Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
Rechte der Verbraucher nicht ausreichend geschützt: EU-Kommission klagt vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Schweden
Unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG: Schweden hat jedoch bisher weder Änderungsentwürfe noch einen vertretbaren zeitlichen Rahmen für deren Verabschiedung vorgelegt
(07.02.11) - Die Europäische Kommission beschloss, Schweden vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der unzureichenden Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher in schwedisches Recht zu verklagen. Die Kommission ist der Auffassung, dass Schweden es versäumt hat, die Richtlinie so umzusetzen, dass die Rechte der Verbraucher ausreichend geschützt werden.
Die Problematik: Schweden hat weder konkrete Entwürfe für Änderungen seiner innerstaatlichen Gesetze übermittelt, noch einen zeitlichen Rahmen für deren Verabschiedung zur Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher mitgeteilt.
Nach der Richtlinie haben die Verbraucher unter anderem das Recht, von einem Vertrag mit einem Dienstleistungserbringer binnen 14 Kalendertagen nach Vertragsabschluss zurückzutreten.
Nach schwedischem Recht müssen Verbraucher, die ihr Recht auf Rücktritt von einem Dienstleistungsvertrag geltend machen wollen, dem Dienstleistungserbringer offenbar unter Umständen eine Entschädigung für die damit verbundenen Kosten zahlen, beispielsweise für die Prüfung der Kreditwürdigkeit vor der Gewährung eines Darlehens. Dies ist mit der Richtlinie unvereinbar, der zufolge von Verbrauchern nur dann eine Entschädigung für eine Dienstleistung verlangt werden darf, wenn sie ihnen direkt erbracht wurde.
Am 8. Oktober 2009 leitete die Kommission wegen der Entschädigungsfrage gegen Schweden ein Vertragsverletzungsverfahren ein (IP/09/1450). Als Antwort darauf argumentierte Schweden, die zusätzlichen Kosten, die den Verbrauchern auferlegt werden könnten, seien integraler Bestandteil der erbrachten Dienstleistungen. Am 4. Juni 2009 übersandte die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ihre Auffassung bekräftigte, der zufolge Schweden gegen die Richtlinie verstößt (IP/10/688). In seiner Antwort teilte Schweden seine Absicht mit, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu ändern, um der Richtlinie nachzukommen.
Schweden hat jedoch bisher weder Änderungsentwürfe noch einen vertretbaren zeitlichen Rahmen für deren Verabschiedung vorgelegt.
Deshalb beschloss die Kommission heute, Schweden vor dem Gerichtshof zu verklagen, um die ordnungsgemäße Umsetzung des EU-Rechts sicherzustellen.
Hintergrund: Im Gegensatz zu Waren bestehen Finanzdienstleistungen, die über das Internet, telefonisch oder per Fax verkauft werden, aus Verträgen zwischen einem Verbraucher und einer Bank, einem Kreditkartenunternehmen, einem Investmentfonds, einer Versicherung oder anderen Finanzdienstleistern.
Um das Verbrauchervertrauen in den Fernabsatz zu stärken – insbesondere wenn es um grenzübergreifende Internettransaktionen geht - hat die EU im Jahre 2002 eine Richtlinie erlassen, in der die folgenden Grundrechte der Verbraucher festgelegt sind:
>> die Verpflichtung, Verbraucher vor Vertragsabschluss umfassend zu informieren;
>> das Recht der Verbraucher, während einer Bedenkzeit vom Vertrag zurückzutreten;
>> das Verbot unlauterer Marketingpraktiken, mit denen der Verbraucher dazu veranlasst werden soll, etwas zu erwerben, das er nicht verlangt hat ("unbestellte Waren oder Dienstleistungen")
>> die Beschränkung sonstiger Praktiken, wie unerbetene Anrufe oder E-Mails ("Cold Calling" und "Spamming").
(Europäische Kommission: ra)
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