Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Kartellrecht und Mittelstand


Deutsche Sonderregelung für Mittelstandskartelle - Bundeskartellamt veröffentlicht neue Bagatellbekanntmachung und neues Merkblatt für kleine und mittlere Unternehmen
Zum Teil werden sehr weitgehende Kooperationen von Mittelständlern zulässig, die nach allgemeinem Kartellrecht unzulässig wären


Dr. Ulf Böge
Dr. Ulf Böge Bei der Einschätzung von kartellrechtlich zulässigen Kooperationen mehr Rechtssicherheit

(15.03.07) – Das Bundeskartellamt hat ein neues Merkblatt für kleine und mittlere Unternehmen veröffentlicht. Mit der neuen Bagatellbekanntmachung, die die bisherige Regelung aus dem Jahr 1980 ersetzt, erläutert das Bundeskartellamt, wann es die wettbewerbsbeschränkende Wirkung von Kooperationsabreden als gering einschätzt. Diese Fälle wird das Bundeskartellamt regelmäßig nicht aufgreifen und keine Verfahren einleiten.

Absprachen zwischen Wettbewerbern (horizontale Vereinbarungen) ohne so genannte Kernbeschränkungen (insbesondere Preis- oder Quotenabsprachen) fallen unter diese Regelung, wenn der gemeinsame Marktanteil unter 10 Prozent liegt, bei Vertikalvereinbarungen (Vereinbarungen von Unternehmen unterschiedlicher Marktstufe) liegt die Schwelle bei 15 Prozent. Diese Schwellenwerte entsprechen der Praxis der Europäischen Kommission und sind nicht auf kleine und mittlere Unternehmen beschränkt.

Kartellamtspräsident Dr. Ulf Böge erklärte die Gründe für diese Neuregelung: "Der Mittelstand hat als wesentlicher Jobmotor in Deutschland eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung. Seine Leistungsfähigkeit ist unbestritten, aber kleine und mittlere Unternehmen leiden oft unter strukturellen Wettbewerbsnachteilen. Damit sie auch gegenüber großen Unternehmen wettbewerbsfähig sind, gestattet das Kartellgesetz mittelständischen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen Kooperationen als Nachteilsausgleich. Solche Kooperationen müssen seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2005 nicht mehr bei den Kartellbehörden gemeldet werden. Vielmehr müssen die Unternehmen selbst einschätzen, ob eine Vereinbarung kartellrechtlich zulässig ist. Da kleine und mittlere Unternehmen oft keine eigene Rechtsabteilung haben, hat das Bundeskartellamt eine neue Bagatellbekanntmachung und ein neues Merkblatt veröffentlicht, um ihnen bei der Einschätzung von kartellrechtlich zulässigen Kooperationen mehr Rechtssicherheit zu geben."

Das Merkblatt für kleine und mittlere Unternehmen, das zuletzt 1999 veröffentlicht worden war, wurde im Hinblick auf die 7. GWB-Novelle neu gefasst. § 3 GWB enthält eine deutsche Sonderregelung für Mittelstandskartelle, wonach eine Vereinbarung dann von dem Kartellverbot ausgenommen werden kann, wenn sie eine Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge zum Gegenstand hat. Damit werden zum Teil sehr weitgehende Kooperationen von Mittelständlern zulässig, die nach allgemeinem Kartellrecht unzulässig wären. Diese Regelung findet allerdings nur dann Anwendung, wenn der Fall den zwischenstaatlichen Handel in der Europäischen Union nicht berührt.

Das Merkblatt gibt Hinweise zur Reichweite des Anwendungsbereichs des § 3 GWB, zur Einordnung eines Betriebes als KMU und erläutert an Beispielen zulässige und unzulässige Kooperationsformen. Weiterhin enthält das Merkblatt Hinweise zu sog. "Einkaufskartellen". Solche Kartelle dienen dem gemeinsamen Einkauf von Produkten und sind - unabhängig von der Größe der Unternehmen - in der Regel zulässig, wenn die beteiligten Unternehmen einen gemeinsamen Marktanteil auf den betroffenen Einkaufs- und Absatzmärkten von 15 Prozent nicht überschreiten. (Bundeskartellamt: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Beratungsbranche für Unternehmenskommunikation

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der Mehrheit der Anteile und den Erwerb der alleinigen Kontrolle am Beratungsunternehmen FGS Global durch die Investmentgesellschaft KKR freigegeben. Beide Unternehmen haben ihren Hauptsitz in New York City (USA) mit Tochtergesellschaften auch in Deutschland.

  • Schwermetall kann in Zukunft frei entscheiden

    Das Bundeskartellamt hat ein Verwaltungsverfahren gegen die Unternehmen Aurubis AG (Aurubis), Wieland Werke AG (Wieland) und Schwermetall Halbzeugwerk GmbH & Co. KG (Schwermetall) abgeschlossen. Aurubis und Wieland haben ihre bisherige Zusammenarbeit in ihrem Gemeinschaftsunternehmen Schwermetall angepasst.

  • Verbesserungen für innovative Mobilitätsdienste

    Die Deutsche Bahn AG (DB) hat mit Mobilitätsplattformen erste Verträge über den Zugang zu Prognosedaten des Schienenpersonenverkehrs zu den vom Bundeskartellamt vorgegebenen Bedingungen abgeschlossen.

  • Markt für DAP-Lösungen

    Das Bundeskartellamt hat den Erwerb von WalkMe, einem israelischen Anbieter einer sogenannten Digital Adoption Platform, durch SAP (Walldorf) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Digital Adoption Platform-Lösungen (DAP-Lösungen) ersetzen in Großunternehmen zunehmend die klassische Wissensvermittlung für die Nutzung von Software, die sonst über Schulungen erfolgt.

  • Impfstoffe, Gegenstand der Transaktion

    Das Bundeskartellamt hat den geplanten Erwerb von geistigem Eigentum und Patentrechten der CureVac SE durch die GSK plc (GlaxoSmithKline) hinsichtlich bestimmter Impfstoffentwicklungen im fusionskontrollrechtlichen Vorprüfverfahren freigegeben. GSK ist ein global tätiges Biopharma-Unternehmen mit einer breiten Angebotspalette im Bereich der Impfstoffe, der Medikamente für die Allgemeinmedizin und der Medikamente für spezialisierte Bereiche.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen