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Jahresbericht 2017 des Bundeskartellamtes


Die Kartellverfolgung ist ein Kern der Arbeit des Bundeskartellamtes - Im laufenden Jahr 2018 wurden erneut zahlreiche Kartellverfahren abgeschlossen und neue Verfahren eingeleitet
In den zurückliegenden Jahren schwebte über fast jedem der Verfahren das Damoklesschwert, dass sich die Kartellanten durch einfache Umstrukturierung ihres Unternehmens dem Bußgeld entziehen könnten




Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt hat den "Jahresbericht 2017" des Amtes vorgestellt. Andreas Mundt sagte: "Unser Hauptaugenmerk gilt dem Schutz des Wettbewerbs in der Digitalwirtschaft. Wir verfolgen gegenüber den großen Internetunternehmen im Kern zwei wichtige Ziele. Es ist unsere Aufgabe, Märkte offen zu halten, damit sie bestreitbar bleiben und Unternehmen auch künftig die Chance haben, mit neuen Ideen erfolgreich zu sein. Zum Zweiten müssen wir dafür Sorge tragen, dass Verbraucher in einem transparenten und fairen Umfeld die für sie passenden Dienste und Produkte auswählen können."

Internetwirtschaft
Mit der zunehmenden Bedeutung der großen Internetplattformen gehen neue und veränderte kartellrechtliche und ökonomische Fragestellungen einher. Das Bundeskartellamt hat sehr frühzeitig darauf reagiert und diesem Thema verstärkt Ressourcen gewidmet. In den zurückliegenden Jahren wurden bereits zahlreiche "Internet-Fälle" abgeschlossen.

Andreas Mundt sagte: "Aktuell führen wir ein Verfahren gegen Facebook, sowie Sektoruntersuchungen zu Online-Werbung, Vergleichsportalen und Smart TVs. Wir sind mitten in einem Projekt zum Thema Algorithmen mit der französischen Wettbewerbsbehörde. Und wir werden das Thema E-Commerce noch gezielter aufgreifen. Das Amt deckt mit seinen Verfahren und Untersuchungen zentrale wettbewerbliche Themen aus der Digitalwirtschaft ab. Parallel hierzu ist die Europäische Kommission in maßgeblichen digitalen Bereichen aktiv, beispielsweise durch die Verfahren gegen Google. Damit erreichen wir insgesamt eine außerordentlich hohe Bandbreite an Aktivitäten. Die Wettbewerbsbehörden in Europa sind gemeinsam dabei, Pflöcke einzuschlagen, die der digitalen Wirtschaft Leitplanken einziehen werden."

Im Sommer 2017 hat der Gesetzgeber das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bereits um wichtige Regeln für die Digitalwirtschaft ergänzt. Anregungen des Koalitionsvertrages folgend, wird derzeit eine weitergehende Modernisierung des Kartellrechts, insbesondere der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen mit dem Ziel diskutiert, gerade auch Geschäftspraktiken der großen Internetkonzerne schneller und zielgerichteter durch die Wettbewerbsbehörden zu untersuchen.

Digitale Wirtschaft und Verbraucherschutz
Ebenfalls im Sommer 2017 hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt erste Kompetenzen für einen behördlichen Verbraucherschutz eingeräumt. Bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, wie beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder rechtliche Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen, kann das Bundeskartellamt Sektoruntersuchungen durchführen. Eine neu eingerichtete Abteilung hat seitdem Untersuchungen zur Transparenz und Fairness von Vergleichsportalen sowie zum Umgang mit den Nutzerdaten bei Smart-TVs eingeleitet.

Andreas Mundt erklärte: "Eine Stärkung des behördlichen Verbraucherschutzes vor allem im Internetbereich könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, Missstände in der digitalen Wirtschaft schneller abzustellen. Der Koalitionsvertrag nennt einen ganzen Strauß von Vorhaben im Bereich des Verbraucherschutzes in der Digitalwirtschaft: Transparenz in Bezug auf Algorithmen, künstliche Intelligenz, dynamische Preisbildung sowie Rankings und Verflechtungen bei Vergleichsportalen, um nur einige zu nennen. Zudem wird permanent gefordert, dass die Wettbewerbsbehörden bei ihren Verfahren schneller werden müssen. Wir könnten beides miteinander verbinden. Viele Probleme in der Internetwirtschaft könnten mit Befugnissen im Verbraucherschutz schneller angegangen und abgestellt werden. Die im Koalitionsvertrag identifizierten Themenfelder können teilweise mit dem Wettbewerbsrecht angegangen werden. Wesentlich schneller wären sie aber mit einem verbraucherschutzrechtlichen Instrumentarium bei Verstößen gegen das UWG, den Datenschutz oder Vorschriften zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzustellen."

Kartellverfolgung
2017 hat das Bundeskartellamt rund 66 Mio. Euro Bußgeld verhängt. Abgeschlossen wurden u.a. die Ermittlungen gegen Hersteller von Industriebatterien, Hafenschlepper und Automobilzulieferer. Die Behörde haben 37 sogenannte Bonusanträge und zahlreiche weitere Hinweise auf eventuelle Kartellverstöße erreicht. Elf Durchsuchungsaktionen bei insgesamt 60 Unternehmen wurden 2017 durchgeführt.

Andreas Mundt: "Die Kartellverfolgung ist ein Kern unserer Arbeit. In den zurückliegenden Jahren schwebte über fast jedem unserer Verfahren das Damoklesschwert, dass sich die Kartellanten durch einfache Umstrukturierung ihres Unternehmens dem Bußgeld entziehen könnten. Dies hat die Kartellverfolgung in den vergangenen Jahren beeinträchtigt. Diese Sorge ist mit der Schließung dieser Gesetzeslücke ("Wurstlücke") und der Angleichung des deutschen an das europäische Kartellrecht endlich gebannt."

Im laufenden Jahr 2018 wurden erneut zahlreiche Kartellverfahren abgeschlossen und neue Verfahren eingeleitet. Bis zum heutigen Tage hat das Bundeskartellamt sieben Durchsuchungsaktionen bei insgesamt 21 Unternehmen und vier Privatwohnungen durchgeführt. Es wurden in diesem Jahr bislang rund 273 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt 17 Unternehmen und 14 Privatpersonen verhängt, darunter erste Bußgelder im Verfahren gegen Edelstahlhersteller und im Verfahren gegen Gebäudeausrüster.

Markttransparenzstelle Kraftstoffe
Die beim Bundeskartellamt angesiedelte Markttransparenzstelle Kraftstoffe wurde 2013 eingerichtet. Verbraucher können bei inzwischen über 50 verschiedenen Informationsdiensten aktuelle Kraftstoffpreise der Tankstellen in Deutschland abfragen und gezielt beim jeweils günstigsten Anbieter in der Umgebung und zur günstigsten Tageszeit tanken.

Andreas Mundt: "Die kürzlich veröffentlichte Evaluierung der Markttransparenzstelle bescheinigt, dass das Instrument gut angenommen wurde und funktioniert. Derzeit haben wir es an den Tankstellen tendenziell mit steigenden Preisen zu tun. Die Verbraucher haben es mit in der Hand, den Wettbewerb zu stärken, indem sie mit Hilfe einer Tank-App zu einem günstigen Zeitpunkt zur jeweils günstigsten Tankstelle fahren. Die regelmäßigen Berichte des Amtes zeigen auf, zu welchen Stunden der Verbraucher mit günstigen Preisen rechnen kann. Je mehr diese Angebote genutzt werden, desto stärker wird der Druck auf die Anbieter." (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 28.08.18
Newsletterlauf: 15.10.18



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Überschneidung der Geschäftsfelder

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Wurth Pflanzenschutz GmbH (Wurth Pflanzenschutz) durch die ZG Raiffeisen eG (ZG Raiffeisen) freigegeben. Die Wurth Pflanzenschutz verkauft derzeit von ihrem Standort im badischen Appenweier aus Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Saatgut und Bedarfsartikel der Landwirtschaft (wie Pfähle, Netze, Folien, Vliese) - insbesondere an Landwirtinnen und Landwirte. Die ZG Raiffeisen ist ebenfalls auf diesen Geschäftsfeldern tätig.

  • Bundeskartellamt legt Jahresbericht 2024/25 vor

    Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat den "Jahresbericht 2024/25" der Behörde vorgestellt. Mundt sagte: "Wettbewerb bleibt der unverzichtbare Treiber unserer marktwirtschaftlichen Ordnung. Wachstum kann nur im offenen Wettbewerb entstehen, der Innovationen fördert und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft stärkt. Ob Digitalwirtschaft, Benzinpreise oder Lebensmittel - eine nachhaltige und positive Entwicklung gelingt nur, wenn Unternehmen fair und transparent um die besten Lösungen konkurrieren. Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von Vielfalt, Qualität und fairen Preisen - das ist die Grundlage für eine starke und gerechte Wirtschaft."

  • Expertenkreis KI und Wettbewerb

    Im Rahmen eines Expertenkreises diskutierte das Bundeskartellamt mit ausgewählten Stakeholdern über Fragen der Künstlichen Intelligenz (KI) mit Blick auf Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkungen. Auf Einladung des Amtes nahmen 14 Vertreterinnen und Vertreter von in Deutschland ansässigen Unternehmen und Verbänden teil. Die Unternehmen bilden zusammen wesentliche Teile der KI-Wertschöpfungskette ab und sind sowohl größeren, etablierten Unternehmen als auch kleineren Unternehmen und Start-ups zuzuordnen. Geleitet wurde die Veranstaltung von dem Präsidenten des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, sowie dem Vizepräsidenten Prof. Dr. Konrad Ost.

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

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