Als "Eventualverbindlichkeiten" auszuweisen
EU-Prüfer veröffentlichen Bericht über Eventualverbindlichkeiten des Einheitlichen Abwicklungsausschusses, der Kommission und des Rates
Fällt eine Bank im Euro-Währungsgebiet aus, so soll mit dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus sichergestellt werden, dass die Abwicklung der Bank ohne negative Auswirkungen für die Wirtschaft oder den Steuerzahler erfolgt
Der Einheitliche Abwicklungsausschuss ("Ausschuss") und die Europäische Kommission sollten ihre finanziellen Risiken aufgrund von Eventualverbindlichkeiten, die sich aus Gerichtsverfahren infolge von Bankenabwicklungen ergeben, und die diesbezügliche Rechnungslegung für die Zeit ab 2018 überprüfen. Zu dieser Einschätzung gelangt der Europäische Rechnungshof in einem neuen Bericht. Die Prüfer untersuchten die möglichen Verpflichtungen des Ausschusses, der Europäischen Kommission und des Rates, die sich aufgrund von anhängigen Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Abwicklung ausfallender oder wahrscheinlich ausfallender Banken im Euro-Währungsgebiet ergeben. Sie fordern ein verbessertes Management der finanziellen Risiken, die aus diesen Rechtsstreitigkeiten resultieren, da die Zahl der Gerichtsverfahren noch weiter zunehmen könnte.
Fällt eine Bank im Euro-Währungsgebiet aus, so soll mit dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus sichergestellt werden, dass die Abwicklung der Bank ohne negative Auswirkungen für die Wirtschaft oder den Steuerzahler erfolgt. Im Rahmen dieses Mechanismus ist der Ausschuss die Abwicklungsbehörde für alle bedeutenden Banken im Euro-Währungsgebiet und die weniger bedeutenden grenzüberschreitend tätigen Bankengruppen.
Im Juni 2017 traf der Ausschuss seinen ersten Abwicklungsbeschluss in Bezug auf die Banco Popular. Bis Mai 2018 wurden vor dem Gericht der Europäischen Union 103 Rechtsstreitigkeiten – darunter auch 30 Rechtssachen gegen die Kommission und eine gegen den Rat — gegen diesen Beschluss angestrengt. Aus buchhalterischer Sicht sind mögliche künftige Zahlungen, die infolge dieser Rechtssachen fällig werden können, als "Eventualverbindlichkeiten" auszuweisen, es sei denn ihr Eintreten gilt als gänzlich unwahrscheinlich.
Die Prüfer befinden zwar, dass der Ausschuss Art und Zeitrahmen der anhängigen Rechtsstreitigkeiten korrekt ausgewiesen hat, stellen aber fest, dass er außerstande war, ihre möglichen Folgen vorherzusehen, da der Ausgang dieser Streitsachen in diesem Stadium wegen des komplexen, spezifischen und völlig neuartigen Rechtssystems, das durch den neuen Rechtsrahmen für die Abwicklung geschaffen wurde, schwer absehbar ist. Sie weisen auch darauf hin, dass es im Laufe der nächsten Jahre möglicherweise zu weiteren Rechtsstreitigkeiten kommen kann.
"Angemessene Kenntnisse der finanziellen Risiken, denen der Ausschuss ausgesetzt ist, sind von grundlegender Bedeutung, um die Risiken eindämmen zu können und die Rechenschaftspflicht sicherzustellen", so Ildikó Gáll-Pelcz, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.
Die Prüfer untersuchten außerdem die Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit den im Voraus erhobenen Beiträgen der Banken des Euro-Währungsgebiets zum Einheitlichen Abwicklungsfonds. Sie weisen auf die hohe Anzahl an Beschwerden und Gerichtsverfahren gegen im Voraus erhobene Beiträge hin, die vor nationalen Gerichten anhängig sind. Der Ausschuss wies in seiner Jahresrechnung 2017 Eventualverbindlichkeiten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro für im Voraus erhobene Beiträge aus, die wegen neuer Forderungen für 2018 um weitere 558 Millionen Euro ansteigen könnten. Die Prüfer warnen, dass der Ausschuss auf der Grundlage der Rechtsvorschriften in einigen Fällen eventuell nationale Abwicklungsbehörden für auf nationaler Ebene verlorene Rechtsstreitigkeiten entschädigen muss.
Die Kommission beschloss, keine Eventualverbindlichkeiten auszuweisen, da ihrer Auffassung nach sämtliche Schadenersatzforderungen verfrüht sind und die Möglichkeit einer künftigen Zahlung gänzlich unwahrscheinlich ist. Die gegen den Rat angestrengte Klage wurde als unzulässig abgewiesen.
Die Prüfer empfehlen die folgenden Maßnahmen:
>> Der Ausschuss sollte seine Rechnungsführungsleitlinien fertigstellen und verabschieden und diese vollumfänglich bei Aufstellung seiner Jahresrechnung 2018 anwenden, wozu auch die Bildung von Rückstellungen für Gerichtskosten oder ihre Ausweisung gehört.
>> Der Ausschuss und die Kommission sollten auf der Grundlage der verfügbaren Daten wie quantifizierbare Forderungen, Gerichtsurteile und historische Daten die Lage im Hinblick auf ihre Rechnungslegung 2018 im Einklang mit den einschlägigen Rechnungsführungsvorschriften gründlich neu bewerten.
>> Der Ausschuss sollte angemessene Verfahren und Kontrollen festlegen, um zu gewährleisten, dass alle von den nationalen Abwicklungsbehörden erhaltenen Informationen korrekt, vollständig und auf dem neuesten Stand sind, sowie für einen angemessenen Prüfpfad sorgen.
Der Ausschuss und der Einheitliche Abwicklungsfonds werden zur Gänze vom Bankensektor finanziert. An dem Verfahren, das den Beschlüssen zur Abwicklung eines Unternehmens vorausgeht, sind die EZB, der Ausschuss, die Kommission und unter Umständen der Rat beteiligt. Gegenstand der Prüfung waren die Eventualverbindlichkeiten des Ausschusses, der Kommission und des Rates, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach der für den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus maßgeblichen Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 806/2014) für das Haushaltsjahr 2017 entstehen.
(Europäischer Rechnungshof: ra)
eingetragen: 28.12.18
Newsletterlauf: 31.01.19
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