SOLVIT & EU-Pilot: keine schnellen Ergebnisse
Dienstleistungsrichtlinie: "Die Europäische Kommission muss entschiedener vorgehen", so die EU-Prüfer
Die Dienstleistungsrichtlinie bezieht sich auf Tätigkeiten, die rund 46 Prozent des BIP der EU ausmachen, und hätte die Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen beseitigen sollen
(18.04.16) - In einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs heißt es, die Europäische Kommission solle entschiedener vorgehen, um Unternehmen und Verbraucher in der EU zu unterstützen, da Dienstleistungen grenzüberschreitend immer noch nicht so reibungslos empfangen bzw. erbracht werden können, wie dies der Fall sein sollte. Auch wenn der Binnenmarkt für Waren gut entwickelt ist, besteht allgemeines Einvernehmen darüber, dass das volle Potenzial des Dienstleistungsmarkts noch nicht ausgeschöpft ist. Die Dienstleistungsrichtlinie hätte die Transparenz erhöhen und es Unternehmen und Verbrauchern erleichtern sollen, Dienstleistungen zu erbringen und zu empfangen. Demgegenüber bestehen einige Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie weiterhin Hindernisse.
Die Dienstleistungsrichtlinie bezieht sich auf Tätigkeiten, die rund 46 Prozent des BIP der EU ausmachen, und hätte die Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen beseitigen sollen. Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie war 2009, doch räumt ein Bericht der Kommission aus dem Jahr 2013 ein, dass Europa hinter seinem Ziel einer vollständigen Liberalisierung des Handels in diesem Bereich immer noch zurückbleibt. "Die Europäische Kommission kümmert sich nicht in dem Maße um die Interessen der Verbraucher und Dienstleistungserbringer in Europa, wie sie es eigentlich tun sollte", so Neven Mates, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Die Kommission hat nur zögerlich rechtliche Schritte eingeleitet, was zum Teil auf die lange Verfahrensdauer und zum Teil auf das mangelnde Vertrauen in die Rechtsvorschriften zurückzuführen ist."
Prüfbesuche fanden in sieben Mitgliedstaaten statt: Portugal, Niederlande, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Österreich, Deutschland und Slowakei. Die Prüfer gelangten zu folgenden Feststellungen:
• >> Die Kommission hatte die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht unterstützt und überwacht, doch hatten die meisten Mitgliedstaaten sie trotz der Dreijahresfrist nicht rechtzeitig umgesetzt.
• >> Die gegenseitigen Evaluierungen und anschließenden Kohärenztests hatten gezeigt, dass weiterhin eine bedeutende Zahl an Hindernissen bestand. Dies führte zu weiteren Legislativvorschlägen, doch hätte die Kommission die Ergebnisse besser nutzen können.
• >> Länderspezifische Empfehlungen hatten nur begrenzt Erfolg.
• >> Die Kommission und die Mitgliedstaaten hatten nicht damit begonnen, Statistiken über den Handel mit Dienstleistungen zu erstellen, auf welche die Richtlinie Anwendung findet.
• >> Die Einrichtung der Einheitlichen Ansprechpartner hatte sich verzögert, und ihre Qualität schwankt sehr deutlich unter den verschiedenen Mitgliedstaaten. Informationen waren nach wie vor schwer erhältlich, und am geringen Bekanntheitsgrad hatte sich nichts geändert.
• >> Maßnahmen wie SOLVIT und EU-Pilot erzielten nicht die schnellen Ergebnisse, die sowohl vonseiten der Unternehmen als auch der Dienstleistungsempfänger erforderlich waren.
• >> Die mangelnde Transparenz der zur Lösung von Fragen im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie eingeleiteten EU-Pilot-Verfahren war der Herausbildung einer gemeinsamen Rechtspraxis und einer diesbezüglichen öffentlichen Sensibilisierung abträglich. Dies gilt auch für die Vorgehensweise, nach Abschluss von Vertragsverletzungsverfahren keine mit Gründen versehenen Stellungnahmen zu veröffentlichen.
• >> Die Kommission hatte Vertragsverletzungsverfahren nur in geringem Umfang in Anspruch genommen und lediglich einen einzigen Fall an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Aus von der Kommission bereitgestellten Daten geht hervor, dass sich die durchschnittliche Dauer von Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Richtlinie auf 19,6 Monate belief.
In einem Fall, so die Prüfer, benötigte die Kommission nach der Bestimmung des Problems 16 Monate, um das Verwaltungsschreiben dem Mitgliedstaat zu übermitteln, und weitere sechs Monate, um einen EU-Pilot-Fall auf den Weg zu bringen. Im Falle eines anderen Mitgliedstaats benötigte die Kommission nach dem Eingang einer Beschwerde bis zur Einleitung eines EU-Pilot-Verfahrens fast 20 Monate.
Empfehlungen
Nach Auffassung der Prüfer sollte die Kommission die Durchsetzung der Dienstleistungsrichtlinie entschiedener angehen, indem sie die Ergebnisse aus Überprüfungen wie gegenseitigen Evaluierungen und Kohärenztests nachverfolgt, um in Fällen der Nichteinhaltung der Richtlinie Abhilfe zu schaffen, und indem sie zusammen mit den Mitgliedstaaten die Probleme mit der größten Bedeutung für die Wirtschaft angeht. Die Ergebnisse der EU-Pilot-Verfahren im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie sollten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Kommission sollte EU-Pilot-Verfahren möglichst bald, nachdem ein Problem festgestellt wurde, einleiten, wobei Informationen zur Bewältigung von Problemen ausgetauscht werden sollten. Außerdem gilt es, die Dauer von Vertragsverletzungsverfahren zu verkürzen und wichtige Fragen an den Gerichtshof zu verweisen.
Darüber hinaus sollte die Kommission parallel zum Legislativverfahren Leitlinien zur Umsetzung erstellen und sicherstellen, dass die Frage der für eine Folgenabschätzung erforderlichen Daten in einem frühzeitigen Stadium des Legislativverfahrens angegangen wird. (Europäischer Rechnungshof: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>