Unterstützung von Arbeitsausbeutung verhindern
Schwere Formen der Arbeitsausbeutung: FRA-Studie fordert Null-Toleranz
Ausbeutung von Arbeitskräften, die durch ihre wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gezwungen sind, sich auf unwürdige Arbeitsbedingungen einzulassen, ist nicht akzeptabel
(22.06.15) - Oft sind Verbraucher sich nicht bewusst, dass ihre Nahrung oder ihre Kleidung von Menschen hergestellt wird, deren Arbeitskraft in schwerer Weise ausgebeutet wird. Wie ein neuer Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zeigt, verfügt die EU zwar über Rechtsvorschriften, die bestimmte schwere Formen der Ausbeutung von Arbeitskräften verbieten. Dennoch laufen Arbeiter, die innerhalb der EU umziehen oder in die EU einwandern, Gefahr, ausgebeutet zu werden.
Ungeachtet dessen gilt für den Straftatbestand, eine Arbeitskraft unter besonders ausbeuterischen Bedingungen zu beschäftigen, in einigen EU-Mitgliedstaaten eine Höchststrafe von weniger als zwei Jahren, was einer so gravierenden Verletzung der Grundrechte nicht gerecht wird.
"Die Ausbeutung von Arbeitskräften, die durch ihre wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gezwungen sind, sich auf unwürdige Arbeitsbedingungen einzulassen, ist nicht akzeptabel", erklärte der Interimsdirektor der FRA, Constantinos Manolopoulos. "Wir sprechen hier von einem endemischen Problem, bei dem wir dringend tätig werden müssen, um Abhilfe zu schaffen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sich stärker für ein Klima der Null-Toleranz gegenüber schweren Formen der Ausbeutung von Arbeitskräften einsetzen. Sie müssen Schritte einleiten, um die Lage wirksamer zu überwachen und Sanktionen gegen Täter zu verhängen."
Der neue Bericht der FRA untersucht als erster seiner Art umfassend alle kriminellen Formen der Ausbeutung von Arbeitskräften in der EU. Es geht hier um Menschen, die innerhalb der EU umziehen oder in die EU einwandern. Wie die Ergebnisse zeigen, ist die kriminelle Ausbeutung von Arbeitskräften in einer Reihe von Wirtschaftszweigen weit verbreitet, vor allem in der Landwirtschaft, im Bauwesen, in der Hotellerie und Gastronomie, in der Hausarbeit und dem verarbeitenden Gewerbe. Die Täterinnen und Täter laufen jedoch nur ein geringes Risiko, strafrechtlich verfolgt zu werden oder ihre Opfer entschädigen zu müssen. Diese Situation schädigt nicht nur die Opfer selbst, sondern unterminiert auch die Arbeitsnormen im Allgemeinen.
Auch wenn die Ausbeutung von Arbeitskräften an verschiedenen Orten und in verschiedenen Wirtschaftszweigen vorhanden ist, so haben diese Arbeiterinnen und Arbeiter oft vieles gemeinsam, wie etwa sehr geringe Löhne – manchmal 1 Euro pro Stunde oder weniger – und Arbeitszeiten von zwöf Stunden oder mehr an sechs oder gar sieben Tagen in der Woche. Ein wesentlicher Faktor, der zur derzeitigen Situation weit verbreiteter Straflosigkeit beiträgt, sind fehlende Anzeigen der Betroffenen: sie werden entweder an einer Anzeige gehindert oder wollen keine Anzeigen erstatten, weil sie Angst haben, ihre Arbeit zu verlieren.
Um die Lage zu verbessern, macht die FRA in ihrem Bericht u. a. folgende Vorschläge:
>> Die EU-Mitgliedstaaten müssen für ein umfassendes, wirksames und ein hinreichend ausgestattetes System von Arbeitsplatzkontrollen sorgen.
>> Um Untersuchungen in Fällen von schwerer Arbeitsausbeutung wirksamer zu machen, sollten auch in grenzüberschreitenden Bereichen enge Kontakte zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Aufsichtsbehörden wie der Gewerbeaufsicht sowie Unterstützungsdiensten und Arbeitgeberverbänden hergestellt werden.
>> Den Betroffenen muss ein besserer Zugang zum Recht gewährt werden, z. B. durch verstärkte Bemühungen, ausgebeutete Arbeitskräfte auf ihre Rechte aufmerksam zu machen, und zwar vor und nach ihrer Ankunft in dem EU-Land, in dem sie arbeiten.
>> Die nationalen Behörden müssen Vertrauen schaffen und ein Gefühl von Sicherheit und Schutz vermitteln, um ausgebeutete Arbeiterinnen und Arbeiter zu ermutigen, ihre Erfahrungen zu berichten. Gewerbeaufsicht und Polizei sollten enger zusammen arbeiten, damit sie Fälle von schwerer Arbeitsausbeutung immer dort aufdecken, wo sie sich ereignen.
>> Private Unternehmen wie nationale Behörden sind aufgerufen, jegliche Unterstützung von Arbeitsausbeutung zu verhindern, indem sie keine Auftrag- oder Unterauftragnehmer einsetzen, die Arbeitskräfte ausbeuten.
>> Verbraucher müssen darüber aufgeklärt werden, dass eine angebotene Ware oder Dienstleistung möglicherweise unter schwerer Ausbeutung von Arbeitskräften hergestellt wurde bzw. erbracht wird. In einem Zertifizierungssystem sollten Produkte von Unternehmen, die die Rechte ihrer Arbeiter achten, ausgezeichnet werden.
(FRA - Agentur der Europäischen Union für Grundrechte: ra)
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