Kartellrechtswidrige Rabattvereinbarungen
216 Mio. Euro Geldbuße gegen Werbezeitenvermarkter von RTL und Pro7Sat.1
Der Fernsehwerbemarkt wurde für die kleineren, marktschwächeren Sender abgeschottet und der Marktzugang insgesamt erschwert
(04.12.07) - Das Bundeskartellamt hat heute Geldbußen in Höhe von insgesamt 216 Mio. Euro gegen die Werbezeitenvermarkter der beiden privaten Sendergruppen RTL und Pro7Sat.1 verhängt. Aufgrund kartellrechtswidriger Rabattvereinbarungen, die die Vermarkter - IP Deutschland GmbH für RTL und SevenOne Media GmbH für Pro7Sat.1 - mit Media-Agenturen bzw. werbetreibender Industrie im Rahmen von Verträgen über die Ausstrahlung von Fernsehwerbespots abgeschlossen haben, hat das Amt Bußgeldbescheide erlassen, die Geldbußen von 96 Mio. Euro (RTL) und 120 Mio. Euro (Pro7Sat.1) vorsehen.
Bei diesen Rabatten handelt es sich zum einen um sog. Anteils- bzw. Share-Rabatte. Dabei werden den Media-Agenturen erhebliche Rabatt- und sonstige Rückvergütungen gewährt, wenn diese bestimmte hohe Anteile ihres Werbebudgets bei der jeweiligen Sendergruppe platzieren. Die Media-Agenturen haben aufgrund dieser Rabatte einen starken wirtschaftlichen Anreiz, die entsprechenden Anteile ihres Budgets bei den beiden großen Vermarktern und nicht bei kleineren Sendern zu platzieren, zumal die Rabatte rückwirkend für das gesamte Budget - d.h. retroaktiv - und nicht nur für den Teil, der über den Rabattschwellen liegt, gewährt werden.
Durch diese Sogwirkung wird der Fernsehwerbemarkt für die kleineren, marktschwächeren Sender abgeschottet und der Marktzugang insgesamt erschwert. Zum anderen handelt es sich bei den kartellrechtswidrigen Rabatten auch um retroaktive Mengenrabatte mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb. Angesichts eines gemeinsamen Marktanteils von über 80% auf dem hier betroffenen Fernsehwerbemarkt verstößt das von RTL und Pro7Sat.1 praktizierte Rabattsystem gegen deutsches und europäisches Kartellrecht.
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Durchsuchung der beiden Werbezeitenvermarkter sowie einer Reihe von Media-Agenturen am 19. Juni 2007. Bei der Aktion konnte umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden, das die kartellrechtswidrigen Vereinbarungen belegt hat.
RTL und Pro7Sat.1 haben bereits Anfang Oktober 2007 angekündigt, die Geldbußen zu akzeptieren. Beide Sendergruppen haben mittlerweile neue Rabattsysteme eingeführt.
(Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
Kartellrecht und Kartellvergehen
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Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden
Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.
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Schwerpunkt im Rüstungsbereich
Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.
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Kartellrechtliches Instrument des § 32f Abs. 3 GWB
Das Bundeskartellamt macht im Bereich des Kraftstoffgroßhandels erstmals Gebrauch von dem 2023 in Kraft getretenen neuen Wettbewerbsinstrument (§ 32f Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB). Die Behörde hat ein Verfahren eingeleitet, um in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Kraftstoffgroßhandel eine erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs vorliegt. Sollte sich dies bestätigen, könnte das Bundeskartellamt zielgerichtete Maßnahmen erwägen, um diese Störungen abzustellen.
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Langfristiger Liefer- und Kooperationsvertrag
Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Harry-Brot GmbH freigegeben, die Großbäckerei Bergkirchen der Glockenbrot Bäckerei GmbH & Co. OHG zu übernehmen und mit der REWE-Gruppe zwei Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Der Brot- und Backwarenproduzent Glockenbrot ist bislang Teil der REWE-Gruppe.
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Bedeutende Wettbewerber in allen Bereichen
Das Bundeskartellamt hat den Einstieg der UniCredit S.p.A., Mailand (Italien), bei der Commerzbank AG, Frankfurt am Main, unter fusionsrechtlichen Gesichtspunkten freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Schon durch den angemeldeten Minderheitserwerb kommt es zu einer Stärkung der Marktposition der UniCredit im Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland. Wir haben uns deshalb die besonders betroffenen Finanzdienstleistungen intensiv angesehen. In allen Bereichen sind weitere bedeutende Wettbewerber tätig, weshalb das Vorhaben freizugeben war."