer Bagatellgrenze veröffentlichungspflichtig zu machen, die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung von Zuwendungen an Parteien auf 35.000 Euro herabzusetzen und eine Veröffentlichungspflicht einzuführen für Spenden und Mitgliedsbeiträge, die in der Summe 7.500 Euro pro Jahr überschreiten.

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    Die Koalitionsfraktionen ziehen Konsequenzen aus dem Verhalten von Alt-Kanzler und Lobbyist Gerhard Schröder (SPD) angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Das Büro des Bundeskanzler a.D. soll "ruhend gestellt" werden. Die dem Büro zugeordneten Stellen sollen nicht mehr nachbesetzt werden, die Stelleninhaber anderweitige Aufgaben wahrnehmen. Der Personenschutz durch das Bundeskriminalamt soll davon nicht betroffen sein.

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    Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht vermittelt nach Auffassung der Bundesregierung keinen Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/31892) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/31564) hervor. Danach besteht eine Verpflichtung der Bundesregierung zur Beantwortung parlamentarischer Fragen "grundsätzlich nur dann, wenn durch die begehrte Auskunft ein Informationsvorsprung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament ausgeglichen werden soll, damit der Deutsche Bundestag und seine Abgeordneten in die Lage versetzt werden, über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Sachinformationen zu verfügen". In diesem Sinne könne das parlamentarische Frage- und Informationsrecht zwar als Grundlage nachfolgender Bewertungen und darauf aufbauender politischer Auseinandersetzungen fungieren, heißt es in der Antwort weiter. Es diene aber nicht dazu, eine in Bundestagsdrucksachen zu veröffentlichende nachvollziehbare juristische Debatte zwischen Parlament und Regierung zu erzwingen.

  • Expertenstreit: Transparenzregeln für Abgeordnete

    Das Vorhaben der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, durch Änderung des Abgeordnetengesetzes, die Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages zu verbessern (19/28784), wird von Sachverständigen grundsätzlich unterstützt. Gleichwohl stoßen Teile der Neuregelung bei einigen Expertinnen und Experten auf verfassungsrechtliche Bedenken, wie aus den vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen zu einer Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hervorgeht. Künftig sollen anzeigepflichtige Einkünfte der Abgeordneten aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen dem Gesetzentwurf zufolge betragsgenau auf Euro und Cent veröffentlicht werden. Dabei sollen Einkünfte anzeigepflichtig sein, wenn sie im Monat 1.000 Euro oder bei ganzjährigen Tätigkeiten im Kalenderjahr in der Summe den Betrag von 3.000 Euro übersteigen. Ferner sollen laut Vorlage Beteiligungen der Parlamentarier sowohl an Kapitalgesellschaften als auch an Personengesellschaften bereits ab fünf Prozent statt wie bislang ab 25 Prozent der Gesellschaftsanteile angezeigt und veröffentlicht werden, dabei erstmals auch indirekte Beteiligungen. Auch Einkünfte aus anzeigepflichtigen Unternehmensbeteiligungen wie etwa Dividenden oder Gewinnausschüttungen sollen anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden - ebenso die Einräumung von Optionen auf Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für eine Tätigkeit gewährt werden.

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