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Schweiz: Ermittlung von Filesharer-Daten verboten


IP-Adressen von potentiellen urheberrechtsverletzenden P2P-Nutzern zu eruieren und an Rechteinhaber weiterzugeben ist mit dem schweizerischen Datenschutzrecht nicht vereinbar
Persönlichkeitsschutz vor Urheberrecht: Schweizerisches Bundesgericht beanstandet Datenermittlung eines Unternehmens im Bereich Computer Forensik


(16.09.10) - Das Schweizerische Bundesgericht stellte die Unzulässigkeit der Datenerhebung in Filesharing-Fällen durch die Logistep AG in der Schweiz fest. Nach öffentlicher Urteilsberatung hat das Bundesgericht knapp mit drei zu zwei Stimmen zugunsten des eidgenössischen Datenschützers entschieden, der das Verfahren gegen ein Computer Forensik-Unternehmen in zweiter Instanz führte und jetzt Erfolg hatte.

IP-Adressen gelten nach schweizerischem Datenschutzrecht somit als Personendaten. IP-Adressen von urheberrechtsverletzenden P2P-Nutzern zu eruieren und an Rechteinhaber weiterzugeben ist mit dem schweizerischen Datenschutzrecht nicht vereinbar. Das Computer Forensik-Unternehmen wurde demgemäß angewiesen, eine derartige Tätigkeit in der Schweiz einzustellen.

Entscheidendes Argument war dabei, dass die Interessen der Internetnutzer auf Schutz ihrer Persönlichkeit gegenüber den Interessen der Urheberechtsinhaber auf straf- und zivilrechtliche Verfolgung überwiegen. Die schweizerischen Bundesrichter stellten klar, dass es für die Tätigkeit einer privaten Ermittlungsfirma einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe, die in der Schweiz fehle. Allein deshalb wurde die Untersagung ausgesprochen.

Ermittlungen von Raubkopierern in P2P-Netzen zum Schutz von Urheberrechten sind in der Schweiz damit ohne eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage unzulässig.

Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte sagte:
"Für Deutschland ist das Urteil ohne Belang. Bis heute hat es hierzulande keine ernst zu nehmende Entscheidung gegeben, die solche technischen Ermittlungen datenschutzrechtlich für unzulässig gehalten hätte. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Gesetzesnovellierung im Jahre 2008 mit § 101 Abs. 9 Urheberrechtsgesetz ein gerichtliches Verfahren geschaffen, das durchlaufen werden muss, bevor der Provider dem Rechteinhaber Auskunft erteilen darf. Mit diesem Verfahren werden auch die Rechte von Anschlussinhabern geschützt. Die Verlässlichkeit der Datenerhebung wird dort geprüft und letztlich haben Gerichte zu entscheiden, ob ein Erhebungsverfahren datenschutzrechtlich beanstandungswürdig ist. Die maßgeblichen Land- und Oberlandesgerichte haben dies bislang nie beanstandet."

Nichts anderes gelte für die Verfahren, in denen Anschlussinhaber wegen Schutzrechtsverletzungen direkt in Anspruch genommen worden sind.

"Es gibt kein relevantes Urteil in Deutschland, das einen Rechteinhaber abgewiesen hätte, weil die Datenerhebung datenschutzrechtlich unzulässig gewesen wäre – wenngleich das Argument auch in Deutschland immer wieder gern ins Feld geführt wird", so der Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, "insoweit ist es ein Trugschluss, zu glauben, dass mit dem Märchen der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit die Verteidigung von Schutzrechtsverletzungen Erfolg versprechend wäre."

Dies zeige sich auch an dem jüngst ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs (I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens) , in dem die höchsten deutschen Richter von Rechts wegen auch die Art und Weise der Datenerhebung und die Frage zu prüfen hatten, ob dies zu Beweisverwertungsverboten führt.

Der Bundesgerichtshof habe - anders offenbar als die Schweizer Richter - in der dynamischen IP-Adresse ein Bestandsdatum erblickt, das verwendet werden dürfe. Selbst die Ermittlung der in Filesharing-Börsen übertragenen und auch in jenem Verfahren durch das Computer Forensik-Unternehmen identifizierten Inhalte würden dem datenschutzrechtlich nicht entgegenstehen. Sie seien vielmehr – dem Prinzip der Filesharingnetzwerke folgend - öffentlich zugänglich.

Rechtsanwalt Nikolai Klute stellte fest: "Die Schweiz setzt Sonderwege fort, die schon im Steuerrecht weltweit auf Missfallen gestoßen sind. Der nun durch das schweizerische Bundesgericht geschaffene rechtsfreie Raum dürfte auch deswegen nicht in Marmor gemeißelt sein. Für das Geltungsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ist er ohnedies völlig bedeutungslos." (.rka Rechtsanwälte: ra)

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